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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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zehn Pfund Pfennige zahlen. Das verdient der seiner Lebtag nicht. Die Vornehmen sind doch noch ärgere Lumpen als die Heckenreiter und Strauchdiebe. Und wenn so ein reicher Tunichtgut fast den Richter erschlägt, dann darf er übers Jahr für ein Spottgeld und eine Handvoll Ziegel schon wieder die Luft verpesten in dieser Stadt.«
    »Schrei nicht so!« versuchte Peter ihn zu mäßigen. »Könnt’ dir viel Ärger bringen.«
    »Ich sag’ nur wie’s ist«, wetterte Paul munter weiter. »Es stinkt doch zum Himmel, und der da oben schaut zu. Und seine cani… dings, seine…«
    »… Dominikaner«, sprang Peter hilfreich ein.
    »…ja, diese Spürhunde des Sündenfalls, die wollen uns dauernd weismachen: Vor Ihm sind alle gleich. Von wegen!«
    »Das gilt fürs Jüngste Gericht, Paul, nicht für das Recht auf Erden.«
    »Pah!« urteilte Paul verächtlich und rülpste besiegelnd.

22. Kapitel
     
    Peter erwachte früh, und Sorgen trieben ihn um. Er hatte das dringende Bedürfnis, das, was er zuletzt in Erfahrung gebracht hatte, mit dem Richter zu besprechen und sich dabei zu vergewissern, ob er in seiner neuerlichen Einschätzung Konrad Dieners richtig lag. Es schien ihm für den Fortgang der Ermittlungen von entscheidender Bedeutung, ob er ihm trauen dürfe, und wie sollte er auch ohne dessen Hilfe weiterhin dem Rabenecker oder den Pütrichs auf den Pelz rücken?
    Wenn Peter geglaubt hatte, der Richter werde ihn mit offenen Armen empfangen, nachdem er doch erst unlängst wieder das Gespräch mit ihm und Paul gesucht hatte, dann wurde sein Glaube nun auf eine harte Probe gestellt. Konrad Diener ließ ihm ausrichten, er habe keine Zeit, und wer etwas von ihm wolle, der möge doch zur Amtszeit im Rathaus vorsprechen. Peter war nicht enttäuscht, er war wütend.
    Es war schon gegen Mittag, als Konrad Diener endlich seine Amtsstube verließ und dies anscheinend zu dem Zwecke, zu Hause zu prüfen, was ihm die Wirtschafterin diesmal auf den Tisch brächte. Peter trat ihm nun beherzt in den Weg, suchte seinen Ärger über das lange Warten zu verbergen und drängte auf eine sofortige Unterredung.
    »Ihr seid wie eine Klette«, schimpfte der Richter und fragte im Weitergehen mürrisch, worum es sich denn diesmal handle.
    »Ich habe wichtige Neuigkeiten«, sprudelte Peter hervor. »Ihr wißt schon, wegen der Morde.«
    Der Richter hielt kurz inne: »Wie? Noch immer die alte Geschichte? Ihr solltet Euch doch raushalten!«
    Peter ging auf den Vorwurf gar nicht erst ein, sondern nahm den Lederbeutel von seinem Gürtel, ließ das Siegel auf seine Hand fallen und fragte keck: »Erkennt Ihr dies?«
    Der Richter stutzte.
    »Natürlich! Wo habt Ihr das her?«
    Peter schaute den Richter herausfordernd an. »Das bedarf eines längeren Gesprächs.«
    Kurz darauf fand er sich am Mittagstisch Konrad Dieners bei einem Teller heißer Suppe, was er so nun auch wieder nicht erwartet hatte. Peter schilderte ausführlich, wie Perchtold an das Siegel geraten und anschließend entführt worden war, und war dankbar für jede Unterbrechung durch Konrad Diener, während der er ein paar Löffel Suppe einschieben konnte. Als in Zusammenhang mit der Mühle der Name Heinrich Rabenecker fiel, da horchte der Richter besonders auf.
    »Wer sagt Ihr? Der Rabenecker?«
    »Ja. Ich vermute, er hat etwas mit der Sache zu tun, obwohl er’s bestreitet.«
    »Könnt’ mir’s gut denken«, sagte der Richter mehr zu sich selbst und fügte leise hinzu: »Erwisch’ ich ihn also doch noch, den Strolch.«
    »Wie?«
    »Ich meine, warum seid Ihr nicht gleich zu mir…?«
    »Ich wollte ja«, begehrte Peter auf, »aber…«
    »Jaja, schon gut«, würgte der Richter Verteidigung und Vorwurf ab.
    »Könnt Ihr mir denn wenigstens endlich sagen, was es mit diesem Ding auf sich hat?« fragte Peter, nestelte dabei die rotbraune Wachsscheibe wieder hervor und legte sie mitten auf den Tisch.
    »Das kann ich wohl«, gab Diener ihm zur Antwort, nahm dabei behutsam die fragwürdige Scheibe auf und betrachtete sie sorgfältig.
    »Es ist das Siegel unseres Herrn Königs.«
    Peter ließ fast den Löffel fallen und schluckte trocken.
    »Des Königs?« fragte er ungläubig nach. »Unseres Königs?«
    »Gewiß doch«, bestätigte Diener. »Kein Zweifel.«
    »Aber da steht doch etwas von einem König der Römer. Das begreife ich nicht.«
    »Es ist ein Titel.« Konrad Diener lächelte nachsichtig.
    »Da steht noch etwas. Ich kann’s nicht lesen.« Peter deutete mit dem Löffel auf die zerkratzte

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