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Der Veteran: Roman

Titel: Der Veteran: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith , Bernhard Kempen
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blockte den anderen ab, als wir eine Abfolge von Tritten austauschten. Es war fast wie ein Händeschütteln, mit dem wir uns gegenseitig einzuschätzen versuchten. Ich erlaubte meinem Gesicht keine Regung, aber ich vermutete, dass er mich viel härter schlug als ich ihn, während wir uns über das alte Flugdeck hetzten.
    Sein erster Sidekick traf mich völlig unvorbereitet und riss mich von den Beinen, aber ich erholte mich schnell. Jetzt war er in der Luft und drehte sich für einen Tritt, der den Eindruck machte, als könnte er mich enthaupten. Ich rollte mich unter ihm hindurch, während sein Fuß vorschnellte und mich nur knapp verfehlte. Ich konnte die Menge jubeln hören, als ich wieder auf die Beine kam. Er hatte sich bereits gedreht und war wieder in der Luft. Ich wich hastig aus und brachte mich damit
aus dem Gleichgewicht, während er geduckt landete und einen kräftigen Ellbogenschlag gegen die Stelle führte, wo ich mich kurz zuvor aufgehalten hatte. Ich verpasste ihm einen schnellen Sidekick, der seine Schulter traf. Es war, als hätte ich gegen einen Felsblock getreten. Dann zog ich mich ein Stück zurück, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen und meine Kampfhaltung zu korrigieren.
    Rannu erhob sich mir gegenüber. Auf dem Times Square war es wieder still geworden. Wir hatten den ersten verspielten Schlagabtausch beendet. Wir beide wussten, was wir wissen mussten: Es sah nicht allzu gut für mich aus. Es gab zwei Punkte, die ich zu meinen Gunsten ausnutzen konnte. Der erste war, dass er seine ganze Kraft in jeden Angriff und in jeden Schlag legte, wahrscheinlich weil er es gewohnt war, gegen andere schwer gepanzerte Cyborgs zu kämpfen. Das Problem mit solchen Schlägen war, dass man einiges einstecken musste, um sie anzubringen, und dass sie langsamer als leichte Schläge waren. Andererseits schien er durchaus in der Lage zu sein, einiges einzustecken. Der zweite Punkt, den ich ausnutzen konnte, war, dass er gerne in der Luft war. Ja, dieser Kampf hätte sehr einfach sein können, wenn Rannu nicht so schnell, kräftig und geschickt gewesen wäre.
    Wir gingen in die zweite Runde. Der Lärm der Menge verschwand aus meinem Bewusstsein, während wir traten und blockierten und uns dabei fast im Kreis bewegten. Wir versuchten nicht einmal, uns Schmerzen zuzufügen, obwohl die Tritte Stahl eingedellt hätten. Wir suchten nach einem Ansatz.
    Ich erkannte meine Chance, als ich mich vor seinem Tritt wegdrehte und ihm eine Gerade ins Gesicht verpassen konnte. Meine Fingerknöchel berührten seine Haut nur oberflächlich, während er zur Seite auswich und mir einen so heftigen Ellbogenschlag gegen den Kopf versetzte, dass mein internes visuelles Display für einen Moment aussetzte. Dann tat er genau
das, was ich von ihm erwartet hatte: Er trat mir kräftig gegen die Brust. Ich wurde zu Boden geworfen und rutschte über das regennasse Flugdeck. Mein flackerndes Display zeigte nun keine Warnsignale mehr an. Gleichzeitig war mir klar, dass er jetzt wieder in der Luft sein musste. Ich warf mich ohne jegliche Eleganz nach vorn, hörte nicht, sondern spürte eher, wie er landete, und trat dann mit aller Kraft zu, die ich vom Boden aus aufbringen konnte. Der Tritt traf ihn tatsächlich an der Basis der Wirbelsäule. Die Wucht hätte ausgereicht, einem nicht verstärkten Menschen das Rückgrat zu brechen. Ich sah, wie Rannu von den Beinen gerissen wurde und über den Rand des Flugdecks segelte.
    Ich stand auf. Als mein Hörvermögen zurückkehrte, gleichzeitig mit einem Rauschen in den Ohren, nahm ich wieder den Lärm der Menge wahr. Manche Leute buhten, was ich als ungerecht empfand. Ich ging nicht zu der Stelle, wo Rannu hinuntergestürzt war. Stattdessen lief ich ein paar Meter weiter und schaute nach unten, in der Hoffnung, ihn im Wasser schwimmen zu sehen. Während ich das tat, schwang er sich wieder auf das Flugdeck und landete elegant mit sicherem Stand. Er war etwa zehn Meter von mir entfernt. Schnell lief er zur Mitte des Decks zurück. Ich gesellte mich zu ihm, die Arme entspannt, aber kampfbereit. Trotzdem hatte ich das Gefühl, meinen besten Trick verspielt zu haben.
    Er sprang vor und war wieder in der Luft. Sein Knie traf meine Brust, und seine Fäuste schlugen seitlich gegen meinen Kopf, so fest, dass sie einen ungepanzerten Schädel zertrümmert hätten. Ich taumelte zurück. Mein visuelles Display wurde zu einer leuchtenden Linie und erlosch dann ganz, so dass ich im Dunkeln stand. Es baute sich gerade

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