Der Visionist
ungehalten und dann argwöhnisch, als ervon dem Skandal las, der folgte, als Trevors jüngerer Bruder Davenport nur elf Monate später den Club übernahm und die Witwe seines Bruders heiratete.
Keiner der Briefe des heutigen Tages hatte ihn bei der Geschichte der Bewohner dieses Hauses weitergebracht oder neue Erkenntnisse über die mysteriösen Erinnerungswerkzeuge gebracht, und er hatte den Boden der Kiste erreicht. Es waren nur noch zwei Umschläge übrig.
Er nahm einen heraus, öffnete ihn, zog ein Blatt dickes beigefarbenes Papier heraus und erkannte die mittlerweile vertraute Unterschrift von Frederick L. Lennox, der mit beiden Talmage-Brüdern in regem Briefwechsel stand. Elgin hatte bereits zwei Dutzend Briefe des Finanziers und Kunstsammlers gesichtet; dieser war der fünfundzwanzigste.
Lieber Davenport!
Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den goldenen Topf am Ende des sprichwörtlichen Regenbogens gefunden habe. Wie sich herausstellt, ist er in der Tat aus Gold, Silber, Elfenbein und mehreren Edelsteinen gemacht. Serge Fouquelle, ein Archäologe, der für Marcel und Jeanne Diolafoa in Persien arbeitet (in Schusch, in der antiken Stadt Susa), hat gerade seine erste Ausgrabung beendet und eine interessante Entdeckung gemacht: Er hat eine Kiste antiker griechischer Schätze aus der Zeit des Pythagoras gefunden, die möglicherweise mit dem großen Philosophen in Verbindung stehen. Alle Anzeichen deuten darauf hin. Während ich diese Zeilen zu Papier bringe, reist Fouquelle nach New York und bringt die kolossale Skulptur eines griechischen Gottes mit, die zu erwerben ich im Begriff bin. Allen Legenden nach könnte es sich dabei um den Aufbewahrungsbehälter eines der geheimnisumwitterten Erinnerungswerkzeuge handeln.
Mit der Skulptur selbst habe ich vor, Nobles zu tun, sobald ich retten konnte, was sie in sich birgt. Vielleicht werde ich den Giganten dem neuen Museum anbieten. Fouquelles Beschreibung nach habe ich weiß Gott keinen passenden Platz für ihn.
Aber das Allerwichtigste: Vielleicht kann ich nun bald wirklich beweisen, dass Reinkarnation möglich ist. Die Welt soll wissen, dass die Seele meines Sohnes Albert tatsächlich in dem Kind weiterlebt, mit dem meine Frau und ich vor Kurzem gesegnet wurden.
Ihr
Frederick L. Lennox
„Ich wusste nicht, dass Sie noch hier sind“, sagte Malachai Samuels.
Elgin schrak zusammen und das nicht zum ersten Mal. Der Vorsitzende der Stiftung bewegte sich geräuschlos, fast schleichend.
Malachai hob die linke Hand und sah auf sein Handgelenk. „Es ist schon neun Uhr.“
„Ich habe gar nicht gemerkt, dass es schon so spät ist“, erwiderte Elgin ehrlich überrascht.
„Das muss ja sehr interessant sein.“
„Jeder Brief ist … Sie bringen mir die Vergangenheit so nah.“
Malachai nickte, als verstehe er genau, was sein Bibliothekar meinte. Er setzte sich und begann den Brief zu lesen.
Es war so still im Keller, dass Elgin Malachais Armbanduhr ticken hören konnte. Als er zu ihr hinübersah, bemerkte er, dass das viereckige Zifferblatt aus Perlmutt übergroße schwarze römische Zahlen hatte und die Metallteile aus Platin sein mussten, denn es war unwahrscheinlich, dass Malachai gewöhnlichen rostfreien Stahl trug. Das musste die siebte oder achte Armbanduhr sein, die er den Reinkarnationsexperten hatte tragen sehen.
Dem Bibliothekar entging kein Detail. Das war sein Job – auf alles zu achten, was Malachai sagte oder tat, und nie vergessen, dass der Mann, der neben ihm saß, wahrscheinlich ein skrupelloser Krimineller war, auf dessen Konto mehrere Raubüberfälle gingen und der für den Tod von mindestens fünf Menschen verantwortlich war.
Malachai stieß einen langen, tiefen Seufzer aus.
„Ist es etwas Wichtiges?“, fragte Elgin und versuchte, eine glaubwürdige Mischung von professionellem Interesse und persönlicher Distanziertheit hinzubekommen.
„Einer der faszinierendsten Aspekte der Reinkarnationstheorie ist das Konzept des Zufalls. Sind Sie damit vertraut?“
Elgin verneinte und lehnte sich in Erwartung von Malachais Erklärung zurück.
Krimineller oder nicht, Elgin interessierte sein Wissen als Reinkarnationsexper te.
„Laut historisch überlieferten Reinkarnationstheorien, die seit Jahrhunderten durch die Kulturen Verbreitung finden, geschieht nichts zufällig. Wenn wir in Asien leben würden, wäre Skepsis gegenüber diesen Momenten, die Teil eines größeren Plans zu sein scheinen, ebenso unsinnig, wie zu hinterfragen, dass
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