Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
heruntergekommenen Wracks – so wie er.
» Trink noch ein Glas, Benjamin.« Bjarne schenkte ihm Whisky nach. » Und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!«
Er bedankte sich und trank. Erst später fragte er sich, wie L. T. hatte wissen können, dass heute sein Geburtstag war. Vielleicht hatte er vorhin zufällig gehört, wie seine Kumpel ihm gratuliert hatten.
Plötzlich war ihm elend. Vielleicht von dem vielen Alkohol, vielleicht war es aber auch der verspätete Schock, den die Schlägerei ausgelöst hatte. Seine Knie begannen unkontrolliert zu zittern. Er presste die Hände darauf, aber es half nicht. Sie sollten das nicht sehen. Er entschuldigte sich rasch und stürzte auf die Toilette.
Ihm wurde schwarz vor Augen. Er musste sich am Waschbecken abstützen. Er drehte den Kaltwasserhahn auf und schöpfte sich Wasser ins Gesicht. Dann steckte er die Hand in die Tasche und zog das Fläschchen mit den Rohypnol-Tabletten heraus. Warf sich drei, vier von ihnen in den Mund und kaute darauf herum. Es schmeckte scheußlich, doch er wusste, dass die Wirkung so schneller einsetzte. Er trank ein paar große Schlucke Wasser und betrachtete sich im Spiegel. Er sah furchtbar aus. Als Benjamin erneut die Pistole an seinem Bauch spürte, beruhigte er sich wieder. Er hatte noch acht Patronen im Magazin, das waren zwei für jeden der Dreckskerle, die ihn angegriffen hatten. Jetzt kniff er die Augen zusammen und strich sich die feuchten Haare aus der Stirn. Beinahe bedauerte er es, nicht einfach abgedrückt und jedem der Kanaken eine Kugel in den Kopf gejagt zu haben. Nach all dem, was sie ihm und seinen Kameraden von der Einheit 8 angetan hatten, verdienten sie nichts anderes.
11
WIR WERDEN EUREN GOTT ZUNICHTEMACHEN.
Es ist unerlässlich, jeden anderen Glauben zu untergraben. Ihn aus dem Geist der Ungläubigen zu reißen und durch materielle Bedürfnisse zu ersetzen. Allein, damit sie keine Zeit zum Nachdenken haben. So wird die Bevölkerung besinnungslos den materiellen Gütern nachjagen und ihre neuen Herrscher nicht zur Kenntnis nehmen. Denn was könnte eine unsichtbare Kraft zu Fall bringen? Eben darin liegt unsere Stärke.
K apitel IV : D ie E rsetzung der R eligion durch M aterialismus
» Vergiss die Scheißbullen«, sagte Ali, der mit starkem Akzent sprach. » Du warst schon immer besser als diese Schweine.« Da Ali etwas kleiner war als sie, musste er sich strecken, um ihre Schulter zu tätscheln.
» Vergiss nicht, dass ich selbst eines dieser Schweine war.«
Gemeinsam mit Saajid waren sie auf dem Heimweg und kamen von einem der Basketballplätze, wo sie mit ein paar der einheimischen Kinder trainiert hatten. So wie jeden Mittwoch. Über ihren Köpfen glitt die Hochbahn vorbei, die feuchten Leitungen knisterten.
» Du doch nicht! Du warst immer total cool. Eine der coolsten Frauen, die ich in meinem ganzen Leben getroffen habe.« Er lächelte so breit, dass man den Goldzahn in seinem Oberkiefer sah.
» Mach mal halblang, Ali.«
» Wieso denn? Du hast deine Arbeit und dein Privatleben immer getrennt. Hast nie einen von hier festgenommen. Nie jemanden angezeigt. Und jetzt hängen die Typen dich rein, und warum?« Er hämmerte den Basketball hart auf den Asphalt und fing ihn wieder auf. » Weil du einen verdammten Pädo fertiggemacht hast. Die sollte man bestrafen, weil sie ihn geschützt haben. Wenn jemand von hier so was machen würde, der wäre ein toter Mann, das schwöre ich dir.«
Katrine zuckte die Schultern. » Die Sache ist vorbei. Der Mann lebt nicht mehr.«
» Was willst du jetzt tun?«, fragte Saajid.
» Ich weiß es nicht. Erst mal warte ich die Revision ab. Der Termin steht noch nicht fest.«
Ali grinste breit. » Dann bist du endlich eine von uns, Katrine. Ein richtiger Kanake.«
» Und das soll mich aufheitern?«
Er warf ihr den Ball zu, sie fing ihn sicher. » Du wirst zurückkommen, das weiß ich. Die kriegen dich nicht klein. Du bist eine Göttin! Stimmt doch, Saajid, oder?« Ali breitete beide Arme aus, sodass man die tätowierten Flammen und Totenköpfe auf seinen Unterarmen sah.
» Du redest zu viel, Ali«, entgegnete Saajid und beschleunigte seine Schritte.
Sie kamen am Eingang zum Einkaufszentrum vorbei. Drei Teenager in langen Qamis und mit roten Stirnbändern teilten Flugblätter aus. Ali schnappte sich einen der Zettel mit arabischer Schrift.
Er las den Text und grinste. » Hört mal zu: Wollt ihr lieber Krieger oder Popstars werden? Wollt ihr in Gold oder mit Banknoten
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