Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
Er konnte es kaum erwarten.
» Hat’s dich erwischt?«
Benjamin schaute zu Bjarne hinüber, der im Türrahmen stand. Er zuckte die Schultern. » Ich bin Captain Head Splitter, ist doch nicht so schlecht.«
Bjarne ging zu ihm und setzte sich aufs Sofa. » Willst du auch mal?«, fragte Benjamin und hielt ihm den Controller entgegen.
» Nee, ich kann mit dem Zeug nichts anfangen.«
Das Spiel begann erneut, und Benjamin konzentrierte sich auf den Bildschirm. » Vielleicht verstehst du’s einfach nicht?«
Bjarne grinste. » Als ich dir Wasser ins Gesicht geschüttet habe, hattest du keine so große Klappe!«
Benjamin warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, während er sich weiter auf das Spiel konzentrierte. » Du warst das also, der mich fast ertränkt hat?«
» Klar. Für alles Grobe bin ich zuständig.«
Benjamins Finger jagten fieberhaft über die Knöpfe des Controllers. Man hörte ein lautes Krachen und pfeifende Kugeln, dann färbte sich der Bildschirm erneut rot, weil er abermals sein Leben verloren hatte. » Scheiße!«, rief er und legte den Controller beiseite.
» Ich soll übrigens gratulieren.«
» Von wem?«
Bjarne verzog das Gesicht. » Na, von den Jungs, mit denen wir im Stadion ein kleines Feuerwerk veranstaltet haben.«
» Ach, von denen«, entgegnete Benjamin.
» Sonntag ist das nächste Spiel. Ich frag mich schon, was wir ihnen diesmal mitbringen können.«
Benjamin schaute ihn an. » Ich glaube, ich lasse das Spiel aus.«
» Warum denn?«
» Letztes Mal hat Løvengren mich fast rausgeschmissen.«
» Ja, weil du damals noch Anwärter warst.« Bjarne schüttelte den Kopf. » Aber jetzt bist du fest angestellt, und das ist etwas ganz anderes. Jetzt entscheiden die nicht mehr darüber, was du in deiner Freizeit machst.«
Benjamin ließ sich die Sache durch den Kopf gehen. Er wollte Bjarne nicht abweisen. Außerdem konnte er ein bisschen Abwechslung gut vertragen. Auf der anderen Seite wollte er keinen Rausschmiss riskieren; er hatte schließlich hart darum gekämpft, bei Valhal aufgenommen zu werden. » Ich weiß nicht, Bjarne. Es ist ja nicht so, dass ich keine Lust hätte.«
Bjarne breitete die Arme aus. » Okay. Vergiss es einfach.«
» Du weißt, dass ich keine Angst habe. Dass du dich auf mich verlassen kannst.«
Bjarne nickte. » Natürlich.«
Er klang nicht sehr überzeugend, und das quälte Benjamin.
» Geht ja auch nur ums Training«, sagte Bjarne.
» Wie meinst du das?«
Bjarne blickte rasch zur Tür hinüber, um sich zu vergewissern, dass niemand zuhörte. Dann senkte er die Stimme. » Die richtigen Schlachten finden in der Nacht statt. Da draußen, bei den Affenkäfigen, bei den Gettos. Wir fahren mit einer Gruppe von Jungs dorthin und reißen ihnen den Arsch auf. Manchmal sind die Affen auch bewaffnet oder dreimal so viele wie wir, aber besiegt haben sie uns noch nie. Auf das Überraschungsmoment kommt es an, das weißt du doch.«
» Und die Bullen?«
Bjarne schnaubte. » Die trauen sich nicht dorthin. Das ist ja das Geile. Da draußen ist alles gesetzloser als in Helmand.«
Benjamin lächelte. » Und wann wollt ihr das nächste Mal losschlagen?«
Bjarne hob die Hand, und sie klatschten sich ab. » Das ist ein Wort, Soldat!«
40
Katrine streckte sich auf ihrem Stuhl. Ihr Rücken schmerzte. Ihr fehlte das Basketballtraining. Die letzte Woche hatte sie fast ausschließlich zusammen mit Niels und den Technikern im Kellergeschoss des Geheimdienstes bei Polyphem verbracht, aber sie hatte sich immer noch nicht an die extreme Wärme gewöhnt, die von den vielen Rechnern ausging. Stattdessen wusste sie die von Claus ausgewählte klassische Musik immer mehr zu schätzen, die das klaustrophobische Gefühl linderte.
Sie hatten die Wege von fast vierhundert Personen zur Zeit des Bombenschlags überprüft und die meisten von ihnen ausschließen können. Übrig geblieben war eine Handvoll junger Männer, mit denen sie sich näher beschäftigten.
Im Moment warteten sie darauf, dass Polyphem die Gesichtsidentifizierung eines Mannes mit Kapuzenpullover vornahm, der am Storkebrunnen stand, doch offensichtlich wurde sie durch die vielen Lichtreflexe auf dem Wasserspiegel erschwert. Als sie nach mehreren Versuchen immer noch nicht gelungen war, entschied sich Niels, dem Mann auf manuellem Weg zu folgen. Zum Zeitpunkt der Explosion stand er neben einer blonden Frau vor dem Eingang zur Hauptbibliothek in der Krystalgade. Niels wechselte zur Überwachungskamera der Synagoge auf der
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