Der Veteran: Roman
auch nicht.«
Auf meinen Befehl hin öffnete sich die Motorhaube nach Ziehharmonika-Art, und ich zog den Interface-Stecker des Wagens aus meiner Nackenbuchse und hantierte dann mit der
Brennstoffzelle. Ein kleiner Trick, den wir bei der Antiterror-Ausbildung gelernt hatten.
»Alles in Ordnung, Kumpel?«, hörte ich eine Stimme hinter mir. »Ist dein Bein verletzt?«
Ich drehte mich um und sah einen hässlichen jungen Mann mit schlechter Kybernetik und noch schlechterer Haut. Er trug die diesjährige Version dessen, was der Straßenabschaum der Stadt in diesem Jahr trug. Er warf einen Blick auf mein verbranntes Gesicht und meine allgemeine schlechte Laune und wich sofort zurück, wobei er die Hände aus seiner gepanzerten Trainingsjacke zog. »Kein Problem, Kumpel!«, sagte er, nachdem er sich entschieden hatte, uns doch nicht auszurauben.
Ich wandte mich wieder dem Wagen zu und machte weiter, während Morag herauskam. Sie hatte es in die Autodecke mit Schottenmuster gewickelt, ohne die offenbar kein Fahrzeug in Schottland ausgeliefert wurde. Aus der Decke tropfte Wundsekret. Ich gab dem ECM-Block die letzten Anweisungen, dann zog ich den Stecker heraus und warf ihn in den Fußraum des Wagens. Dabei betete ich, dass der Vikar tun würde, worum ich ihn gebeten hatte.
»Komm mit«, sagte ich, und wir gingen zur Ecke Commercial und High Street. Dort stand eine alte Steinkirche aus der Ära vor dem Finalen Menschheitskonflikt. Sich bewegende Lichter innerhalb des Gebäudes erleuchteten die Buntglasfenster, auf denen einige Jahrhunderte Stadtdreck klebte.
Hinter uns hob das Air Car ab. Morag beobachtete, wie es die High Street unter den erhöhten Straßenbrücken entlangflog. Es würde der Satellitenüberwachung nicht entgehen, aber ich hoffte, dass es Rolleston lange genug aufhielt, um uns einen Vorsprung zu verschaffen. Das einzige Problem war jedoch, dass ich nun meinen ECM-Block verloren hatte. Ich musste mir einen anderen besorgen, wenn ich vermeiden wollte, dass sie meinen Transponder anpeilten.
»Ist das nicht richtig illegal?«, fragte sie.
»Hochverrat und Umgang mit Prostituierten?« Ich drehte mich zu ihr um. »Ja, ich glaube, du hast einen sehr schlechten Einfluss auf mich.« Sie brachte ein mattes Lächeln zustande, aber ich glaube, dass sie es mir zuliebe tat. Mit einer Hand unter dem langen Mantel näherte ich mich der dicken gepanzerten Doppeltür. Dass sie aufging, als ich dagegendrückte, gab mir Hoffnung.
»… das weiße Licht waren nicht SIE! Nein! Es war keine von IHREN infernalischen Waffen! Das weiße Licht kam vom Himmel, es war ein Richtspruch! Der Speer Gottes, eine Warnung an jene, die sich in unheiligen Paarungen ergehen!« Das musste man dem Vikar lassen: Er verstand es, zu improvisieren und seinen Predigten einen aktuellen Bezug zu geben.
Drinnen bestanden die Wände aus nacktem Stein. Auf die Buntglasfenster waren Hologramme projiziert. Die stilisierten Höllenszenen tauchten das Innere der Kirche in einen rötlichen Lichtschein, der irgendwie warm wirkte und überhaupt nicht zu den schrecklichen Bildern passte. Es gab einige Kirchenbänke aus Plastik, auf denen die wahrlich Elenden saßen und sich von der Predigt des Vikars malträtieren ließen. Schräg hinter dem Altar sah ich seine Werkstatt, mehrere Bänke mit Werkzeug und Ausrüstung, zu einem großen Teil behelfsmäßig zusammengebastelt oder von ihm ganz allein gebaut.
Der Vikar stand auf der Kanzel. Vermutlich war sie einst aus Holz gewesen, das irgendwann verkauft oder als Brennstoff genutzt worden war. Jetzt war das Ganze nur noch ein Rahmen aus Metall und Plastik.
Der Vikar selbst hatte sich kaum verändert, vielleicht etwas älter, vielleicht etwas wilder um die schon immer recht wilden Augen. Er trug ein schwarzes Gewand mit Kragen, und sein kräftiger Körperbau fing gerade erst an, ein wenig aus der Form
zu geraten. Er hatte einen langen ungepflegten graumelierten Bart und immer noch menschliche Augen, solange man den Blick ignorierte.
Eine Hälfte seines Kopfes war mit langem verfilztem lockigem Haar bedeckt, das genauso angegraut war wie der Bart. Die andere Hälfte bestand aus hässlicher Militärtechnik, ein eingebauter, schneller und leistungsfähiger Computer, doch wie bei Militärtechnik üblich, hatte man keinerlei Konzessionen an Regeln des ästhetischen Designs gemacht. Ich erkannte ein paar elegantere Ergänzungen, die der Vikar wahrscheinlich selbst angebaut hatte, um mit dem Stand der Technik
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