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Der Waechter

Der Waechter

Titel: Der Waechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Snyder
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liebevoll.
    Was ist passiert?
    Sie konnte nicht nachdenken, sie wollte es auch nicht. Sie wollte nur hier liegen bleiben und atmen. Konrads Hände strichen liebevoll ihre Wangen, das Kinn, den Hals. Glitten auf die Schultern, die Oberarme hinunter. Ruths zierliche Hand lag auf Jennys Handrücken. Wärme floss in sie hinein, kraftvolle, stärkende Wärme. Wieder schlief Jenny ein.
    Als sie erneut aufwachte, schaute die Morgendämmerung zum Fenster hinein. Jenny erschrak, als sie einen großen Mann auf ihrem Sessel neben dem Fenster sitzen sah. Konstantin! Zum Gruß erhob er die Hand. Ruth hatte sich den Schreibtischstuhl neben Jennys Bett gestellt. Mit der einen Hand hielt sie Jennys Hand, die andere hatte sie auf Konrads Schulter gelegt. Jenny überstreckte den Kopf nach hinten. Dort saß Konrad, angelehnt an die Rücklehne des Bettes, Jennys Kopf auf seinem Schoss. Alle drei waren eingehüllt in eine leuchtende, grün-gelbe Energiehülle, die pulsierende Bewegungen vollführte. Ruths ausgedehnter Seelenkörper, der sie mit Heilenergie versorgte. Jenny fühlte sich gestärkt. Kurz erinnerte sie sich daran, dass alle geglaubt hatten, sie würde erlöschen. Sie hatte jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder löste sie sich aus Konrads liebevoller Umarmung und verwies ihn ihres Zimmers. Oder sie blieb einfach da, wo sie war und verschob den unangenehmen Teil auf später. Viel später. Es fiel ihr leicht, sich für Letzteres zu entscheiden. Als Konrad sich auf dem Flur der Empore mit ihrer Energie verbunden hatte, hatte Jenny genau gespürt, wie sehr er sie liebte und begehrte. Egal was ihn dazu bewogen haben mochte, sich von ihr abzuwenden: Er liebte sie.
    «Es ist besser, wenn wir uns auf den Weg machen, eh es hell oder Jennys Familie wach wird. Noch sind keine Leute auf den Straßen.»
    Konstantin hatte sich zum Aufbruch im Sessel aufgerichtet.
    «Nein, bitte geht noch nicht!» Jenny hielt Ruths Hand fest.
    «Liebes, wir sehen uns später, ja?», bat Ruth, stand auf und ging wie Konstantin zum geöffneten Fenster.
    Konrad schlang seine Arme von hinten um Jennys Hals und beugte sich zu ihrem Gesicht hinunter.
    «Wir sehen uns später in der Schule. Und danach kommst du mit zu uns. Arthur will dich sehen», flüsterte er in ihr Ohr und küsste sie auf die Wange.
    Als er sah, dass sie die Augen schloss, nahm er sie unter dem Kinn, überstreckte ihren Kopf zu sich nach hinten und küsste sie zärtlich auf den Mund. Das konnte sie nun wirklich nicht zulassen. Inzwischen war es Wochen her, dass sie Konrad mit Stefanie gesehen und sich entschlossen hatte, doch nicht zum Bund zurückzukehren. Wochen, in denen sie geweint und dafür gekämpft hatte, nicht einzuknicken. Wo war denn ihr Stolz geblieben? Jenny drehte ihren Kopf zur Seite. Unerschrocken küsste Konrad mehrfach ihre Wange und den Hals. Jenny versuchte so zu tun, als würde sie es gar nicht bemerken, dabei flatterte es in ihrem Bauch. Ruth und Konstantin waren durch das Fenster verschwunden.
    «Bitte lass uns reden», flehte Konrad leise.
    Jenny sagte nichts. Sie wollte nicht streiten. Sie wollte aber auch nicht einfach so nachgeben.
    «Stefanie steht unter meiner Bewachung. Nichts weiter», sagte er schließlich.
    Jenny sah verwundert zu ihm auf. Sie spürte ihr Misstrauen wiederkehren.
    «Sie ist aber kein Humānimus! Sie braucht keinen Wächter!», erwiderte sie angriffslustig und musste aufpassen so leise zu sprechen, dass sie ihre Schwestern und Mutter nicht aufweckte.
    «Ich sagte bewachen , nicht beschützen», antwortete er ohne weitere Erklärung.
    Er schob Jenny etwas nach vorn, werkelte sich hinter ihr heraus und stand auf.
    «Wozu, wenn sie kein Humānimus ist? Sie braucht keinen Schutz und keine Bewachung. Was sollte sie schon Schlimmes tun können, dass du auf sie achten musst?»
    «Es ist ein Auftrag des Bundes», antwortete er knapp.
    Er ging zum Fenster und schaute prüfend hinaus.
    «Und der ist wichtiger als ich?»
    «Nein, aber ich vertraue auf ihn. Dafür hab ich meine Gründe. Es ist auch zu deinem Besten, glaub mir!»
    «Behauptet der Bund!», stellte sie fest. «Er ist nur eine Organisation!»
    Konrad drehte sich zu ihr um und sein Gesichtsausdruck versteinerte vor Entschlossenheit.
    «Er ist alles, was ich bin!»
    «Nein, ist er nicht! Weder der Bund noch seine Aufträge! Du bist ausgereift! Du kannst ein normales Leben führen, mit mir zusammen sein!» Jenny verstummte und senkte den Kopf.
    «Ja», hörte sie ihn leise. Seine Hände glitten in

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