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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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wirklich Angst. Er glaubt, dass Botschafter dich, ich weiß nicht, verändert oder beherrscht.«
    Dazu sagte sie nichts.
    »Morag?«
    »Botschafter ist nicht mehr als eine Informationsmenge«, sagte sie. »Der Heide glaubt, ich sei besessen oder etwas in der Art.« Sie verheimlichte mir etwas. »Er hält mich für die Hure Babylon«, setzte sie schließlich hinzu.
    »Was?«, fragte ich, wobei ich vermutlich keinen besonders intelligenten Eindruck machte.

    »Dass ich mit Dämonen verkehre.«
    »Du meinst SIE?«
    Sie nickte. So war es. Wir verließen uns einfach nur auf die Hoffnung, dass SIE gar nicht so schlimm waren, wie wir gedacht hatten. Obwohl das im krassen Widerspruch zu allem stand, was ich über SIE wusste.
    »Das ist ein Hacker-Mythos, eine Art Anti-Messias, der uns an SIE verrät«, sagte sie. »Ein Judas der gesamten Menschheit. Der Vikar hat etwas Ähnliches erwähnt.«
    »Wann?«
    »›Und das Weib war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und edlen Steinen und Perlen und hatte einen goldenen Becher in der Hand, voll Gräuel und Unsauberkeit ihrer Hurerei.‹ Das ist aus der christlichen Bibel, aus der Offenbarung des Johannes, ich habe es nachgeschlagen«, sagte sie mit emotionsloser Stimme.
    Verdammter religiöser Hacker-Wahn. Verdammter Vikar.
    »Der Vikar hat ständig aus der Offenbarung zitiert. Außerdem war er verrückt.«
    »Ich glaube nicht, dass er das war, und das weißt du«, sinnierte sie. »Papa Neon hat etwas Ähnliches gesagt, als du draußen warst. Er hat versucht, es in einen Witz zu verpacken, aber ich habe die Anspielung verstanden.«
    »Was zum Henker hat Voodoo mit der Offenbarung zu tun?«
    »So etwas wie Voodoo gibt es gar nicht, das wurde für die Viz-Filme erfunden. Papa Neon praktiziert eine Religion, die als Vodou bezeichnet wird. Das sind westafrikanische religiöse Praktiken, die vom Katholizismus beeinflusst sind.«
    Für mich klangen beide Worte gleich. »Du freundest dich immer mehr mit der religiösen Seite des Hackens an, was?«, fragte ich.
    »Er sieht Loa-Geister im Netz und spricht mit ihnen«, fuhr sie fort.

    »Und zu dir haben sie auch gesprochen?«
    »Offensichtlich.«
    Wie konnte ich ihr klarmachen, dass das völliger Blödsinn war? Dass es nur Geschichten waren, die sich gegenseitig Nahrung gaben? Wir waren nicht allzu weit über die Hexenverbrennungen hinausgekommen. Wie viel Druck konnten wir auf dieses eine noch sehr junge Mädchen ausüben?
    »Und der Heide glaubt, du seist seine …?« Ich wollte das Wort nicht aussprechen.
    »Hure? Jeder empfindet das Bedürfnis, mich eine Hure zu nennen.« Als hätte sie im Moment noch nicht genug Probleme. »Er hat es nicht offen gesagt, aber ich sehe es in seinen Augen.« Dann wirkte sie etwas verlegen. »Außerdem weiß ich, dass er die Sache im Netz recherchiert hat.«
    Das klang seltsam. »Aber er weiß nicht, dass du es weißt?«, fragte ich.
    »Nein.« Das bedeutete, dass sie einen erfahrenen Hacker wie den Heiden ausgetrickst hatte. Sie hatte ihm nachspioniert, ohne sich dabei erwischen zu lassen. Kein Wunder, dass er Angst vor ihr hatte. Kein Wunder, dass wir alle Angst vor ihr hatten.
    »Morag, glaubst du, dass Botschafter dich verändert hat?«, fragte ich etwas energischer, als ich beabsichtigt hatte.
    Sie blickte in meine Linsen. »Natürlich hat er das. Auch die Cyberware in meinem Kopf hat mich verändert, du hast mich verändert, der Heide hat mich verändert. Botschafter beherrscht mich nicht, dazu ist er viel zu vorsichtig. Ich glaube nicht, dass ich erklären könnte, wie es ist, mit ihm zu sprechen.«
    Das alles klang immer besorgniserregender. »Botschafter ist immer noch im Würfel?«, fragte ich, darum bemüht, mir meine zunehmende Sorge nicht anmerken zu lassen.
    »Ich glaube, ein Geist von ihm befindet sich in meiner Neuralware.«

    Ich riss erschrocken die Augen auf.
    »Entspann dich«, sagte sie. »Es ist schon etwas unheimlich, aber er tut nicht mehr, als mir bei den Sachen zu helfen, die ich nicht kann. Er nimmt keinen Einfluss darauf, wie ich empfinde oder wie ich denke.«
    »Er?«, fragte ich.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Hab erst vor kurzem angefangen, so von ihm zu denken.«
    Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Ich machte mir große Sorgen und verspürte auch Eifersucht auf die unfassbare intime Beziehung, in der sie zu dieser männlichen Entität stand.
    »Willst du also dieses Dingsda mit mir machen?«
    »Was?«
    »Das, womit einem die

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