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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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bedeutete für Hundertzwanzig-Prozent-Eltern.
    Martin war sich auch nicht ganz sicher, ob der Kurs Norberts Entwicklung wirklich diente. Aber die Zukunftsperspektive dahinter war verlockend: Wer nachweisen konnte, dass sein Kind auch soziale Kompetenzen entwickelte, der hatte deutlich bessere Chancen von Nobels Nest aufgenommen zu werden, dem mit Abstand besten Kindergarten der Stadt. Otto hatte das Pech, dass er nur Marie-Albert in seiner Vita würde vorweisen können. Wenn Norbert dagegen mit Nobels Nest startete, war sein Leben auf einem sehr guten Gleis. Dafür konnte er einmal die Woche auch mit Mongos schwimmen. Immerhin mussten sie nicht unter Wasser auch noch Pekip machen und dabei auf Orffschem Holz trommeln.
    Norbert prustete Pastinaken, pupste vernehmlich,meckerte
und begann genau in dem Moment ganz fürchterlich zu stinken, als der Anruf von der Agentur kam. »Ja, hallo«, sagte Martin, »steht der Termin für das Brainstorming?«
    Die Team-Assistentin antwortete irgendwas, aber Martin musste das iPhone vom Ohr nehmen, da Norbert gerade strampelte. Die Blicke der Umsitzenden töteten ihn: Rabenvater. Das Kind schreit, aber dieses Karriereschwein telefoniert. Und setzt das arme Baby auch noch der Handystrahlung aus. Die Pastinaken waren bestimmt auch nicht bio genug. Klare Sache: Hier wuchs ein Amokläufer heran.
    »Warum funktionieren die meisten Frauen eigentlich immer erst mit Drohungen?«
    »Nee, du, ich komme gern«, rief Martin ins iPhone , während Norbert ihm seinen stinkenden Hintern ins Gesicht drehte und beinahe auf die Steinfliesen fiel. Martin schnappte das Kind am Nacken und hielt das Telefon für eine Sekunde ans Ohr.
    »… brauchst du nicht - hat der Chef auch gesagt. Kümmer dich mal ganz um deine Familie …«, hörte er die Assistentin sagen.
    »Aber ich komme gerne«, beharrte Martin.
    Die anderen Gäste sahen aus, als seien sie kurz davor, die Polizei zu rufen.
    »Brauchst du aber wirklich nicht«, bekräftigte die Assistentin.
    Verdammt noch mal, hatte diese dämlich grinsende Telefonmaus denn keinerlei Respekt mehr vor ihm, seit er in Elternzeit war? Wenn er klar sagte, er käme gern, dann hatte
sie gefälligst alles möglich zu machen, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Norbert pupste lauter und schrie mit pastinakenerstickter Stimme. Die Frau am Nebentisch erhob sich kopfschüttelnd und verließ das Lokal. Wahrscheinlich rief sie die Bullen. »Ich sage es jetzt zum letzten Mal in aller Klarheit: Ich würde gern dabei sein«, wiederholte Martin in einem Ton, dessen Schärfe erkennen lassen sollte, dass es sich hier ab sofort um eine dienstliche Anordnung handelte. Endlich kapierte die Assistentin. Sie schwieg lange. »Achtzehn Uhr«, sagte sie dann.
    Na endlich, dachte Martin. Warum funktionieren die meisten Frauen eigentlich immer erst mit Drohungen?

    Vergnügt hörte Attila, was sein Kollege Jaspers aus der Firma berichtete. Die Bindinger hatte sich heute blamiert, aber wie. Sie hatte einen großen Kunden aus dem Maschinenbau verloren, nicht sie persönlich, aber ihr Team. Bei Wesley sprachen alle über nichts anderes. Tschakka.
    Attila hätte jetzt bei den Partnern anrufen und noch ein bisschen in der Wunde stochern können; er hätte auch die Bindinger anrufen und Mitleid heucheln können. Doch er beschränkte sich darauf, einen alten Freund in London anzurufen und ihn auf Bindingers Fiasko hinzuweisen. Auf den war Verlass: Er verbreitete jede News in Echtzeit. So würde Bindingers Reputation untergraben, er hatte sich aber nicht die Finger schmutzig gemacht.
    Ein herrlicher Tag, dachte Attila, während er noch einmal etwas genauer den Schreibtisch von Camille inspizierte. Vielleicht fand er ja doch noch einen Hinweis darauf, was seine Frau eigentlich vorhatte mit diesem Rückführungsspuk in San Francisco. Sie schien es jedenfalls ernst zu
nehmen. Als er neulich mal scherzhaft »Kleopatra« zu ihr sagte, hätte sie ihm fast die Augen ausgekratzt.
    Camille hatte Architektur studiert, was für Attila ein wesentliches Ausstattungsmerkmal gewesen war. Nur nichts aus der eigenen Branche, sondern gedankliche Breite zeigen. Lange dachte Attila, er käme ohne Frau an die Spitze. Vor fünf Jahren hatte er sich einen Hund zugelegt, den die Kollegen auch ganz süß fanden. Aber in mehreren Führungskräfte-Seminaren war das Thema Ehe und Familie angesprochen worden. Resultat: Hund reicht nicht. Attila hatte sich daraufhin in mehreren Online-Börsen umgeschaut.
    »Lange dachte Attila, er

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