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Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Der verwaiste Thron 02 - Verrat

Titel: Der verwaiste Thron 02 - Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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allein.«
    Jonan schwieg und sah ihn an. Die Wangen des Jungen röteten sich, das Lachen verschwand aus seinem Gesicht. Dann wich er Jonans Blick aus und begann an der Sehne seines Bogens zu zupfen. Auch die anderen erwiderten seinen Blick nicht. Niemand schien es auf einen Kampf anlegen zu wollen.
    Josyff räusperte sich. »Nachtschatten sind Tiere«, sagte er langsam, als müsse er über jedes Wort nachdenken. »Sie haben keine Ehre. Man kann sie nicht beleidigen. Man kann ja auch keine Kuh beleidigen. Wenn er sich also beleidigt fühlt, kann er kein Nachtschatten sein, oder?«
    Tohm nickte. »Warte hier«, sagte er zu Jonan, dann ging er zu seinen Männern. Sie bildeten einen Kreis um ihn, und sie begannen leise miteinander zu diskutieren. Das Röcheln des Sterbenden war so laut, dass Jonan sie nicht verstehen konnte. Ruhig blieb er stehen. Sein Körper war angespannt, sein Geist wach. Er spürte keine Furcht. Im Orden hatte man ihn gelehrt, dass er ein Werkzeug war. Ein Werkzeug erledigte seine Arbeit, bis es zerbrach. Angst hatte keinen Platz in diesem Dasein. Sein Blick fiel auf die Spuren im Schlamm.
    Auch nicht die Angst um einen anderen , dachte er.
    Tohm drehte sich um. »Du kannst dich uns anschließen«, sagte er.
    Auf den Gesichtern seiner Männer stand Zweifel.
    »Und ich frage noch einmal«, sagte einer von ihnen. »Was ist, wenn er doch ein Nachtschatten ist?«
    Tohm lächelte. »Dann wird er früher oder später seine Haut umstülpen, und wir werden ihn in Ketten legen und nach Westfall bringen.«
    »Wenn du meinst.«
    »Ja, das meine ich, und damit ist es beschlossen.« Tohm spuckte aus. »Kommt, wir gehen zurück zum Lager. Es wird bald dunkel.«
    Er drehte sich um. Die Blicke einiger Männer streiften Jonan. Sie wirkten immer noch misstrauisch, aber nicht feindlich. Er zögerte.
    »Was ist mit ihm?«, fragte er und nickte in Richtung des Sterbenden. Sein Röcheln war leise und unregelmäßig geworden. Es würde nicht mehr lange dauern.
    »Was soll mit ihm sein?«, fragte Thom zurück, ohne sich umzudrehen.
    Jonan antwortete nicht, griff nur nach den Zügeln seines Pferdes und folgte ihm. Die Spuren, die er hinterließ, füllten sich mit Schlamm und verschwanden.
     
     
    Der Regen hörte auf, als sie den Wald verließen und das Feld betraten, auf dem die Miliz lagerte. Jonan blieb überrascht stehen. Er hatte mit dreißig oder vierzig Soldaten gerechnet, aber es schienen mehr als doppelt so viele zu sein. Überall standen Zelte, dazwischen grasten Pferde, Esel und Schafe. Zwei Frauen saßen breitbeinig auf einem Holzzaun. Sie hoben die Röcke, als das Vorauskommando das Lager betrat. Johlen und Pfiffe antworteten ihnen.
    Jonan sah sich um. Wachen patrouillierten am Waldrand und an der Straße entlang. Die meisten trugen Uniformen, Schwerter und Lanzen. Einige Lagerfeuer brannten. Auf Karren stapelten sich Kisten und Stoffbündel. Die Jagd auf Nachtschatten zahlte sich aus.
    »Gibt es hier noch viele Feinde?«, fragte Jonan, während sie näher herangingen.
    Tohm schüttelte den Kopf. »Die meisten haben wir erlegt. Deshalb ziehen wir bald weiter.«
    »Wohin?«
    »Vielleicht nach Süden, vielleicht nach Norden. Westfall braucht uns, jetzt mehr als je zuvor.«
    Jonan wusste, worauf er anspielte. Er hatte zwei Bauern über die verlorene Schlacht und den Tod Baldericks reden hören. Er dachte nicht viel darüber nach. Der Krieg betraf weder ihn noch Ana.
    »Da seid ihr ja.« Ein alter Mann stand von einem der Lagerfeuer auf und ging auf Tohm zu. Jonan sah nur wenige junge Männer zwischen den Zelten.
    »Es wurde entschieden«, fuhr der alte Mann fort. Er warf Jonan nur einen kurzen Blick zu. »Wir gehen nach Norden, nach Jolla. Dort trennen wir uns, und ihr zieht heim.«
    »Was?« Tohm wirkte nicht erfreut. »Wie konntet ihr das entscheiden, während wir unterwegs waren? Derg, der Kampf ist noch nicht gewonnen. Wir müssen weitermachen.«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. Es sah aus, als hätten sie die gleiche Unterhaltung schon viele Male geführt. »Wir trennen uns. Es ist bereits entschieden. Morgen früh ziehen wir nach Jolla.«
    Josyff trat zu ihnen. »Was ist mit der Beute?«
    »Sie wird gerecht geteilt. Niemand wird übergangen.« Derg kratzte sich an den weißen Bartstoppeln. »Hat sich ganz schön was angesammelt.«
    »Gut.« Die Verärgerung wich ein wenig aus Tohms Gesicht. »Nur schade, dass wir keinen Lebenden gefunden haben. Du weißt ja, was die Fürstin für einen Lebenden

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