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Der Vollzeitmann

Titel: Der Vollzeitmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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Doppelgötter zu zeugen. Er würde Camille ein Kind machen, größer und mächtiger als je ein Baby zuvor. Attila glaubte fest an die Technik der Autosuggestion. Die Welt war so, wie man sie sich dachte. Er durfte nicht eine Sekunde lang an seiner Mission zweifeln, erst recht nicht an seinen überirdischen Fähigkeiten. Er würde Camille seinen Samen bis in die letzte Windung ihres Körpers sprühen, ganz einfach.
    Er hatte keine ernsthaften Erektionsprobleme. Aber vielleicht sollte er zur Sicherheit doch noch eine Porno-DVD besorgen, egal was, Hauptsache Frauen, die wie Frauen aussahen. Die Pay-TV-Filme in Hotels machten ihn immer besonders scharf; er wollte dieses Zeug allerdings nicht zu Hause rumfliegen haben. Wenn die Putzfrau eine solche DVD fand, war er erpressbar bis an sein Lebensende. Halb Amerika war über irgendwelchen Sex-Kram gestolpert.
    Attila überlegte, wie er sich für den entscheidenden Moment zuverlässig stimulieren konnte. Er fühlte sich wie ein Hengst vor dem großen Championat; wie Muhammad Ali vor dem wichtigsten Kampf seiner Karriere; wie Franz Beckenbauer vor dem WM-Finale 1974. In jedem Leben gab es drei, vier Duelle, die man unbedingt gewinnen musste. Hier entschied sich ein ganzes Leben - Held oder Niete. Hätte dieses erdbeerblonde Bürschchen nicht gleich sein erstes Wimbledon-Finale gewonnen, wäre er vielleicht ein guter Tennisspieler geworden, aber nie der einzigartige Boris Becker. Es waren die Big Points, die ein stinknormales Leben in einen Mythos verwandelten: Heute Nacht würde er im Ring stehen, ganz allein, ohne Team, ohne Assistenz, sogar ohne Blackberry . Erklärungen, Ausreden, Entschuldigungen wollte keiner hören. Er allein musste Leistung
bringen, niemand anders. Aber auch er allein würde den Ruhm einheimsen.
    Attila machte sich auf zum Klo. Der verdammte Espresso jagte immer noch wie eine Achterbahn durch seine Darmkurven. Er würde dem Professor den saubersten Verdauungstrakt seiner Mediziner-Karriere präsentieren.

17 UHR

    Heute gab Angelika aus der Zentrale ihr kleines Fest; sie war aus der Mutterschaft zurückgekehrt. »Mutterschaft«, das klang wie »Gefangenschaft«. Alle trafen sich im Küchenbereich. Mindestens zwei Dutzend Kollegen waren schon da, Moët & Chandon wurde ausgeschenkt. Wie konnte sie sich den leisten? Dazu hatte der Chef ein teures Buffet spendiert, da ließ er sich nie lumpen. Angelika sah sehr süß aus, mit den leicht geröteten Wangen vom ersten Glas Schampus. Lars hatte vor ein paar Wochen irgendwas unterschrieben, eine Glückwunschkarte zur Geburt anscheinend.
    Mütter! Er sollte die Finger davon lassen. Er wollte eigene Kinder, später. Aber die Brut anderer großziehen? Da protestierte seine DNA. Außerdem fühlte er sich in fremden Wohnungen nicht wohl, die nach einem richtigen Zuhause aussahen. Er dachte dann an sein Dach, sehr cool, aber nicht so richtig eingewohnt. Lars fühlte sich schlagartig depressiv. Er war fast einundvierzig. Keine Frau, kein Kind. Was wollte er eigentlich? Egal.
    Auf dem Tisch in der Mitte stand ein Foto von so einem süßen Sabber-Fratz - Angelikas jüngster Wurf. Lars umarmte Angelika innig. Sie roch immer noch gut, fast so gut wie vor drei Jahren, als sie angefangen und er sie nach Dienstschluss auf einen Drink mitgenommen hatte, weil sie in dieselbe Richtung musste. Sie war damals gerade erst
hierher gezogen und recht einsam, das hatte Lars sofort gespürt und hemmungslos ausgenutzt. Damals fand er sich gut. Der Abend war billig: ein Dinner bei seinem Lieblings-Italiener Enrico, der ihn immer wie einen alten Freund begrüßte, was Frauen offenbar beeindruckend fanden. Dann eine Flasche Rotwein bei Kerzenschein, tiefe Blicke, vor dem Essen ein kleiner Aperitif, danach Grappa aufs Haus - schon war Angelika sturmreif geschossen.
    Im Auto hatte er ihr schon zwischen die Beine fassen dürfen. Im Dachgeschoss hatten sie es nicht mal mehr bis zum Sofa geschafft, und das alles für vielleicht vierzig Euro - so einfach hatte er es nicht mehr oft gehabt seitdem. Wie oft hat er das volle Programm abgespult, alles bezahlt, den guten Zuhörer gemimt und seine weichste Seite gezeigt, um dann doch alleine ins Bett gehen zu müssen. Egal.
    Ein paar Monate lang hatten sie sich getroffen. Lars hatte ihr dann erklärt, dass die Liaison nicht mit seiner Position zu vereinbaren sei. Ein paar Tränen, sie hatte sich natürlich gleich verknallt. Und offenbar hatte sie die Geschichte überall im Büro herumerzählt.
    Vor

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