Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
Vom Netzwerk:
diesem Gedanken festhielt. Er wollte aber wissen, was Peter in seiner Annahme so sicher machte.
    »Ich habe mit Konrad Orlos gesprochen und mit Bruder Servatius, einem gelehrten Franziskaner, der sich mit Teufel und Zauber gut auskennt.«
    »Mit wem in dieser Stadt habt Ihr eigentlich noch nicht gesprochen?« fragte der Richter halb erstaunt, halb belustigt.
    »Mit den Juden selbst und mit ihrem Meister«, antwortete Peter keck.
    »Ah! Und was versprecht Ihr Euch davon?« Konrad Diener selbst hatte zwar behauptet, er wolle den Juden auf den Zahn fühlen. Aber dies erschöpfte sich im Aufstellen zweier Wachposten an Ein-und Ausgang der Judengasse.
    »Sie werden der Zauberei beschuldigt und angeblich verstehen sie auch was davon«, erklärte Peter. »Also will ich mich kundig machen, um dem Zauber damit auf die Spur zu kommen.« Was so einfach klang, war es beileibe nicht, und Peter hatte das Gespräch bislang auch hinausgeschoben, weil ihm selbst nicht ganz wohl dabei war.
    »Ein gefährliches Unterfangen«, urteilte denn auch der Richter, aber insgeheim bewunderte er die Hartnäckigkeit des jungen Burschen, der sich anscheinend nicht beirren ließ.
    »Tatsache jedenfalls ist«, faßte Diener nun zusammen, »daß wir noch immer mehr einem Blinden gleichen, als auch nur einäugig einer Lösung zuzustreben. Einerseits wiesen die Morde viel Ähnlichkeit auf, und diese verfluchten Psalmen sind so etwas wie ein Bindeglied. Andererseits kommt es mir so vor, als suchten wir Dinge zu verbinden, die nichts miteinander zu tun haben. Da sind zunächst Überfälle oder Einbrüche, die sehr wahrscheinlich nur der persönlichen Bereichung dienen. Da geht es um lange währenden Haß und persönliche Rache und möglicherweise gar um Verrat. Und zur Abrundung wird über alles eine gehörige Prise Zauberei gestreut. Wie wenn ein verrückter Koch Gemüse und Kröten in einen Kessel wirft und mit geheimen Sprüchen und Essenzen würzt. Heraus kommt eine giftige und trübe Brühe, die keiner mehr durchschaut…«
    »… und die höchst unbekömmlich ist«, ergänzte Peter. Aber wie, mit Verlaub, wollt Ihr jetzt weiter vorgehen?
    »Nun«, begann der Richter laut zu überlegen. »Euer erster Schritt führte in die Höhle des Löwen. Warum nicht nochmals dort beginnen? Wollen sehen, ob wir zu zweit vielleicht mehr ausrichten.«
    »Wir?« fragte Peter ungläubig und kratzte sich verdutzt am Kopf.
    »Sicher«, bestätigte der Richter, »Ihr und ich gehen morgen zu den Pütrichs. Seid also um die dritte Stunde hier!«
    Als Peter nach einer Weile noch immer der Mund offenstand und Verlangen nach mehr Suppe der Grund dafür kaum sein konnte, fragte Konrad Diener: »Ist noch was?«
    »Äh, nein. So soll’s denn gelten!« bekundete Peter seine Bereitschaft, dankte für das Mahl und verabschiedete sich.
    An der Lände empfing ihn ein etwas ungehaltener Paul.
    »Wo steckst du denn die ganze Zeit?«
    Als er auch noch erfuhr, daß Peter beim Richter war und sogar mit ihm gespeist hatte, nörgelte er: »Habt ihr wenigstens das verdammte Rätsel gelöst, damit man wieder seine Ruhe hat? Oder habt ihr nur gefressen und schlau wie die Raben geglotzt, während unsereiner schuftet?«
    Ohne darauf einzugehen, platzte Peter mit der Neuigkeit heraus: »Hör zu, der Richter will morgen mit mir zu den Pütrichs gehen. Er hat endlich angebissen. Glaub mir, jetzt kommt Bewegung in die Sache!«
    »Pah!« schnaubte Paul verächtlich. »Daran glaub’ ich erst, wenn dem Pfeffersack das Fell gewendet wird. Bist du nun wenigstens auch das Siegel los, oder muß ich es eigenhändig ans Rathaus nageln?«
    »Natürlich, alter Griesgram!« Mit Paul war jetzt nicht vernünftig darüber zu reden. Peter klopfte dem Freund versöhnlich auf den Rücken und stürzte sich in die Arbeit.
    Abends saßen sie bei einem Krug Bier zusammen, und nun zeigte sich auch Paul wieder interessiert. Es war zwar noch kein rechter Durchbruch gelungen, aber wenigstens war jetzt auch Konrad Diener auf die Richtung eingestimmt, in der die beiden schon von Anfang an gewittert und Spur aufgenommen hatten. Und die Geschichte mit dem Siegel war fast wie eine Urkunde darauf, daß der Richter nun ganz auf ihrer Seite stand. Jetzt konnte man die Dinge viel energischer angehen, und Peter war soweit zufrieden, zumal er den Eindruck hatte, daß auch die Agnes wieder näher an ihn heranrückte, wenn sie sich zu ihnen setzte, und sie tat es an diesem Abend ziemlich häufig.
    »Wer ist denn nun der Lump, der alle

Weitere Kostenlose Bücher