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Der Wachsmann

Der Wachsmann

Titel: Der Wachsmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Rötzer
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die Morde verdächtig?«
    Während Paul und Agnes kopfschüttelnd verneinten, hatte Peter plötzlich die Szene auf der Dult wieder vor Augen. Hatte sie es womöglich absichtlich darauf angelegt, ihn abzulenken, damit die Halunken über Perchtold herfallen konnten? Es ging schließlich um das Siegel, das mit gewisser Sicherheit ihr Vater einst dem Konrad Diener entrissen hatte. War sie Mitwisserin in einer Verschwörung?
    »Aber auf der…« hob er an und verstummte ebenso abrupt. Paul und Agnes schauten ihn fragend an. »Ja?«
    »Ach, nichts weiter.« Peter würde den Teufel tun und vor Agnes zugeben, daß er sich damals von der hübschen Maid hatte einwickeln lassen. Er notierte daher bloß im Geiste: Hat sehr wahrscheinlich mit dem Verschwinden Perchtolds zu tun gehabt. Ist höchst gerissen. Vorsicht!!!
    »Kommen wir zum Rabenecker selbst«, drängte Peter. »Er hat eine Mühle gepachtet, in der merkwürdige Dinge vor sich gehen, von denen er nichts wissen will.«
    »Das Schwein hat meinen Buben entführt!« rief Agnes.
    »Entführen lassen«, korrigierte Peter, »und das nur aller Wahrscheinlichkeit nach.«
    »Ich bin mir sicher«, ereiferte sich Agnes, »ganz sicher! Der Kerl hat doch schon einmal so gefehlt, daß er gleich aus der Stadt gewiesen wurde. Und er wird’s wieder tun. Er ist gefährlich.«
    »Du magst ja recht haben«, unterbrach Peter sie, »und wahrscheinlich hat er sogar noch mit dem Überfall auf Jakob und auf mich zu tun. Aber wir wissen es bislang einfach nicht sicher und können es schon gar nicht beweisen.«
    »Tatsache ist«, konstatierte Paul nun ganz nüchtern, »daß er ausgewiesen und verbannt wurde. Und es sollte mich nicht wundern, wenn er deshalb noch tiefen Haß gegen so manchen in der Stadt mit sich trägt. Selbst der friedfertige Jakob hat ja entsetzlich wider die Pütrichs geflucht. Und dieses verdammte Siegel dürfte in der Angelegenheit eine gewichtige Rolle spielen, sonst hätten sich nicht so viele mit allen Mitteln darum bemüht. Die Frage ist nur: Was führt der Kerl neuerdings im Schilde?«
    »Und haben die Morde schon etwas damit zu tun?« fragte Peter ergänzend.
    »Wahrscheinlich ist er auf unserer Liste der aussichtsreichste Anwärter für den Strick«, stellte Agnes mit einer gewissen Befriedigung fest.
    »Den Schuster sah’ ich gern daneben«, schwelgte Paul in Vorfreude.
    »Er ist ein übellauniger Widerling, der mit fast jedem im Streit liegt, zugegeben. Und er hat eine fragwürdige Beziehung zu Birgit Pütrich«, führte Peter aus. »Aber reicht das schon, um ihn des mehrfachen Mordes zu verdächtigen?«
    »Es reicht ja schon einer, und Leonhart könnte sehr wohl mit einer Ahle erstochen und so übel zugerichtet worden sein«, behauptete Paul.
    »Schon wahr«, erwiderte Peter, »aber es könnte auch jemand anderer getan haben, um den Verdacht auf ihn zu lenken. Denk nur an die Hacke vom Jakob!«
    »Hm. Aber er wohnt beim Rabenecker und hat irgendwie mit ihm und den Pütrichs zu tun. Und wenn er nur Mitwisser oder Handlanger bei irgendeiner größeren Schurkerei ist.« Paul war von der Schuld oder zumindest Mitschuld des Schusters ziemlich überzeugt.
    »Wir haben nun einige, die uns wenig verdächtig erscheinen, und andere, die es in hohem Maße sind«, resümierte Peter. »Wenn wir davon ausgehen, daß die verschiedenen Morde keine Einzelfälle sind, sondern in irgendeiner Weise in Verbindung stehen – was nicht zuletzt durch die Psalmen sehr wahrscheinlich ist –, dann stellt sich doch die Frage: Was verbindet die Verdächtigen untereinander? Und zwar über die Nähe, gemeinsames Wohnen oder verwandtschaftliche Bindung hinaus.«
    »Mir fällt dazu am ehesten ein, daß sowohl der alte Pütrich als auch der Schuhflicker ständig an den gegenwärtigen Verhältnissen zu nörgeln haben und von früher, von alter Ordnung und von glorreicher Vergangenheit faseln.«
    »… und daher wohl am liebsten die alten Verhältnisse wieder herstellen möchten, was aber nicht geht, ohne auch die Obrigkeit entsprechend auszutauschen«, brachte Peter Pauls Überlegungen auf den Punkt.
    »Und das betrifft dann zunächst den Rat«, fuhr Paul mit selten ernster Miene fort, »und wer weiß, vielleicht sogar den König.«
    »Puh!« stöhnte Agnes. »Glaubt ihr wirklich, daß die Dinge so weit reichen und die Mörder so vermessen sind? Das wäre doch Hochverrat!«
    »Es steht zu befürchten«, stützte Peter die Vermutung seines Freundes. »Welche Rolle dabei der Rabenecker spielt, ist

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