Der Waechter
schlimmsten Fall sterbe, wenn mich ein Dunkler in die Finger bekommt!? »
Samuel hob abwehrend die Hände: « Langsam! Nur nicht zu schwarz sehen. Du brauchst keine Angst haben. Wir sind immer in deiner Nähe. Wir alle haben ein Interesse daran, dass du dein Fragment behältst. Deine Fähigkeiten in Händen der Dunklen … nicht auszudenken! »
« Na ihr habt leicht reden! » Sie musste um ihr Leben fürchten!
Aber langsam nahm alles Gestalt an. Es war ein ausgeklügeltes System, hinter dem ein höherer Sinn zu stehen schien und das im Gleichgewicht bleiben musste. « Und was sind nun die Gesandten? », fragte sie das Erstbeste, was sie auf andere Gedanken bringen konnte. « Du sagtest sie seien eine andere Fragmentform? »
Samuel nickte. « Die Gesandten sind Fragmente, die wesentlich größer sind, als die der Beseelung von Lebewesen und sie unterscheiden sich in ihrer energetischen Intensität kaum von der Quelle. Sie verbinden die Seelenfragmente ununterbrochen mit der Quelle. Stelle dir vor, wie sie über einen dicken Energiestrahl mit der Quelle und über unzählige andere Strahlen mit den Fragmenten der Beseelung verbunden sind. Es ist ihre Aufgabe, die Beseelungen mit der Energie der Quelle zu nähren und nach Beendigung der Beseelung die Vereinigung mit ihr zu beschleunigen. Die Gesandten stehen voll und ganz im Dienste der Quelle und somit ihren Teilen, unabhängig davon, welches Lebewesen sie beseelen. Gesandte selbst können aber niemals einen Körper beseelen. Er wäre ihrer starken Energie nicht gewachsen und würde zugrunde gehen. Wir alle schauen zu den Gesandten auf. Es hat Berichte darüber gegeben, dass sie ihren Energiekörper derart verdichtet haben, dass sie auch für einen nichtsehenden Humānimus sichtbar wurden. Konrad hatte mal so ein Erlebnis. Es muss berauschend gewesen sein. » Samuel seufzte verträumt.
Arthur schmatzte wie ein Wildschwein. Gierig schlang er die Truthahnstücke hinunter. Eigentlich war es ein halber Truthahn, den er verdrückte. Das ganze Haus duftete herrlich nach Rosmarinsoße.
« Es schmeckt ganz köstlich, Ruth! », sagte Jenny und verschlang eine weitere Portion Erbsen-Karotten Gemüse.
Es war ihr wie ein Glücksfall vorgekommen, als Ruth ins Arbeitszimmer gekommen war und Samuels Sitzung für beendet erklärt hatte.
« Dann seid ihr also nicht Konrads Eltern? », fragte sie und sah abwechselnd von Ruth zu Samuel.
« Nein, nein, wir sind alle nicht miteinander verwandt, auch wenn das Türschild vor dem Haus etwas anderes sagt », antwortete Ruth. « Du verstehst sicher, dass wir diese Tarnung weiter aufrechterhalten müssen, oder? »
Jenny nickte. Sie hatte begriffen, dass es sich beim Weißen Bund um eine Art Geheimorganisation handelte, die sich für die Sicherheit einfach beseelter Menschen und heranwachsender Seelenträger einsetzte. Diese Sicherheit hing davon ab, dass die Mitglieder nicht für jeden sofort erkennbar waren.
« Ihr seid so was wie Undercover-Cops! »
Sehr geistreich, Jenny!
Alle am Tisch lachten.
« Und das Haus gehört wem? », wollte sie wissen.
« Das gehört dem Weißen Bund. Es gibt in jedem Land mehrere solcher Häuser. Sie sind eine Anlaufstelle für Mitglieder und das Zuhause derer, die sich ganz in den Dienst des Bundes gestellt haben. Das hier ist in unserem Land das Haus des Südwestens. » Ruth stand auf und nahm die Flasche Limonade vom Tisch. « Darf ich dir noch nachschenken, Jenny? »
« Ja gerne, vielen Dank. Ihr wohnt fest hier? »
Jenny ließ ihren Blick um den Tisch kreisen. Cynthia, Arthur, Konrad und Samuel nickten.
« Und Benedict! », antwortete Ruth. « Ihn wirst du auch noch kennenlernen. Er erledigt gerade einen Auftrag. »
« Konrad, macht es deinen Eltern denn nichts aus, dass du hier wohnst? Oder sind sie auch Bundmitglieder? »
Schon in dem Moment, als sie die erste Frage ausgesprochen hatte, spürte Jenny, dass sich etwas im Raum veränderte. Konrad erstarrte in der Bewegung, seine Miene wirkte versteinert. Die anderen mieden Jennys fragende Blicke. Schließlich schüttelte Konrad den Kopf, ohne sie dabei anzusehen und trank einen Schluck Limonade aus seinem Glas.
Jenny spürte warme Röte in ihre Wangen steigen.
Falsches Thema, Jenny!
In ihrem Kopf schwirrten viele Fragen, die sie Konrad gern gestellt hätte. Aber heute würde sie sich das nicht mehr trauen.
Bis auf die Schmatzgeräusche von Arthur gab keiner einen Ton von sich.
« Und was seid ihr? », unterbrach Jenny die
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