Der Vollzeitmann
Investition für ein Bidet zugestimmt zu haben, als sie seinerzeit diese Wohnung planten.
Attila fröstelte, versuchte aber mit einer neuartigen Gedankentechnik sich von seinem ausgezehrten Körper zu lösen: Nicht das Naheliegendste denken,sonderndas Vertrauteste. Attila stellte sich ein PowerPoint-Chart vor: Sechs Punkte, warum es besser war, nicht ins Büro zu gehen. Erstens würde er in diesem Zustand sein sorgsam aufgebautes Image ruinieren. Zweitens konnte er im Büro kaum alle paar Minuten aufs Klo stürmen. Drittens: Was war im Ernstfall, wenn er es tatsächlich nicht rechtzeitig schaffte? Selbst der dunkelste Anzug würde die Flecken kaum schlucken. Viertens bewies es Größe, seine Leute auch mal ohne ständige Kontrolle laufen zu lassen. Fünftens zeigte er Souveränität, weil er loslassen konnte. Sechstens war es schlauer, entspannt zum Check zu gehen und nicht gehetzt.
Ein Ruhetag würde die Ergebnisse allemal positiv beeinflussen und damit auch sein weiteres Leben. Es war also
ökonomisch richtig, heute daheimzubleiben. Diese Zwangspause hatten die Gründungspartner schon aus guten Gründen eingerichtet.
Attila fühlte sich trotzdem so unwert wie lange nicht mehr. Dieser Check heute Abend war völlig überflüssig. Vielleicht sollte er kurzfristig absagen oder, besser noch, einen Unfall fingieren. Zumal er überhaupt keine Lust hatte, Camilles Wunsch nachzukommen. Seine Frau hatte ihn gebeten, bei Professor Schneider doch mal ganz allgemein und unauffällig nach möglichen Gründen für die ausbleibende Schwangerschaft zu fragen.
Was sollte dabei schon rauskommen? War doch klar: Camille trug einen körperlichen Defekt in sich, den er bei Eheschließung leider nicht hatte vorhersehen können. Bei seiner nächsten Heirat würde Attila sich eine Frau nehmen, die bereits ein Kind zur Welt gebracht hatte, das man sich schon mal sehr genau würde anschauen können. Ein Auto kaufte man ja auch nicht ohne Probefahrt.
War ja nicht seine Schuld, wenn ausgerechnet diese Frau nicht schwanger wurde. Attila hielt es für einen weiteren Mythos der Feministinnen, dass Fruchtbarkeitsprobleme vor allem bei Männern zu suchen seien. Das war wieder so ein Psycho-Terror, mit dem die Kampflesben den Mann an sich zu entwerten gedachten. Sie wollten ihn zwingen, in eine Plastikröhre zu onanieren. Wie demütigend.
Attila war kein großer Masturbierer. Er hatte die Selbstbefriedigung nahezu eingestellt, seit seine Phantasien ihm immer unkontrollierbarer erschienen. Früher hatte es ihm vollauf genügt, sich den getragenen Slip einer Frau übers Gesicht zu ziehen. Er brauchte keine zwei Minuten, dann war er vollends erleichtert. Camilles Slips verfehlten diese Wirkung zunehmend. Offenbar gab es gerade bei Ehefrauen einen Gewöhnungseffekt, außerdem roch Camille
kaum, eigentlich fast gar nicht, was man bei einer Osteuropäerin ja auch nicht gleich erwarten würde. Aber da hatte er sich auf kein Risiko eingelassen.
Seit Attila vor ein paar Monaten, ausgerechnet auf Arte , eine Reportage über einen Klub in Manhattan gesehen hatte, ließ ihn eine neue Phantasie nicht mehr los. Die Damen dieses Etablissements hatten sich darauf spezialisiert, Banker, Analysten, Berater von der Wall Street gern auch gewalttätig zu betreuen, also seine Kollegen.
Attila war nicht klar gewesen, dass sexuelle Obsessionen in seiner Branche derart verbreitet waren. Voller Ekel und Faszination hatte er diesen grauhaarigen Herrn beobachtet, der eine Schweinsmaske über dem Kopf trug, einen sehr knappen Tanga und im Anus einen Staubwedel. In diesem Aufzug wollte der Mann an einer Hundeleine über die Wall Street geführt werden, an einem regnerischen Novembertag, auf allen vieren. Die Dame musste hohe Hacken tragen und einen schwarzen Mantel, darunter natürlich so gut wie nichts. Polizei, Gaffer, Medien sorgten dafür, dass die Nummer nie länger als ein paar Minuten dauerte. Aber diese Momente genügten, um den Herrn auf Wochen nachhaltig zu befriedigen.
Attila verfluchte sich für seine unkontrollierte Phantasie. Aber die Vorstellung, nackt und an einer Hundeleine durchs Brandenburger Tor geführt zu werden, machte ihn unendlich geil. Es war allerdings weniger das gefühlte Gefühl der Demütigung, als vielmehr das Absolvieren einer exklusiven Mutprobe. Wer sich im Tanga auf allen vieren durch die Hauptstadt zerren ließ, dem konnte man vieles vorwerfen, nur eines nicht: Feigheit.
Und das war ja genau das, was der organisierte Feminismus den
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