Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
auch nicht gedacht.«
Sie blieb sitzen. Es ärgerte sie, dass sie sich hinsichtlich seines Angebots geirrt hatte. » Was wollen Sie dann?«
Storm beugte sich über den Tisch und senkte seine Stimme zu einem Flüstern.
» Was ich Ihnen jetzt erzähle, ist absolut vertraulich.«
Sie nickte, und er fuhr fort. » Wir haben eine Reihe von Indizien gesammelt, die sich gegen Personen aus dem radikalen islamistischen Milieu richten.«
» Ich habe von Ihren Festnahmen gehört … und von den Freilassungen natürlich auch.«
» Die Personen, von denen ich spreche, wurden noch nicht festgenommen. Wir versuchen immer noch, ihnen so nahe zu kommen wie irgend möglich.«
» Ich verstehe nicht, welche Rolle ich dabei spielen sollte.«
» Die Personen, von denen ich rede, wohnen im Bregnehøjpark. Vielleicht kennen Sie einige von Ihnen sogar persönlich.«
Sie spürte, wie ihr Puls stieg. » Von wem reden Sie?«
Er zögerte und blickte sie eindringlich an, bevor er antwortete: » Faris Farouk ist einer von ihnen. Er wohnt zwei Blocks von Ihnen entfernt.«
Der Name sagte ihr nichts, was sie mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis nahm.
» Warum fahren Sie nicht einfach zu ihm und nehmen ihn fest? Das wäre doch das Einfachste.«
» Weil wir versuchen, Erkundigungen einzuziehen. Was durch die Krawalle der letzten Zeit ziemlich schwierig geworden ist.«
» Sie haben doch bestimmt irgendwelche Kontaktpersonen in dieser Gegend, die Ihnen weiterhelfen können.«
Er schüttelte den Kopf. » Niemanden, der so eine Aufgabe auf verlässliche Weise lösen könnte.«
» Der PET will mich also am selben Tag, an dem ich suspendiert werde, dazu anstiften, meine Nachbarn auszuhorchen? Schönen Dank auch.«
» Darum geht es doch gar nicht.«
Sie schaute ihn misstrauisch an. » Wollen Sie mich als Zivilagentin anheuern? Wollen Sie auf diese Weise meine Suspendierung umgehen?«
Er zuckte die Schultern. » Solange Sie nicht ins Gefängnis müssen, hindert uns niemand daran, Sie als freie Mitarbeiterin einzustellen.«
» Danke, aber dann arbeite ich lieber an der Rezeption.«
Storm senkte den Blick und nestelte an seiner Kaffeetasse, ehe er fortfuhr: » Sie wissen doch genau, wie viele Todesopfer es am Kongens Nytorv gegeben hat.«
» Ersparen Sie mir den Appell an mein Gewissen.«
» Sie wissen auch, dass diese Leute sich nicht aufhalten lassen, ehe sie zu Märtyrern werden und noch viele Menschen in den Tod reißen.« Seine Wangen hatten sich gerötet.
Katrine beugte sich über den Tisch und legte die Hand auf seinen Arm, so wie er es bei ihr getan hatte. » Nikolaj? Darf ich Sie Nikolaj nennen?« Sie wartete nicht auf seine Antwort. » Ich bin sicher, dass Sie und Ihre Kollegen vom PET schon eine Möglichkeit finden werden, diese Leute zu überwachen. Und wenn ich irgendjemandem mit einer Bombe vor meiner Haustür herumrennen sehe, dann verspreche ich Ihnen, dass ich sofort die 112 wählen werde.« Sie tätschelte seinen Arm und lehnte sich zurück.
Storm seufzte. Er zog seine Visitenkarte aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. » Falls Sie Ihre Meinung ändern, wäre ich dankbar, wenn Sie mich anrufen.«
Er nickte ihr kurz zu und stand auf.
Katrine beobachtete, wie er zur Kasse ging und bezahlte. Durch das große Schaufenster sah sie, wie er auf die Straße trat und stehen blieb. Im nächsten Moment rollte ein königsblauer Audi heran. Als die Beifahrertür geöffnet wurde, konnte sie einen Blick auf den Fahrer erhaschen. Sie war glücklich darüber, nicht einmal erwogen zu haben, das Angebot anzunehmen. Um ihren Anwalt zu zitieren, so war es der Falschspieler Tom Schæfer, der miese kleine Denunziant, der seinen neuen Chef abholte. Und wenn die Islamisten vorhatten, ihr ganzes Viertel in Schutt und Asche zu legen – sie würde die Letzte sein, die den PET davon in Kenntnis setzte.
10
Die Schlange vor dem Club Snoopy an der Amagerbrogade war nass und lang. Es regnete auf die Leute herab, die im Neonlicht standen und darauf warteten, eingelassen zu werden. Manche der aufgetakelten Mädchen versuchten, einen Britney-Spears-Song mitzusingen, der über ihnen aus den Lautsprechern dröhnte. Aber das hob die Stimmung auch nicht gerade.
Benjamin schlug den Kragen seines Sakkos hoch. Die weißen Turnschuhe waren schon völlig durchnässt. Er bereute bitterlich, dass er sich darauf eingelassen hatte hierherzukommen. Doch seit sie ihn nach Hause geschickt hatten, hatte er seinen Freunden versprochen, mit ihnen in die
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