Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
darüber erzählen?«
Er zuckte die Schultern. » Nicht besonders viel. Mit diesem Gruß beenden wir immer unsere Telefongespräche: Fürs Protokoll.«
» Gespräche mit wem?«
» Die Antwort muss ich dir erneut schuldig bleiben, denn ich habe keine Ahnung, wer da am anderen Ende der Leitung ist.«
Storm warf ihm einen skeptischen Blick zu. » Da gibt es jemanden, der dich anruft und sich als Protokoll ausgibt?«
» Nein, nein.« Sein Vater schien bereits die Geduld zu verlieren. » Die Stimme gibt sich als niemand aus. Nur am Ende sagt sie immer: Fürs Protokoll.«
» Ich verstehe das nicht. Du musst mir das von Anfang an erzählen.«
» Aber da gibt es nicht viel zu erzählen«, murmelte sein Vater und schien sein Gedächtnis anzustrengen. » Das fing an, als ich ein junger Architekt war, nach meiner ersten großen Arbeit 1960, du warst damals noch nicht geboren. Damals bekam ich einen anonymen Telefonanruf von einer Person, die mir zu meiner ersten Auszeichnung gratulierte und mir eine große Zukunft vorhersagte. Dann sagte die Stimme noch, dass ich bald ein großes Angebot bekäme, das ich im eigenen Interesse annehmen sollte, weil es meine weitere Karriere positiv beeinflussen würde. Ich habe das Ganze als Witz abgetan. Ich dachte, einer meiner Kollegen wolle sich einen Spaß mit mir erlauben.«
» Und hast du dieses Angebot bekommen?«
» Ja, drei Monate später. Das war ein riesiges Bauprojekt, das von der neuen Regierung gefördert wurde. Das war der Beginn eines neuartigen Wohnungsbaus in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Insgesamt siebentausendfünfhundert Wohnungen, und ich sollte der leitende Architekt dieses Projekts sein.« Er lächelte stolz. » Ballerupplanen, Albertslundplanen, Gladaxepl…«
» Danke, ich weiß, was du alles gebaut hast. Hast du später noch mal was von der Stimme gehört?«
» Ja, hin und wieder. Es konnten Jahre vergehen, manchmal aber auch nur Wochen. Doch ständig hatte die Stimme gute Ratschläge für mich parat, regelrechte Insidertipps.« Er zwinkerte seinem Sohn zu. » Auf diese Weise habe ich auch den Auftrag für den Flughafenterminal in Seoul bekommen.«
» Und diese Kirche hier?«
Sein Vater schüttelte den Kopf. » Nein, dieses Projekt verfolge ich schon ein Leben lang, jetzt wird es endlich Wirklichkeit. Aber das weißt du doch. Kannst du dich nicht daran erinnern, wie oft ich dir die Zeichnungen gezeigt habe?«
Storm schüttelte den Kopf. Von dieser Kirche hörte er zum ersten Mal.
» Was wurde im Gegenzug von dir verlangt?«
Sein Vater setzte sich auf den Nebentisch. » Nichts.«
» Und du hast die Ratschläge, die du bekommen hast, stets befolgt?«
Er nickte. » Ja, das habe ich. Gott sei Dank. Es waren gute Ratschläge.« Er nickte vor sich hin.
» Aber du musst doch neugierig gewesen sein, wer sich hinter diesem ›Protokoll‹ verbarg. Hast du denn nie danach gefragt?«
» Aber natürlich, immer wieder. Aber ich habe niemals eine Antwort erhalten, und schließlich ließ ich es dabei bewenden.« Er drehte Storm sein Gesicht zu. » In der Architekturbranche ist schon immer viel unter der Hand geschehen. Es ist ein politisches Spiel. Das mag einem nicht gefallen, aber so ist es eben. Wenn ich ehrlich bin, war ich ganz froh darüber, einen Förderer zu haben. Und wenn dieser Jemand es vorzog, anonym zu bleiben, dann war mir das auch recht. Deshalb habe ich dir auch nie etwas davon erzählt. Anders als dein Freund, der dich aufgefordert hat, mich darauf anzusprechen.«
» Er ist nicht mein Freund. Aber warum dieser Abschiedsgruß. Kannst du dir das erklären?«
» Nein, ich habe keine Ahnung. Das ist vermutlich nur eine Redewendung wie das ›good luck‹ der Engländer. Man wünscht der Sache viel Glück, die man zu Protokoll gegeben hat.«
» Wann bist du das letzte Mal angerufen worden?«
Er strich sich über sein weißes Haar. » Das war vor ein paar Jahren in Verbindung mit einer Ausschreibung in Dubai. Leider habe ich trotzdem nicht gewonnen.« Er lächelte.
» Kennst du einen Mann namens Løvengren?«, fragte er.
» Nein, war das der Mann, der dir gesagt hat, du solltest mich fragen?«
Storm ignorierte seine Frage. » Und eine Firma namens Valhal Securities?«
Der Vater schüttelte den Kopf.
» Hast du irgendwann mal fürs Militär gearbeitet?«
» Nie. Ich bin Pazifist. Das weißt du doch.«
» Für das Außenministerium?«
» Nein, nicht direkt.«
» Das Justizministerium?«
» Nikolaj, das hört sich hier eher nach den
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