Der Waechter
gibt Benedict nach und sieht zu Seite. Schließlich nickt er zustimmend. Wenn auch widerwillig.
Was geht hier vor?
Jenny sieht, wie Konrad in sie geht. Sie spürt seine Energie in ihrer, sie riecht, schmeckt und denkt ihn. Es ist anders, als damals mit Cynthia. Sie sieht, was er sieht, weiß, was er weiß, fühlt, was er fühlt. Sie ist überwältigt von der Fülle der Ereignisse, die noch an ihm haften. Sie verliert die Orientierung. Sie ist überwältigt von der Gleichheit ihrer Empfindungen, Gefühle, Gedankengänge. Sie glaubt, stärker zu werden. Seine Stärke geht in ihre über. Dann denkt sie seine Gedanken. Sieht, was er im Moment sieht. Den Parkplatz. Arthur. Den Mächtigen. Ihre Vibrationsbombe. Das fliegende Messer. Der fallende Arthur. Der stürzende Mächtige.
Jenny spürt Konrads Gedanken : Wo genau ist er? Geh zurück an den Anfang!
Jenny sieht das helle Licht, spürt die Wärme, die Liebe, das Vertrauen, den Sog des Glücks und der Zuversicht. Sie schwebt aus dem Licht heraus, spürt den Wind, über den Baumkronen des Waldes, blickt hinab auf das Dorf, auf die Straße, den Parkplatz. Ein Schild: Parken nur für Besucher des Waldspielplatzes. Ein schreckliches Gefühl der Trennung, des Verlassens reißt plötzlich an ihr. Konrad tritt aus ihrer Energie heraus, nimmt seine eigene mit, lässt sie mit ihrem flackernden Rest zurück.
Konrad stolpert gegen die Wand zwischen den Zimmertüren.
«Arthur wird überfallen von vier Dunklen. Ein Treiber, zwei Krieger, ein mächtiger Assugo. Wahrscheinlich der, nach dem wir suchen. Ich denke, Arthur war auf dem Heimweg von Barbara. Es sah aus wie der Parkplatz am Waldspielplatz in ihrer Nähe. Irgendwo zwischen den Bäumen. Er ist noch stark, aber nicht mehr lange. Sie sind zu viele, wenn auch nicht gut genug. Es ist ihre einzige Chance weiterzukommen, wenn sie ihn auslöschen. Beeilt euch!»
Noch während Konrad es spricht springt Cynthia über die Balustrade hinunter ins Erdgeschoss. Benedict nimmt die Treppe, damit er noch Gelegenheit hat Konrad Anweisungen zu geben. Der stößt sich von der Wand ab und will Benedict folgen.
«Du bleibst hier!» Benedict erhebt warnend den Finger gegen Konrad. «Nein, du gehst und polierst Ludwig die Fresse! Wie kann sie fast erlöschen, ohne dass er es merkt? Dieser Versager! Bring Ruth zu ihr und dann bleib bei ihr. Und zwar schnell!», ruft Benedict Konrad zu.
Cynthia ist schon zur Tür hinaus, da bleibt Benedict stehen, dreht sich noch einmal zu Konrad um.
«Und Konrad?», sagt er ruhiger. «Es tut mir leid! Ich hab mich geirrt!» Geräuschvoll zieht er die Tür hinter sich zu.
«Wir müssen sofort zu ihr. Bring mich hin!» Ruth stürzt aus ihrem Zimmer auf Konrad zu.
Samuel steht verschreckt in seiner Zimmertür und versucht ohne Brille das Geschehen vor sich zu erfassen.
Konstantin tritt mit durchwühlten Haaren, aus dem Wohnzimmer in den Flur des Erdgeschosses und schaut zu ihnen die Empore hinauf.
«Was ist passiert?», fragt er, bereits in voller Ausrüstung zum Kampf bereit.
«Du kommst mit uns», weist Konrad ihn knapp an. «Wir müssen zu Jenny!»
«Gu … Gut. D … dann werd ich hier die Stellung halten. Ihr wisst ja: Ich hab’s nicht so mit dem Kämpfen», stottert Samuel überrumpelt.
Flüsternde Stimmen flossen wellenartig um Jennys Ohren.
Unter ihrem Kopf bewegte sich etwas. Zwei Hände hoben ihn vorsichtig an und legten ihn sanft wieder auf das warme Etwas unter ihr. Zärtliche Hände strichen ihr die Haare aus dem Gesicht und streichelten ihren Kopf. Arme umschlangen sie sanft von hinten und drückten ihren Brustkorb zusammen. Sie war in wohlige Wärme gehüllt. Hinter den geschlossenen Augendeckeln sah sie, dass es hell war.
«Arthur!», flüsterte Jenny heiser.
Sie schaffte es nicht, die Augen zu öffnen. Wärme und Glück streichelten ihre Lebensenergie. Sie war wieder zu Kräften gekommen, wollte sich aber nicht regen. Es sollte genau so bleiben, wie es im Moment war: göttlich.
«Arthur ist wieder zu Hause. Alles ist gut», hörte sie Konrads ruhige Stimme.
Sie konnte ihn spüren. Er hielt sie fest, hatte ihren Kopf auf seinen Schoss gebettet. Ihr Verstand erinnerte sie daran, dass sie böse auf ihn war, ihn nie wieder sehen wollte. Doch im Moment liebte sie ihn. Er war ihr zu Hause. Sie konnte später noch böse mit ihm sein, ihn dafür verachten, dass er sie so gedemütigt hatte.
«Alles ist gut, Liebes. Du hast es toll gemacht!» Das war Ruths Stimme, sanft, ruhig und
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