Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der verwaiste Thron 03 - Rache

Der verwaiste Thron 03 - Rache

Titel: Der verwaiste Thron 03 - Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
seiner Seite. Oder Rickard. Sogar Syrah. Sie alle hätten gewusst, was als Nächstes geschehen musste, aber Rickards Leiche lag irgendwo im Schnee, Syrahs aufgebahrt im Tempel der Festung und Garrsys brennend in einem der Feuer.
    Es beschämte Craymorus zutiefst, dass Korvellan Zeuge seiner letzten Niederlage wurde. Alles hatte er falsch gemacht: Mellie, Syrah, die Entführung der Tochter, die Magier, die Jagd auf die Nachtschatten, die abgebrochene Suche nach Ana Somerstorm. Jeder Tag hatte ihn vor eine neue Herausforderung gestellt, bei jeder einzelnen hatte er versagt.
    Blut tropfte von seiner Klinge. Der Griff des Schwertes war glitschig geworden. Wie ist es nur so weit gekommen? , fragte sich Craymorus. Wieso habe ich das nicht verhindert?
    »Vorsicht!« Der Ruf des Leutnants hallte durch die Höhle.
    Zwei Besessene griffen nach der Frau, die das Schwert hatte fallen lassen, zogen sie über die Barrikaden. Schreiend verschwand sie in einem Meer aus weißen Leibern.
    An anderer Stelle kletterten Besessene über einen Karren. Ihre Augen waren geöffnet. Sie hatten sich an das Halbdunkel in der Höhle gewöhnt, warfen sich nicht mehr blind gegen die Barrikaden, sondern schoben sie gezielt beiseite. Überall brachen sie durch, wie eine Flutwelle durch einen bröckelnden Damm.
    »Raus hier!«, schrie Korvellan.
    Craymorus wich zurück.
    Es war vorbei.

 
Kapitel 13
     
    Mugar der Blinde, Laderick der Tumbe, Geroy der Unbedarfte – das sind nur einige der Fürstennamen, die dem Reisenden auf seinem Weg zu Ohren kommen werden. Fragt er Gelehrte, wie sie zu ihren Namen kamen, so wird er schnell eine Antwort erhalten, dabei wäre interessanter zu fragen, wer es als Erstes wagte, sie so zu nennen.
    Jonaddyn Flerr, Die Fürstentümer und Provinzen der vier Königreiche, Band 1
     
    Der König ohne Land war wütend.
    Ana hörte sein Zetern, als sie die Augen aufschlug. Er war zu weit weg, als dass sie seine Worte hätte verstehen können, aber sie wusste auch so, worum es ging. Die Brücke, an der die Ewige Garde seit Tagen baute, war immer noch nicht fertig. Der Fluss hatte sich längst wieder in sein Bett zurückgezogen, doch die Armee musste in ihrem Lager bleiben. Darüber war Cascyr so verärgert, dass selbst Erys' nächtliche Besuche seine Stimmung nicht mehr hoben.
    Er wollte weiterziehen, Somerstorm entgegen, um endlich zu dem zu werden, worauf er sein ganzes Leben lang gewartet hatte: ein König mit Land.
    Ana setzte sich auf. Die Sonne stand hoch über ihrem Zelt. Merie, die schon am frühen Morgen aufgestanden war, hatte ein Brett mit Brot und Käse neben ihr Lager gestellt. Auf dem kleinen Holztisch in der Mitte des Zelts stand eine Karaffe mit verdünntem Wein. Merie nahm ihre Rolle als Zofe ernst.
    Auf dem Boden, halb versteckt unter einem der Teppiche, lag ein Stück Rinde. Mit Holzkohle hatte Ana darauf das Ergebnis ihrer nächtlichen Arbeit verzeichnet. Merie hatte im Morgengrauen übernommen.
    Ana zog die Rinde unter dem Teppich hervor. Jeder Punkt darauf zeigte, wie oft sie hatten bis tausend zählen können, bevor die Wachen am Zelteingang wechselten, jede Zahl dazwischen, zu welchen Zeiten die Patrouillen, die nachts durch das Lager marschierten, an ihrem Zelt vorbeikamen. Ana musste keinen Blick auf die Rindenstücke der letzten Nächte werfen. Sie sah auch so, dass die Muster übereinstimmten. Die Patrouillen zogen stets die gleichen Runden, die Wachen vor dem Eingang wurden immer zur gleichen Zeit gewechselt.
    Stoff wurde zurückgeschlagen. Ana schob die Rinde rasch unter ihre Decke, aber es war nur Merie, die sich unter den Zeltstangen duckte und ins Innere trat. Sie hielt einen dampfenden Holznapf in beiden Händen. Im Zelt begann es nach Hühnchen zu riechen.
    Ana hob den Kopf und sah in den Napf. »Das sieht lecker aus.«
    »Ja, ist es auch.« Merie zögerte. »Oh«, sagte sie dann, »ich hätte zuerst Euch etwas holen sollen.« Sie streckte die Hände aus. »Hier, nehmt.«
    »Nein, iss ruhig. Ich bin gerade erst aufgewacht.« Ana zog die Rinde wieder unter der Decke hervor. »Sie verhalten sich wirklich immer gleich.«
    Merie schlürfte etwas Suppe. Jeden Tag gab es Suppe oder einen zerstampften Brei aus Gemüse, Brot und Milch. Ana war aufgefallen, dass die Gardisten trotz der harten Arbeit an der Brücke nur wenig davon aßen. Sie dachte an die Höhle und schüttelte sich innerlich. Vielleicht war der Sand, den sie dort in sich hineingestopft hatten, all die Nahrung, die sie

Weitere Kostenlose Bücher