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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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geworden, das genauso fremdartig war wie SIE. Außerdem gab es Gerüchte, dass seine Denkmuster neurochirurgisch verändert worden waren, so dass er auch nicht mehr wie ein Mensch dachte.
    Und dann das Auge. Vielleicht war es tatsächlich nur eine Macke, eine Anspielung an eine obskure Mythologie, aber es gab mehr verdammte Gerüchte über dieses Auge als über SIE. Eine experimentelle Waffe, eine Selbstverstümmelung, SIE-Technik, sogar besonders widerliche Sexualpraktiken, bei denen es um Augenhöhlen ging, waren ins Gespräch gebracht worden, wenn auch wohl kaum in seiner Hörweite.
    Balor war Unteroffizier gewesen, den genauen Rang hatte ich vergessen. Seine Truppe hatte sich als »Fomorianer« bezeichnet. Es waren hauptsächlich Taucher der Navy gewesen und keine Royal Marines wie die meisten Leute im SBS, und sie verehrten Balor. Er hatte totale Unterwerfung von ihnen verlangt. Die meisten waren für Tiefseeeinsätze modifiziert und hatten sich in vielen Fällen ebenfalls das Aussehen von Meeresungeheuern verpassen lassen.
    Es waren auch nur Gerüchte, aber wie es schien, hatte er irgendwann nicht mehr auf die Offiziere gehört, sondern seine eigenen Missionen unternommen. Das Oberkommando hatte sich immer größere Sorgen gemacht, weil man keine Kontrolle
über Balor und seine Leute mehr hatte. Er wurde aufgefordert, aus dem Dienst auszuscheiden. Die Fomorianer folgten ihm, und niemand versuchte, sie aufzuhalten. Danach verschwanden sie.
    Das war vor zehn Jahren gewesen. Drei Jahre danach tauchten sie wieder auf. Sie hatten die Führung einer Koalition aus maritim agierenden Kriminellen und Veteranen übernommen, die sich aus verschiedenen Marine-Einheiten und maritimen Spezialeinheiten rekrutierten. Einheiten wie der SBS, die Navy Seals, die italienischen San Marco Marines, die US Marines Maritime Special Purpose Force und die entsprechende Abteilung der russischen Speznas. Sie besetzten die Ruinen von New York, vertrieben die Banden und die verwilderten Stämme, die in der Stadt gelebt hatten, seit sie wegen des ansteigenden Meeresspiegels evakuiert worden war. Sie befestigten die teilweise überflutete Stadt und verwandelten sie in ein Labyrinth aus Todesfallen, die jeden abschrecken sollten, der ohne ihre Erlaubnis nach New York kam. Unter Balors Herrschaft wurde die Stadt zu einem Freihafen, einem Stützpunkt für Piraten, Schmuggler und jedes andere erdenkliche kriminelle Gewerbe.
    Es hatte ein paar halbherzige Versuche der amerikanischen Regierung gegeben, die Stadt zurückzuerobern, aber am Ende hatte man sich durch die Aktionen mehr Schwierigkeiten eingehandelt, als die Sache wert war. Anderen Gerüchten zufolge hatte die US-Regierung einen Handel mit Balor geschlossen. Man leitete den Schiffsverkehr um, so gut es ging, und zahlte Schutzgelder auf den Routen, die sich nicht verlegen ließen, wie jeder andere auch. Und lernte mit dem selbsternannten Piratenkönig von New York zu leben.
    Das war das Problem, wenn man über Balor sprach. Er hatte sich in zahllose Mythen gehüllt, und fast alles, was man über ihn wusste, basierte auf Gerüchten. Doch das bei weitem Unheimlichste, was ich jemals über ihn gehört hatte, war das Gerücht,
dass er angeblich der Geliebte der Grauen Lady gewesen war. Aus irgendeinem Grund fand ich das besorgniserregender als all die Gräueltaten, die allgemeine Undurchsichtigkeit und seine Macht, Regierungen einschüchtern zu können.
    »Bist du ihm jemals begegnet?«, fragte ich den Heiden.
    »Balor? Nein. Du?«, fragte er zurück. Er sah immer noch sehr unzufrieden aus.
    »Hab ihn einmal gesehen. Er kehrte zurück, ich glaube, zum letzten Mal. Ich wurde zum ersten Mal zum Sirius gebracht. Ich habe ein paar sehr harte Männer und Frauen gesehen, die ihm aus dem Weg gingen.« Ich dachte eine Weile über das zweieinhalb Meter hohe Monster nach, das ich in der Abflughalle der Speiche in Kenia gesehen hatte. Dabei lief es mir immer noch kalt den Rücken runter. Ich bemerkte Morags besorgte Miene. Ich glaube, dass es für sie nicht sehr beruhigend war, mit zwei ehemaligen Angehörigen der Spezialeinheiten unterwegs zu sein.
    »Egal«, sagte ich. »Mit Balor selbst werden wir sowieso nichts zu tun haben. Wir bemühen uns, kein Aufsehen zu erregen, suchen Mudge und entscheiden dann, was wir tun werden.«
    »Das gefällt mir nicht«, sagte der Heide. »Morag, was denkst du?«
    Morag schien überrascht zu sein, dass sie nach ihrer Meinung gefragt wurde. Sie überlegte eine Zeitlang.

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