Der Veteran: Roman
sichtbares Auge auf beunruhigende Weise. »Ich bin kein beschissener Händler, und du solltest dich unbedingt daran erinnern, dass du am Leben bist.«
»Ein nettes Schlückchen und eine Nacht mit einer hübschen Frau würde mich daran erinnern, dass ich lebe«, sagte ich mit einer gewissen Resignation.
Balor drehte sich zu mir herum. Er ließ sich Zeit, mich zu mustern, bis er entschieden hatte, dass ich gut und unbequem war. »Du bist ein Opfer«, sagte er schließlich.
Darüber dachte ich eine Weile nach. Ich musste zugeben, dass ein Körnchen Wahrheit in seinen Worten steckte.
»Du tust es dir selber an«, fuhr er fort.
In diesem Punkt war ich mir nicht so sicher. Schließlich hatte ich diese Ereignisse nicht ausgelöst. Wir hatten es hier mit mächtigen Menschen und Institutionen zu tun, über die ich nicht die geringste Kontrolle hatte.
»Du verhältst dich wie ein Wurm, und deshalb wird man dich auch wie einen solchen behandeln.«
Völliger Blödsinn! Ich ging ein Stück auf den Tisch zu und erwartete, dass einige von Balors Leute sich darauf gefasst machten, mich als Gefahr zu betrachten. Sie taten es nicht. Das beunruhigte mich noch mehr.
»Ich verstehe, was du damit sagen willst«, erklärte ich ihm. »Ich sollte dich einfach töten und von hier verschwinden.«
Erst viel später wurde mir klar, dass Balor in der folgenden Pause entschied, ob er mich auf der Stelle töten sollte oder nicht. Er stand auf. Ich trat einen Schritt zurück. Balor stieg auf den Tisch und warf dabei Teller mit Essen und Weingläser um. Ich trat noch einen Schritt zurück.
»Gepolter und Wut sind kein Ersatz für Mut«, sagte er.
Ich warf einen Blick zu Reb, als Balor über den Tisch auf Rannu zustapfte. Der Ex-Gurkha beobachtete leidenschaftslos, wie er sich näherte.
»Ich bin kein Feigling«, sagte ich zu Balor. Ich würde niemals unnötige Risiken eingehen, aber ich funktionierte, wenn die Furcht kam, und letztlich ging es nur darum.
Balor zeigte auf Reb. »Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß, dass du Soldat A bist, und Reb hat mir erzählt, was du an Bord der Santa Maria getan hast.« Er war jetzt bei Rannu, der sich vorsichtig rührte und auf alles gefasst machte.
»Dann lass mir etwas Luft zum Atmen«, sagte ich zu Balors Rücken.
»Warum?« Balor drehte sich um und blickte auf mich herab.
»Die Leute hier sind fast alle Vets, nicht wahr?«, fragte der Heide und deutete auf die Menge, die den Times Square säumte. »Zweifellos von den Spezialeinheiten.«
Balor nickte.
»Ich weigere mich, daran zu glauben«, fuhr der Heide fort, »dass sich diese Leute, nachdem sie ihr ganzes Leben mit Gewalt verbracht haben, von einem kitschigen Spektakel beeindrucken lassen.«
Damit hatte er recht. Wenn man gegen einen Berserker gekämpft hatte, war es ziemlich langweilig, dabei zuzusehen, wie sich zwei Kerle gegenseitig verprügelten, vor allem, wenn man die gleichen Fähigkeiten wie sie hatte.
»Es handelt sich hier lediglich um einen Entscheidungsfindungsprozess«, erklärte Balor uns, wieder mit dem Hai-Grinsen. »Warum seid ihr hergekommen?«
Ich sah Rannu an und sagte nichts. Balor folgte meinem Blick und drehte sich dann wieder zu mir um.
»Weißt du, vor langer Zeit hätte man dich dafür hingerichtet, dass du Politik mit Privatem vermischst. Man musste den Mumm aufbringen, vor dem gesamten Stamm zu sagen, woran man glaubte, wenn man kein Niemand sein wollte.«
Ich hatte allmählich genug von diesem Mist. »Dann bin ich eben ein Niemand.«
»Und du hast Geheimnisse«, sagte Morag. Ich sah, dass sie dabei auf Balor zeigte. Sie wirkte eingeschüchtert, aber gleichzeitig wütend. Sowohl der Heide als auch der andere Hacker sahen abwechselnd sie und Balor an. Was war hier los? Hatte sie ihm soeben etwas geschickt? Es war bereits ihre zweite Andeutung, dass Balor irgendetwas zu verbergen hatte.
»Willst du diese Scheiße mitmachen?«, fragte ich ihn. »Ich habe schon einiges von dir gehört, aber nicht, dass du ein Angeber bist.«
»Ich bin wegen des Würfels und wegen euch dreien hier«, sagte Rannu. »Es ist mir egal, in welchem Zustand ihr seid, und das Einzige, was mich interessiert, sind meine Befehle.« Sein Englisch war gut. Er sprach leise und gleichmäßig und nur mit dem Hauch eines Akzents. »Im Moment scheint es mir die einfachste Möglichkeit zu sein, meine Mission zu erfüllen.« Er zuckte mit den Schultern. In seiner Stimme war nicht die Spur eines Zweifels, dass er mich besiegen konnte.
»Du
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