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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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sich bereits an der gegenüberliegenden Wand aufgereiht und auf die Knie niedergelassen hatten. Rapp trat in die Mitte des Raumes, diesmal von Anfang an wachsam. Er hatte keine Ahnung, was für ein Problem die Frau hatte, ob sie etwas gegen ihn persönlich oder gegen Männer im Allgemeinen hatte oder ob sie mit der ganzen Welt auf Kriegsfuß stand. Im Moment war ihm das aber ziemlich egal. Bei Karate ging es nicht zuletzt um Disziplin und Respekt, und was Rivera brauchte, war eine Lektion. Die einzige Frage für Rapp war, wie ausgiebig die Lektion ausfallen sollte. Es war ihm scheißegal, wie viele schwarze Gürtel sie gesammelt hatte – er wusste, dass sie keine Chance hatte. Wenn man sich gegen einen der Gracie-Boys eine Minute lang behaupten konnte, dann gab es keine Frau auf dem Planeten, die es mit einem aufnehmen konnte.
    Rapp machte die zeremonielle Verbeugung, und Rivera folgte seinem Beispiel, wenn auch mit einem Lächeln auf den Lippen. Sie hatte keine Ahnung, worauf sie sich einließ. Rapp trat zwei Schritte zurück und ging in eine lockere Ausgangsposition, als sie auch schon auf ihn zugestürmt kam. Rivera ließ eine Serie von Schlägen und Tritten vom Stapel – das Problem dabei war nur, dass sie ihr Ziel jedes Mal verfehlte.
    Rapp hatte die Hände am Rücken verschränkt und reagierte auf jedes ihrer Manöver, indem er entweder nach links oder nach rechts zurücktrat und ihren Händen und Füßen auswich. Rivera jagte ihn im Kreis um die Matte und brachte eine Kombination nach der anderen an, die sie jedes Mal mit einem lauten Kiai, einem Kampfschrei, begleitete.
    Nach dem letzten Manöver, ihrem besten, hielt sie inne. Es war ein Spinning-Back-Kick, mit dem sie schon zahllose Gegner auf die Matte befördert hatte. Sie hatte schon vermutet, dass Rapp gut war, aber sie gewann regelmäßig gegen Männer. Es gab im ganzen Secret Service keinen Einzigen mehr, der es noch mit ihr aufnahm. Nach den ersten vier Manövern war der Gegner meist schon so verwirrt und aus dem Konzept gebracht, dass er ihrem Spinning-Back-Kick nichts mehr entgegenzusetzen hatte. Ein freundschaftlicher Klaps gegen das Kinn, und es war vorbei, noch ehe es so richtig begonnen hatte. Rapp stand jedoch immer noch auf seinen Beinen und hatte die Hände auf dem Rücken. Rivera konnte es nicht glauben. Er verhöhnte sie. Sie hielt erst einmal inne, um wieder zu Atem zu kommen und die Situation neu einzuschätzen, ehe sie mit noch größerem Eifer angriff.
    Rapp wich diesmal in der anderen Richtung zurück, nachdem ihm aufgefallen war, dass sie so wie die meisten Kämpfer ihre Attacken von rechts nach links ausführte, damit sie ihre starke Seite, offensichtlich die rechte, mit mehr Schwung einsetzen konnte. Sie griff nun noch vehementer an, was sie jedoch anfälliger für einen Konter machte. Nur um Zentimeter verfehlte sie Rapp mit einem aufwärts gerichteten Ellbogenstoß, öffnete dabei ihre Deckung jedoch so weit, dass Rapp der Versuchung nicht widerstehen konnte, einen Gegenschlag zu landen. Er hatte sich bereits geduckt, um ihrem Angriff auszuweichen, also setzte er die Bewegung nach unten fort und drehte sich gleichzeitig, bis er ihr den Rücken zugekehrt hatte. Sein linker Fuß schoss so schnell hervor, dass ihn Rivera überhaupt nicht kommen sah. Mit der Ferse traf er sie mitten im Solarplexus – mit etwa der halben Wucht, die er hätte einsetzen können.
    Rapp wich nach dem Manöver wieder zurück, anstatt den Angriff fortzusetzen. Rivera zog die Unterarme nach unten und die Ellbogen nach innen, um sich zu schützen. Sie hielt kurz inne, wütend, dass er sie überlistet hatte, und verbiss sich die Schmerzen. »Ist das alles, was du in einen Tritt legen kannst?«, stieß sie hervor.
    Rapp schüttelte den Kopf. »Nicht annähernd.«
    Er wusste nicht, ob er sie bewundern oder ins Krankenhaus befördern sollte. Nach einem Moment des Zögerns beschloss er, seinen Stil zu ändern und ihr noch etwas mehr Kopfzerbrechen zu bereiten. Er machte einen halben Schritt seitwärts nach vorn und hob Arme und Fäuste wie ein Boxer, nur noch höher. Sein ganzer Körper wippte nach links, dann nach rechts, und plötzlich sprang er vor und landete auf dem rechten Fuß. Seine Hände waren vor dem Gesicht, als er sie nach ihr ausstreckte. Das Manöver kam so schnell, dass ihr nichts anderes übrig blieb, als in der Defensive zu bleiben. Rapps Hände schossen auf ihre Schultern herab, während er sein linkes Knie hochriss. Er lehnte sich leicht

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