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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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aus, als habe mein Junge es Ihrem gezeigt.«
    Es war nicht sonderlich schlau von mir, so etwas zu sagen. Normalerweise komme ich gut mit anderen aus, aber mit der Zeit fällt es mir immer schwerer, normal zu wirken. An ders als Al an bin ich nicht mit dem Wi ssen aufgewachsen, eine Lüge leben zu müssen. Und als Va ter muss man immer, immer auch an jemand anderen denken.
    Es heißt, eine Frau sei wie ein Te il von einem selbst, doch Olivia war gegangen, ohne das geringste Zeichen, dass ihr die Tr ennung auch nur ein ganz kleines bisschen schwerfiel, von richtigem Tr ennungsschmerz ganz zu schweigen. Doch bei Kindern stimmt es. Wa s meinen Kindern geschieht, geschieht auch mir. Normalität ist nicht mehr möglich.
    In dieser Nacht schlich sich Nick vom Feuer weg, als ich uns ein paar Marshmallows holte. Ich fand ihn am Rand eines Felsen sitzend und in die dunklen Schatten starrend, wo man tagsüber ein Ta l sehen würde.
    Â»He, Nicky«, sagte ich. Ich berührte ihn nicht, das wäre zu gefährlich gewesen, weil er immer so zusammenzuckt. »Komm vom Rand weg.«
    Â»Das ist blöd«, sagte er. »Diese Leute sind alle blöd.«
    Â»Gib ihnen eine Chance, Nick.«
    Â»Keine Lust«, erklärte er. Im Mondlicht wirkte sein Gesicht knochenweiß und er sah mich mit seinen glänzenden Au gen an.
    Hier draußen im Freien sah er ein wenig aus wie ein kleiner Kobold, doch als der Mond herauskam, schien er eher wie ein We sen – halb Monster und halb der Magier, den ich hasste –, so unterschiedlich von allem Menschlichen, wie es Kreaturen aus Al bträumen nur sein können.
    Â» Al an mag das hier nicht«, erklärte Nick. »Er will, dass wir nach Hause kommen.«
    Â»Ja?«, fragte ich und streckte die Hand aus, nicht, um ihn zu berühren, sondern nur, um ihn festhalten zu können, falls er das Gleichgewicht verlor. »Nun, dann sollten wir vielleicht lieber zusammenpacken. Wi r wollen deinen Bruder ja nicht unglücklich machen, nicht wahr?«
    Nick half mir, unsere Sachen zu packen, und wir fuhren noch in der Nacht nach Hause. Ich nahm an, Nick würde einschlafen. Im Au to fühlt er sich meist wohl und schläft schnell ein, wenn wir fliehen müssen, während Al an in diesen Nächten meist wach bleibt und hinterher tagelang bleich und übernächtigt ist. Ich hätte ihn ins Bett getragen.
    Doch Nick schlief nicht. Er starrte aus dem Fenster und zählte die Meilen.
    Â»Blödes Au to«, sagte er schließlich. »Das sollte viel schneller sein.«
    Â»Das wäre gegen das Gesetz, Nicky.«
    Ich bekam nur einen finsteren Blick. »Das ist blöd.«
    Al s Al an unser Au to hörte, kam er ans Fenster gelaufen. Im Licht sah ich ein Messer aufblitzen und musste mich dazu zwingen, mich auf etwas so Einfaches wie das Ab schalten des Motors zu konzentrieren, da mein Herz sich zusammenkrampfte, weil mein Sohn immer zuerst nach einer Wa ffe greift und sich dann die Bedrohung ansieht.
    Â» Wa s ist passiert?«, rief er, als er hinausgelaufen kam. »Ist etwas schiefgegangen? Al les in Ordnung? Hat es euch nicht gefallen? Wa rum seid ihr schon wieder zu Hause?«
    Â»Es war blöd«, antwortete Nick. »Und du bist auch blöd. Es war deine Idee.«
    Al an sah ihn erschrocken und ein wenig verletzt an. Doch zum ersten Mal seit zwei Ta gen war die An spannung aus Nicks Körper gewichen. Ich verstand Nick selten besser als Al an, aber ich hatte gesehen, wie er sich bemüht hatte, eine Sprache zu sprechen, die nie ganz seine eigene sein wird, um mir von Gefühlen zu erzählen, mit denen er sich nicht wohlfühlt. Für eine We ile konnte ich für sie beide sorgen.
    Â» Wi r haben dir eine Riesentüte Marshmallows mitgebracht, Al an«, sagte ich und umarmte ihn im Vo rbeigehen. » Al so beschwer dich nicht, sonst bekommst du keine ab.«
    Die Jungen rösteten die Marshmallows über dem To aster, der jetzt vollständig ruiniert ist, und Nick schlief auf dem Küchentresen ein. Ich glaube, letztendlich war es doch ein schöner Geburtstag für ihn.
    Ich ging nach oben, um nach der schlafenden Olivia zu sehen, und dann setzte ich mich hin, um das hier zu schreiben. Ich weiß nicht genau, was ich mit diesem Ta gebuch eigentlich will oder warum es mich immer wieder anzieht.
    Vi elleicht will ich nur etwas über die Jungen aufschreiben, wie ein Fotoalbum, wie eine Erinnerung an die ersten

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