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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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die Arme. « Schwesterherz, es war nur ein Traum! »
    Dafür hätte Jenny alles gegeben.

8. Kapitel

    Jenny war es unmöglich gewesen, noch einmal einzuschlafen. Entsprechend niedergewalzt fühlte sie sich morgens. Simone musste es ähnlich gehen. Aber sie beklagte sich nicht.
    « Wir sind mal wieder viel zu spät dran », war das einzig Nörgelige, was Simone von sich gab. « Naja, so werden wir wenigstens wach, wenn wir zum Bus rennen. »
    Verschlafen schnappte Jenny sich ihren Rucksack und eilte Simone hinter her.
    « Endlich wieder Schule! », sagte Simone, als sie im Bus saßen. « Mein Ausbilder ist ein solcher Tyrann. Da ist die Berufsschule eine echte Erholung. Aber ich will nicht jammern. Ich kann froh sein, dass ich überhaupt eine Ausbildungsstelle gekriegt habe mit meinem schlechten Zeugnis. »
    Das Stimmengewirr der vielen Schüler dröhnte Jenny in den Ohren. Sie verkroch sich so weit sie konnte in ihrer Jacke und dem Sitzplatz. Ihr war nicht nach Gesprächen und Gelächter. Der einzige Grund, warum sie heute in die Schule ging, war die Verabredung mit Ruth. Wenn sie krank zu Hause geblieben wäre, hätte ihre Mutter sie nachmittags nicht aus dem Haus gelassen. Aber sie brauchte Antworten und Ruth konnte sie ihr vielleicht geben.

    Jennys erster Blick auf dem Weg ins Schulgebäude fiel hinauf zu den Treppen. Konrad war nicht zu sehen.
    Die Unterrichtsstunden zogen sich wie Kaugummi. Zeitweise konnte Jenny kaum die Augen aufhalten, so müde war sie. In der großen Pause blieb sie lange im Klassenzimmer sitzen. Erst kurz vor Ende ging sie auf den Schulhof. Konrad stand oben an der Straße zwischen ein paar seiner Mitschüler. Eher hätte Jenny sich den kleinen Finger abgebissen, als dort hinauf, an Yvonne und ihren Lästerfreunden vorbei, zu ihm zu gehen und ihn anzusprechen. Sie würde ihm nach der Schule einfach folgen. Er wusste ja, dass sie mit Ruth verabredet war. Ruth musste seine Mutter sein. Oder was sonst hatte er dort zu suchen. Andererseits nannte er Ruth beim Vornamen. Das taten Eva und Karl allerdings bei ihren Eltern auch. Vielleicht war es ja in den oberen Klassen modern.
    Das Ende der letzten Schulstunde rückte näher und Jenny rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her. Bald würde sie erfahren, wie sie gestern auf die fremde Couch gekommen war. Und hoffentlich auch, was davor geschehen war. Nach dem Läuten verließ sie die Schule. Sie würde sich ganz oben auf den letzten Treppen positionieren, um Konrad abzupassen.
    Direkt vor dem Eingang, neben einem der Betonpfeiler, stand Rene zwischen einer Gruppe von Mitschülern. Natürlich war Yvonne in seiner Nähe.
    Obwohl Jenny seit Wochen nicht mehr nach Rene geschaut oder über ihn nachgedacht hatte, rechnete sie damit, dass dumme Sprüche aus dem Haufen zu ihr herüber schallen würden.
    Jenny tat so, als würde sie sie gar nicht bemerken und schaute stur zu Boden. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass die Leute um Rene, ihn mit dem Ellbogen anstießen und belustigt auf Jenny deuteten. Yvonnes Angewohnheit, Jenny in der Öffentlichkeit bloßzustellen, war offenbar ansteckend.
    Ganz toll! Schnell weg!
    Plötzlich trat eine große Gestalt zwischen ihnen hervor und stellte sich Jenny in den Weg.
    Konrad!
    Mit der einen Hand hielt er seine lederne Schultasche. Die andere hatte er locker in die Manteltasche gesteckt. Einen Moment sahen er und Jenny sich wortlos an. Mit keinem Blick beachtete Konrad die Runde, aus der er hervorgetreten war, so als gäbe es nur noch Jenny und ihn.
    « Kommst du? », fragte er sie.
    So laut, dass alle es hören mussten.
    « Mhm. » Jenny nickte und versuchte ihre Überraschung zu verbergen.
    Konrad drehte sich um und ging über den Schulhof. So wie Moses das Meer geteilt hatte, teilte Konrad nun die staunenden Schülergruppen, als er durch sie hindurch schritt. Jenny folgte ihm, eins mit seinem Schatten. Klein und zierlich kam sie sich darin vor. Vereinzelt konnte sie fassungslose Blicke ihrer Mitschüler wahrnehmen, als sie, Jenny Krastl, mit Konrad Lacroix, so als gehörten sie zusammen, das Schulgelände verließ.
    Jenny hatte am Vorabend keinen Gedanken daran verschwendet darüber nachzudenken, wo genau das Haus stand, in dem sie wach geworden war. Sie war so sehr damit beschäftig gewesen darauf zu achten, nicht über ihre eigenen Füße zu stolpern, dass sie der Umgebung, beim Verlassen des Hauses, keinen Blick geschenkt hatte. Zu ihrer Verwunderung stellte sich heraus, dass sie nur ein Stück entgegen der

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