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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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ihr, dass es noch nicht ganz sieben war. Sie rechnete sich aus, dass sie spätestens um halb fünf aus der Stadt los, in Richtung Sporthalle gelaufen sein musste. Ungefähr um Viertel nach sechs war sie mit Konrad losgefahren. Also gab es eine Lücke von hundertfünf Minuten, nicht ganz zwei Stunden. Sie war aber mindestens zweimal auf der Couch eingeschlafen. Es kam ihr vor wie Stunden, die sie da gelegen hatte. Was konnte also so Aufregendes passiert sein in der kurzen Zeit zwischen dem Weg zum Training und dem ersten Erwachen auf dem fremden Sofa?
    Leise klopfte es an Jennys Zimmertür.
    « Hier hab ich dir eine Wärmflasche gemacht », sagte ihre Mutter und kam zu ihr ans Bett.
    Sie wickelte ein Handtuch um die Wärmflasche und steckte sie Jenny unter die Decke an die Füße. Dann setzte sie sich an den Bettrand und strich ihr liebevoll über die Stirn. « Wie geht’s deinem Kopf? »
    « Ganz gut. Nur müde bin ich », antwortete Jenny.
    In Momenten wie diesen, wurde ihr klar, warum sie ihre Mutter so sehr liebte. So sehr an ihr hing, trotz der Streitereien.

    Jenny steht vor dem Messeplatz, schaut nach rechts zu einem Jungen. Sie kennt ihn. Er leuchtet wie ein überdimensionaler, grüner Ballon. Sie weiß, dass er in Gefahr ist. Plötzlich ist er fort. Sie eilt ihm nach, aber sie kann ihn nicht finden. Sie hat schreckliche Angst um ihn. Da, ein grünes Licht zwischen dem Buschwerk. Sie stürzt an die Seite des Jungen, wirft die Last von ihrem Rücken. Sie ist bereit. Der Mann starrt sie belustigt an. Findet es witzig, dass sie glaubt, den Jungen vor ihm schützen zu können. Ein waberndes, transparentes Schutzschild baut sich vor ihr auf. Zunächst sieht sie dadurch alles etwas verschwommen. Dann fokussiert sie das Gesicht des Mannes und es erscheint ihr auf dem Schild, wie durch eine Lupe betrachtet. Sie sagt etwas zu dem Mann, woraufhin ihm sein Grinsen aus dem Gesicht fällt. Es wackelt um sie, blinkt schmerzend vor ihrem Auge auf, sie schleudert durch die Luft, knallt mit dem Kopf irgendwo gegen. Das nächste, was sie hört ist: « Du solltest doch auf sie aufpassen! »
    Wer sollte auf wen aufpassen? Ihr Verfolger aus der Stadt!
    Ihr Kopf schmerzt. Was ist mit dem Jungen passiert? Der Junge! Sie spürt eine Hand über ihren Arm streichen. Die Matratze ihres Bettes senkt sich etwas, als setze sich jemand neben sie. Eine starke, große Hand hält schließlich ihre fest und streichelt sie.
    « Der Junge! », hört sie sich selbst. Sie versucht, zu blinzeln. Wieder wird sie durch die Luft gewirbelt. Knallt gegen etwas Hartes.
    « Mein Gott der Junge! »
    Jenny schreckte aus dem Schlaf. Hektisch tastete sie nach dem Schalter ihrer Nachttischlampe und knipste das Licht an. Niemand saß auf ihrem Bettrand. Sie war allein.
    Oh mein Gott, der Junge!
    Hastig sprang sie aus dem Bett und riss ihre Jeans vom Schreibtischstuhl. Sie war gerade dabei, sich das Nachthemd über den Kopf zu ziehen, als sie wieder klarer wurde.
    Was mach ich hier eigentlich?
    Wo wollte sie hin, mitten in der Nacht? Es war doch nur ein Traum gewesen.
    « Nein, war es nicht! Diesmal war es kein Traum », sagte Jenny laut, als würde es so mehr Gültigkeit bekommen.
    Es war eine Erinnerung!
    Eine Erinnerung an das, was am Abend geschehen war. Die Erkenntnis traf Jenny wie ein Komet. Ergebend ließ sie sich auf ihr Bett fallen.
    Das ist verrückt!
    Sie hatte einen seltsamen Dunstschild produziert. Genau so wie in ihren Träumen. Es war keine Sehstörung! Es war echt!
    « Du bist durchgeknallt, Jenny! Ganz und gar durchgeknallt! »
    Jenny brach so heftig in Tränen aus, dass es sie schüttelte. Sie konnte ein lautes Schluchzen nicht zurückhalten. All die Ängste, Sorgen und Erlebnisse der letzten Monate kamen aus ihr heraus geflutet. Wie mühevoll sie sich logische Erklärungen für ihre Störungen konstruiert hatte. Dabei gab es keine. Sie war verrückt! Schlicht und ergreifend! Ihre Zimmertür flog auf. Jenny verstummt erschrocken. Simone stand mit einem Ausdruck des Entsetzens auf dem Gesicht vor ihr.
    « Was ist passiert », rief sie.
    Sofort stimmte Jenny wieder in ihr Klagen ein.
    « Ich hab schlecht geträumt », spuckte sie zwischen zwei Schluchzern aus.
    Erleichtert stieß Simone die Luft aus und ihr Körper entspannte sich. « Na Gott sei Dank! Ich bin vielleicht erschrocken! »
    Jetzt weinte Jenny nur noch mehr.
    Was heißt hier: Gott sei Dank! Ich bin verloren! Auf immer und ewig!
    Simone zog Jenny vom Bett hoch und nahm sie fest in

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