Der Visionist
und Beryl Talmage zu und aßen dabei den Hähnchensalat mit Sesam, der ihnen zusammen mit weichen Kartoffelbrötchen und hohen Gläsern Eistee mit Zitronen- und Pfirsichgeschmack serviert worden war.
„Wir können alles hier in diesem Raum belegen“, fuhr er fort und zeigte auf die Bleiglasfenster auf beiden Seiten des offenen Kamins. Ebenfalls von Tiffany zeigten sie ein kunstvolles Spalier mit weiteren Glyzinien und gewährten von draußen keinen Einblick, aber ließen gedämpftes Tageslicht ein und verliehen dem Raum eine altertümliche Stimmung. „Wenn unsere Kleider nicht wären, könnten wir auch im Jahr 1889 hier sitzen. Nicht nur die sichtbaren Aspekte des Raumes haben sich kaum verändert – wir klagen über dieselben Probleme, wie sie auch unsere geistigen Vorfahren geplagt haben.Den Briefen zufolge haben auch sie darüber debattiert, wie sie ihre verblüffenden Erkenntnisse am besten der Öffentlichkeit und wissenschaftlichen Gesellschaften präsentieren sollten, um ernst genommen zu werden.“
Olga, die Frau, die ihnen jeden Tag das Mittagessen zubereitete und dafür sorgte, dass die Küche immer gut gefüllt war, kam herein und räumte ihre Teller ab. Malachai redete immer noch von Elgins Entdeckungen, als Olga mit einer silbernen Kaffeekanne und einem Teller Gebäck zurückkehrte. Als Beryl ihnen allen einschenkte, wandte sich das Gespräch ihren einzelnen Patienten zu, angefangen mit Iris, die begann, von James Ryan zu erzählen.
„Ich bin davon überzeugt, dass jede der Frauen, die er zeichnet, jemand ist, den er in einem früheren Leben verletzt hat.“
„Wie viele frühere Leben habt ihr gefunden?“, fragte Beryl.
„Bis jetzt zwei.“
„Und wie passen sie zu seinen Zeichnungen?“
Iris erzählte die Geschichte, die James ihr über Telamon erzählt hatte, und ging dann zu Fouquelle über. „Er hat in den 1880er-Jahren einen Schatz unter einem Haus in einem persischen Ghetto gefunden und war verantwortlich für den Tod des Mannes, dem das Haus gehörte, und seiner Frau. Er hat sie mit eigenen Händen ermordet.“
Malachai stieß so heftig seine Kaffeetasse von sich, dass Porzellan klirrte. „In Persien?“
„Ja. In Schusch.“
„Sind Sie sicher?“
„Was ist?“, fragte Beryl ihren Neffen.
Malachai beugte sich zu Iris vor. „Diese Geschichte, die James Ryan Ihnen über den alten Mann und seine Frau in der Gruft erzählt hat … Hat er Ihnen gesagt, wie sie hießen?“
„Ja, sie hießen …“ Sie wollte antworten, aber Malachai unterbrach sie.
„Warten Sie!“ Aus der Brusttasche seines Sakkos zog er einenschwarzsilbernen Füller, zog die Kappe ab und schrieb zwei Worte auf den Notizblock neben seinem Teller.
„Was machst du da?“, fragte Beryl.
„Ich will nicht, dass wir uns hinterher fragen, wer wann was gesagt hat.“ Er riss das Blatt ab, faltete es zusammen und gab es seiner Tante, die es nahm, wieder auseinanderfaltete und las.
Malachai wandte sich wieder Iris zu. „Also. Wie hießen die beiden?“
„Hosch und …“
„Bibi“, las Beryl den Namen vor, den Malachai gerade aufgeschrieben hatte. Die Stimmen der beiden Frauen verschmolzen zum Unisono.
„Woher hast du das gewusst?“, fragte Beryl.
Malachai stand auf, ging zum Fenster hinüber und starrte auf das Glas, das ihm die Aussicht verweigerte. Mit seiner ruhigen, kultivierten Stimme erzählte er den beiden Frauen von Nina Keyes’ siebenjähriger Enkelin.
„Sie wird von unbewältigten Schuldgefühlen aus einem früheren Leben gequält. Damals war sie Jüdin und lebte mit ihrem Mann und ihren vier Söhnen in Persien. Unter ihrem Haus befand sich eine Gruft voller antiker Schätze, die die Familie ihres Mannes seit Jahrhunderten bewachte.“
„Wollen Sie etwa damit sagen“, fragte Iris ungläubig, „dass Ihre Patientin in einem früheren Leben die Frau war, die von dem Mann getötet wurde, der in diesem Leben mein Patient ist?“ Sie schüttelte den Kopf. „Das ist doch wohl nicht möglich?“ Sie sah zu Beryl hinüber.
„Warum nicht? Wir werden doch alle in dieselben Gruppen von Seelen wiedergeboren.“ Beryl goss sich Kaffee nach. „Also habt ihr beide Patienten, die in einem früheren Leben miteinander in Verbindung standen. Stoff für eine hochinteressante Fallstudie, aber es bringt einige ethische Probleme mit sich.“
Malachai sah vorsichtig zu ihr hinüber. „Lassen wir die ethischen Probleme erst einmal beiseite. Das ist eine wirklich verblüffende Entwicklung. Unsere Patienten
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