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Der Vogelmann

Der Vogelmann

Titel: Der Vogelmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Biergläsern saßen, wandten den sieben Detectives ausdruckslose Gesichter zu. Detective Inspector Diamond ging zum hinteren Ausgang, Detective Constable Logan überwachte die große, geschwungene Treppe mit dem glänzenden viktorianischen Geländer. Maddox warf mit dem Fuß die Tür hinter sich zu. Die Barfrau, eine Frau in den Sechzigern, so
straff wie eine Ledergerte, mit dickem blauem Lidschatten und schwarzgefärbtem Haar, stand, keineswegs überrascht, rauchend hinter dem Tresen und beobachtete sie mit glänzenden Glubschaugen.
    »Also, meine Herren.« Maddox hielt seinen Ausweis hoch. »Eine reine Routineangelegenheit. Kein Grund zur Panik.«
     
    Caffery stahl sich schnell von der Bar fort und hatte innerhalb von zehn Minuten zwei Namen von Harrisons Liste herausgefunden. Die Barfrau hieß Betty, und die heute engagierte Tänzerin, eine große, leicht reizbare Blondine mit engstehenden Augen und den Händen und Füßen eines jungen Mannes, stammte aus dem Norden und hieß Lacey.
    Sie trug Strümpfe unter einem ausgebeulten, hüftlangen roten Pullover und stäubte sich in der oberen Toilette gerade Silberglitzer auf die Wangenknochen, als Caffery, mit einem Glas doppeltem Orange-Wodka in der Hand, an die Tür klopfte. Der war Teil der üblichen Handelsbedingungen.
    »Machen Sie die Tür zu«, murmelte sie und nahm das Glas. »Hier drin ist es so verdammt kalt. Eigentlich sollte doch Sommer sein.«
    Er schloß die Tür und setzte sich auf einen kleinen Hocker in der Ecke. Lacey zog kurz an einer Zigarette, inhalierte den Rauch durch die Nase, lehnte sich gegen das Waschbecken und beobachtete ihn, während er die Neuigkeit mitteilte.
    Sie blieb gelassen.
    »So ist es mit diesen Typen«, sagte sie achselzuckend und wandte sich zum Spiegel. »Ich mache mir deswegen keine Sorgen. Ich bin sehr vorsichtig.«
    »Wir wissen, daß Sie Shellene gekannt haben.«
    »Hab’ sie alle gekannt. Was nicht heißt, daß ich ihnen getraut hätte. Oder sie auch nur ausstehen konnte.« Sie legte die Zigarette aufs Waschbecken, wo sie weiterglühte und zu den zahllosen orangefarbenen Nikotinspuren einen weiteren Flecken hinzufügte. »Man konnte seine Klamotten nicht im Umkleideraum
lassen, wenn sie in der Nähe war. Das ist das Problem mit Süchtigen. Wenn Sie mich fragen, dann sind sie deswegen über die Klinge gesprungen, weil sie auf einen Schuß aus waren und dafür mit irgendeinem verdammten Irren gebumst haben.«
    »Und Petra?«
    »Sie war keine Süchtige, also hätte sie es nie für Drogen getan. Aber das heißt nicht, daß sie mit keinem gebumst hätte. Oder?«
    »Kennen Sie die Freier hier?«
    »Ich bin nicht so oft hier.« Sie nahm wieder einen Zug aus der Zigarette und warf die Kippe unter den Wasserhahn. »Fragen Sie Pussy Willow, die tritt fast ständig hier auf. Heute ist es hier leer, aber wenn sie da ist, ist das Lokal proppenvoll. Alle sind in sie und ihre aufgeblasenen Titten verknallt.«
    »Arbeitet irgendeiner der Freier im Krankenhaus?«
    »Anwälte, Beamte, Studenten. In diesem Lokal verkehrt nicht bloß der Abschaum der Menschheit, wissen Sie?« Sie nippte an dem Wodka. »Und es kommen ein paar piekfein gekleidete Typen rein, ich glaube, es sind Ärzte oder so was.«
    Caffery nahm den Tabak aus seiner Tasche und drehte sich eine Zigarette. »Wo kommen die denn her? Die Ärzte?«
    »Von St. Dunstan drüben.«
    »Können Sie sich an irgendwelche Namen erinnern?«
    »Nein.«
    »Ist irgendeiner von ihnen jetzt unten?«
    Sie dachte einen Moment nach. »Nein. Nicht, als ich das letzte Mal nachgesehen hab’.«
    Er senkte den Kopf, um die Selbstgedrehte anzuzünden. »Danke für die Hilfe, Lacey, vielen Dank.«
     
    Am Fuß der geschwungenen viktorianischen Treppe blieb Caffery stehen und stützte seinen Arm leicht auf das abgenutzte Geländer.
    Maddox stand mit verschränkten Armen einen Schritt vor ihm und beobachtete den Raum. Die Beamten waren über das
Lokal verteilt, ihre Regenmäntel lagen zerknittert auf Hockern neben ihnen. Auf jedem Tisch lagen die vier Fotos der Mädchen gedrängt zwischen Gläsern und Aschenbechern, und runde Bierflecken sickerten durch das Papier. Diamond saß mit aufgeknöpftem Jackett da, seine Hose war nach oben gerutscht und enthüllte einen kleinen Teil seiner Socken, auf denen eine amerikanische Comicfigur, der Tasmanische Teufel, zu sehen war. Ihm gegenüber starrten ein paar Arbeiter mit gerunzelter Stirn in ihre Biergläser.
    Die Tür ging auf, und ein junger Mann in den

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