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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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ernst – ich werde Ihnen das bezahlen. Sie brauchen mich nicht zu ignorieren.«
    »Sind Sie immer so streitlustig – oder hat das alles mit der Arbeit zu tun?«
    »Ich glaube, ich war ein ziemlich positiver Mensch«, antwortete sie nachdenklich. »Ich war sehr zufrieden mit meinem Job und mit meinem Leben, auch wenn sich in zwischenmenschlicher Beziehung in letzter Zeit nicht allzu viel getan hat – aber wenn wir eine Aufgabe wie diesen Wahlkampf haben, bleibt keine Zeit für irgendetwas anderes, und dann ging diese verdammte Bombe hoch, und seither ist alles nur noch beschissen.«
    Rapp mustere sie, ein wenig überrascht von ihrer Ehrlichkeit. Rivera war eine äußerst attraktive Frau. Die Gesichtszüge hätten eine Spur weicher sein können, aber ihre Schönheit war unbestreitbar und vor allem völlig natürlich. Sie sah auch ohne Make-up toll aus. In einer Organisation wie dem Secret Service musste sie umso mehr auffallen. So wie in allen Behörden dieser Art gab es dort mehr als genug Männer, die sich an eine Frau wie sie heranmachen würden. Er hatte ihre Akte gelesen, und wenn er sich richtig erinnerte, war sie Mitte dreißig. Es war immerhin bemerkenswert, dass eine so attraktive Frau in diesem Alter noch ledig war.
    »Haben Sie sich irgendwann mal gewünscht, Sie wären bei dem Anschlag ums Leben gekommen?«, fragte Rapp, wohl wissend, dass das eine recht häufige Reaktion bei Überlebenden war. Vor allem, wenn es ihre Aufgabe war, diejenigen zu schützen, die umgekommen waren.
    Rivera musterte ihn einige Augenblicke, ehe sie antwortete. »Ich glaube, gewünscht wäre ein bisschen zu viel gesagt, aber ich habe schon daran gedacht.«
    Die Kellnerin kam an ihren Tisch und unterbrach das Gespräch. Sie bestellten beide Kaffee und Wasser, und Rivera nahm ein Omelett, während Rapp sich für Cornedbeef mit Bratkartoffeln entschied. Als die Kellnerin weg war, begann Rivera ihn mit Fragen über den Mann mit der roten Mütze zu bombardieren. Rapp erzählte ihr nicht alles – höchstens ein bisschen mehr, als das FBI schon wusste – und begann dann selbst mit seinen Fragen.
    »Es ist schon eine Weile her, dass ich den Bericht gelesen habe, darum kann ich mich nicht mehr an alles erinnern. Haben Sie an jenem Tag eigentlich Störsender eingesetzt?«
    Rivera schüttelte den Kopf. »Das war einer der Vorwürfe, den sie mir gemacht haben.«
    »Sie haben absichtlich darauf verzichtet?«, fragte Rapp überrascht.
    »Das behaupten sie, ja, aber damals hat das kein Mensch gewusst; es hat uns niemand im Hauptquartier gesagt, dass wir diese Möglichkeit hätten. Hinterher haben sie sich dann damit herausgeredet, dass sie uns irgendwann ein Memo geschickt hätten. Das Problem ist nur, dass wir im Wahlkampf ständig unterwegs waren und überhaupt keine Zeit hatten, ein Vierzig-Seiten-Memo auf dem BlackBerry zu lesen.«
    »Also keine Störsender.«
    »Genau.«
    Rapp nahm den Salz- und den Pfefferstreuer, stellte sie nebeneinander und vertauschte dann ihre Plätze. »Aber Sie haben die beiden Limousinen den Platz tauschen lassen, nicht wahr?«
    Rivera schüttelte den Kopf.
    Ihre Antwort schockierte Rapp, doch er verbarg seine Verblüffung. »Okay, schildern Sie bitte noch einmal die letzten fünf Minuten für mich. Wie war Ihr Team verteilt? Wann hat sich der Konvoi in Bewegung gesetzt … die ganze Prozedur.« Während Rivera zu erzählen begann, erwog Rapp die Möglichkeit, dass Gazich gelogen haben könnte, was den Telefonanruf betraf, durch den er angeblich erfahren hatte, dass er die zweite Limousine aufs Korn nehmen solle. Wenn er in diesem Punkt gelogen hatte – was mochte dann an seinem Bericht noch alles falsch gewesen sein? Rapp hörte der Agentin nur mit halbem Ohr zu, als sie die Details jenes tragischen Nachmittags schilderte. Er überlegte bereits, wie er noch einmal an Gazich herankommen konnte, um ihn etwas eingehender zu befragen.

33
Genf, Schweiz
    Das idyllische Genf war wahrscheinlich das widersprüchlichste Gemeinwesen der Welt. Als Heimat des puritanischen Calvinismus war die Stadt so prüde wie viele andere in einem Land, das viel auf Sauberkeit, gute Manieren und jede Menge Regeln hielt. Das war zumindest tagsüber so. Die Autos, hauptsächlich BMWs, Mercedes oder Audis, waren makellos sauber. Die Menschen, zu einem großen Teil Banker, Finanzexperten, Buchhalter oder Anwälte, trugen teure maßgeschneiderte Anzüge, die nie aus der Mode kamen. Schätzungen zufolge war bis zu einem Viertel des gesamten

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