Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
geheimnisvoll.
» Kannst du mir zumindest sagen, warum der so interessant für uns ist?«
» Weil er behauptet, dass Løvengren einen Soldaten mit voller Absicht getötet hat.«
» Das gehört im Krieg doch dazu.«
» Aber nicht, wenn es einer der eigenen Kameraden ist.«
Storm öffnete die Tür zur Parkgarage. Ein paar Meter von der Tür entfernt standen die beiden Leibwächter zusammen mit Jakob Nielsen. Er war klein und untersetzt, trug Anzug und Rollkragenpullover. Das Stahlgestell seiner Brille saß ihm auf der Nasenspitze, und er sah eher wie ein Steuerprüfer aus als ein ehemaliger Elitesoldat.
Nachdem die beiden Leibwächter sich ein Stück entfernt hatten, begann Nielsen zu erzählen, wie er Løvengren in Bosnien kennengelernt hatte. Er hatte Løvengren von Anfang an als taktisches Genie betrachtet, wenn auch ein wenig übermütig und manchmal zu gezielten Konfrontationen neigend. Nielsen berichtete von einigen Missionen, die sie gemeinsam durchgeführt hatten, bis Katrine ihn ungeduldig unterbrach.
» Bei allem Respekt, Herr Nielsen, können wir die alten Soldatengeschichten nicht überspringen? Was wollten Sie uns über Løvengren und diesen Mord erzählen, den er begangen hat?«
Er zögerte. » Sollte jemals herauskommen, was ich Ihnen jetzt sage, werde ich jedes Wort abstreiten. Auch vor Gericht. Verstehen Sie?«
» Absolut. Wir möchten uns nur einen Eindruck von Karl Løvengren verschaffen. Herausfinden, was für einen Charakter er hat. Das ist alles.« Storm lächelte diplomatisch.
Nielsen erzählte von einer Episode in Bosnien. In Løvengrens Einheit hatte es interne Spannungen gegeben. Ein Hauptmann war mit seinem Führungsstil nicht einverstanden, zu dem auch körperliche Züchtigungen und Strafmärsche gehörten. Der Hauptmann drohte damit, sich bei seinen Vorgesetzten über Løvengren zu beschweren, wenn er sich nicht ändere. Am nächsten Tag nahmen Løvengren und fünf seiner Männer den Hauptmann mit auf einen Aufklärungseinsatz. » Wir haben uns darüber gewundert, dass ein so ranghoher Soldat sich persönlich an so einem Einsatz beteiligt«, fuhr Nielsen fort. » Als sie nach ein paar Stunden zurückkamen, war der Hauptmann nicht dabei. Er war angeblich in einen Hinterhalt geraten und erschossen worden.«
» Warum bezweifeln Sie das?«
Nielsen wischte sich die Schweißperlen von der Oberlippe. » Zu diesem Zeitpunkt herrschte in der Umgebung absolute Ruhe. Im ganzen Monat hat es keine weiteren Verluste gegeben, die Spähtrupps hörten keinen einzigen Schuss, und man hat auch nie eine Leiche gefunden.«
» Warum haben Sie den Vorfall damals nicht gemeldet?«, fragte Katrine.
» Weil man nicht schlecht über seine Kameraden redet.«
Sie nickte.
» Wer war noch dabei?«, fragte Storm.
» Kennen Sie sein Unternehmen? Valhalla oder so ähnlich.«
» Wir haben davon gehört«, antwortete Storm knapp. » Was ist damit?«
» Viele von seinen Soldaten sind ihm dorthin gefolgt. Auch diejenigen, die damals bei dem Aufklärungseinsatz mit dem Hauptmann dabei waren.«
Katrine schaute ihn prüfend an. » Die Warnung des Hauptmanns war für Løvengren aber doch keine sehr große Bedrohung. Bei einer Beschwerde des Hauptmanns hätte Aussage gegen Aussage gestanden und bestimmt kein Disziplinarverfahren nach sich gezogen. Was sollte Løvengren also für ein Motiv gehabt haben, ihn zu töten?«
Nielsen lächelte kühl. » Sie kennen Løvengren nicht. Er ist von der alten Schule und duldet keinerlei Widerworte von seinen Untergebenen. Die Reihen müssen immer eng geschlossen bleiben, wie es so heißt. Für etwas anderes ist im Krieg auch kein Platz.«
» Wie sind seine politischen Ansichten? Ist Ihnen da mal etwas aufgefallen?«, fragte Storm.
Nielsen schüttelte den Kopf. » Eigentlich nicht. Er hat sich zwar ständig über die Inkompetenz der Armeeführung aufgeregt, aber das ist nichts Besonderes. Darum hat er schließlich auch seinen Dienst quittiert. Ansonsten hat er immer alles für Gott, die Königin und das Vaterland gegeben.«
» Ein Nationalist?«
» Ja, definitiv, aber kein Extremist. Er verabscheute beispielsweise die Nazis. Ich weiß nicht, wie oft er die Geschichte von seinem Vater erzählt hat, der im Kampf gegen die Deutschen gefallen ist.«
Storm und Katrine nahmen den Aufzug nach oben. Katrine drehte sich zu ihm um.
» Was hältst du von Nielsens Geschichte?«, fragte sie.
» Sie wird sich schwerlich beweisen lassen, ansonsten fand ich die Schilderung ziemlich
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