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Der verzauberte Turm

Der verzauberte Turm

Titel: Der verzauberte Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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bringen.
    Endlich brach Rackhir das lastende Schweigen. »Du bist nun seit einem Monat hier in Tanelorn, mein Freund. Trotzdem läufst du noch immer unruhig herum, trotzdem hängst du noch düsteren Gedanken nach.«
    Elric hob den Kopf und lächelte schwach. »Ja -noch immer brüte ich vor mich hin. Verzeih mir, Rackhir. Ich bin ein schlechter Gast.«
    »Was fesselt denn derart deine Gedanken?«
    »Kein besonderes Thema. Es sieht so aus, als könne ich mich all diesem Frieden nicht hingeben. Nur energische Taten können meine Melancholie vertreiben. Ich bin für Tanelorn nicht der Richtige, Rackhir.«
    »Aber solche wilden Taten - oder die Ergebnisse solchen Tuns - bringen neue Melancholie hervor, nicht wahr?«
    »Richtig. Das ist das Dilemma, mit dem ich ständig lebe. Es ist ein Dilemma, in dem ich seit der Verbrennung Imrryrs stecke - vielleicht auch schon länger.«
    »Das mag ein Dilemma sein, das allen Menschen bekannt ist«, sagte Rackhir. »Zumindest mehr oder weniger.«
    »Ja - sich zu fragen, welchen Sinn die eigene Existenz hat und welchen Sinn es hat, irgend etwas zu erstreben - auch wenn man wirklich genau weiß, was man will.«
    »Tanelorn läßt mir solche Probleme sinnlos erscheinen«, sagte Rackhir. »Ich hatte gehofft, daß du sie dir ebenfalls aus dem Kopf schlagen könntest. Wirst du in Tanelorn bleiben?«
    »Ich habe keine anderen Pläne. Mich dürstet noch immer nach Rache an Theleb K'aarna. Aber ich habe ja keine Ahnung, wo er steckt. Und wie du oder Mondmatt mir gesagt habt - Theleb K'aarna wird mich früher oder später finden. Ich weiß noch, als du Tanelorn entdecktest, schlugst du vor, ich sollte Cymoril herbringen und Melnibone vergessen. Ich wünschte, ich hätte damals diesen Rat befolgt, Rackhir, denn dann wüßte ich jetzt, was Frieden wäre, und Cymorils totes Gesicht würde mich nicht bis in meine Träume verfolgen.«
    »Du hast von der Zauberin gesprochen, die Cymoril ähneln soll.«
    »Myshella? Die Herrscherin der Morgendämmerung genannt wird? Ich sah sie zuerst in einem Traum, und als ich ihre Seite verließ, steckte ich in einem Traum. Wir dienten uns gegenseitig, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Ich werde sie nicht wiedersehen.«
    »Aber wenn sie.«
    »Ich werde sie nicht wiedersehen, Rackhir.« »Wie du meinst.«
    Wieder schwiegen die beiden Freunde, und nur Vogelzwitschern und das Plätschern von Brunnen lag in der Luft, während Elric seinen Marsch durch den Garten fortsetzte.
    Einige Zeit später machte Elric plötzlich auf dem Absatz kehrt und ging, gefolgt von Rackhirs besorgtem Blick, ins Haus.
    Als Elric wieder ins Freie trat, trug er den großen breiten Gürtel mit der schwarzen Scheide und dem Runenschwert Sturmbringer. Um die Schultern hatte er sich einen Mantel aus weißer Seide geschwungen, und an den Füßen trug er hohe Stiefel.
    »Ich reite aus«, sagte er. »Ich mache einen Ausflug in die Seufzende Wüste, ich will reiten, bis ich erschöpft bin. Vielleicht brauche ich nur Bewegung.«
    »Nimm dich vor der Wüste in acht, mein Freund«, warnte ihn Rackhir. »Sie ist eine dunkle und gefährliche Wildnis.«
    »Ich nehme mich in acht.«
    »Nimm die große goldene Stute. Sie kennt die Wüste und hat eine legendäre Ausdauer.«
    »Vielen Dank. Wenn ich nicht früher zurückkehre, sehe ich dich morgen.«
    »Sei vorsichtig, Elric. Ich hoffe, dein Heilmittel schlägt an und deine Melancholie verfliegt.«
    Rackhirs Gesicht zeigte wenig Erleichterung, während er seinen Freund zu den nahe gelegenen Ställen schreiten sah, wobei der weiße Mantel wie ein plötzlich aufwallender Meeresnebel hinter ihm wogte.
    Dann hörte er den Hufschlag von Elrics Pferd auf dem Straßenpflaster, und Rackhir stand auf und blickte dem Albino nach, der seine goldene Stute im Trab laufen ließ und den Weg zur Nordmauer einschlug, hinter der die gewaltige gelbe Öde der Seufzenden Wüste begann.
    Mondmatt kam aus dem Haus, einen großen Apfel in der Hand, eine Schriftrolle unter dem Arm.
    »Wohin reitet Elric, Rackhir?«
    »Er sucht seinen Frieden in der Wüste.«
    Mondmatt runzelte die Stirn und biß nachdenklich in seinen Apfel. »Er hat schon an allen anderen Orten Frieden gesucht, und ich fürchte, er wird ihn auch dort nicht finden.«
    Rackhir nickte. »Dafür ahne ich, daß er etwas anderes entdeckt, denn Elric wird nicht immer nur durch eigene Wünsche angetrieben. Es gibt Momente, da andere Kräfte in ihm wirken und ihn zu schicksalhaften Taten treiben.«
    »Und du meinst, dies

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