Der wahre Feind: Kriminalroman (German Edition)
er in die aufgestapelten Traktorreifen gefahren und danach fehlerfrei geblieben. Es war die schwächste Leistung aller Teilnehmer gewesen, doch Benjamin kümmerte das nicht, solange er nur bestanden hatte. Dafür hatte er sich in allen anderen Disziplinen ausgezeichnet und war von L. T. ausdrücklich gelobt worden.
Løvengren sagte den Anwärtern, wie stolz er auf sie sei, dass sie sich allen Widrigkeiten zu Trotz bis zum Ende durchgekämpft und den Kurs bestanden hätten. Ab sofort gehörten sie der Elite an, und er sei sich ganz sicher, dass sie nun jeder Gefahrensituation in einem Konfliktgebiet gewachsen wären. Ein Job in den meisten Sicherheitsfirmen sei ihnen sicher, und ganz gleich, wo sie eine Arbeit fänden, würden sie dort einen erstklassigen Eindruck machen.
» Doch ihr seid hier bei Valhal. Und wir dulden nur echte Wikingerkrieger an unserem Tisch.« Er schaute sie streng an. » Darum bieten wir euch eine abschließende Prüfung an, die darüber entscheidet, ob ihr in unseren erlesenen Kreis aufgenommen werdet. Ob ihr euch mit diesen Männern messen könnt.« Er zeigte auf die versammelten Ausbilder, die keine Miene verzogen.
» Niemand ist gezwungen, diese Prüfung abzulegen. Wer lieber darauf verzichten möchte, von dem verabschieden wir uns jetzt als gute Freunde. Denen jedoch, die sich der Prüfung stellen werden, kann ich nur viel Glück wünschen. Denn diese Prüfung wird euch alles abverlangen, sowohl in physischer als auch in psychischer Hinsicht.«
Benjamin spürte Løvengrens Blick auf sich und wandte den Kopf ab.
» Wir werden euch einem Test unterziehen, den auch die amerikanischen Spezialeinheiten durchlaufen. Er simuliert eine Situation, in der euch der Feind als Geiseln genommen hat. Der Test verfolgt zwei Ziele. Zum einen soll er euch eine konkrete Vorstellung von der Gefahr vermitteln, die unser ständiger Begleiter ist. Doch vor allem geht es darum, eure psychische Belastbarkeit zu testen, zu sehen, was ihr aushaltet, ehe ihr zusammenbrecht. Denn früher oder später werdet ihr zusammenbrechen.«
Benjamin warf den anderen einen verstohlenen Blick zu. Sie schienen genauso angespannt zu sein wie er.
» Das Codewort, das die Geiselnehmer aus euch herauspressen wollen, heißt Kopenhagen. Wenn ihr dieses Wort sagt, ist der Test vorbei. Dann hat der Feind gewonnen. Wie lange ihr durchhaltet und wie ihr das Verhör meistert, wird darüber entscheiden, ob ihr den Test besteht oder nicht. Noch Fragen?«
» Nein!«, riefen die Anwärter im Chor.
» Will noch jemand aussteigen?«
Løvengren schaute in die Runde. Niemand ließ auch nur im Ansatz erkennen, dass er ihre Gruppe verlassen wollte.
Løvengren lächelte. » Dann schlage ich vor, dass sich jetzt alle zu Bett begeben und sich morgen früh um sieben hier einfinden. Hals- und Beinbruch«, fügte er hinzu, ehe er die Halle verließ.
Am Abend redeten die Anwärter nicht viel miteinander. Manche vertrieben sich die Zeit an der Playstation, die meisten legten sich jedoch früh hin, um für den morgigen Tag fit zu sein.
» Vielleicht machen die Waterboarding mit uns«, sagte Jan.
Benjamin schüttelte den Kopf. » Das ist illegal.«
» Du vergisst, wer sie sind«, entgegnete Jan. » Das sind Elitesoldaten. Wenn wir auch welche werden wollen, müssen wir jeder Art von Druck widerstehen können.«
Benjamin knabberte an seinen Nagelbetten.
Jan schaute ihn prüfend an. » Bereust du deine Entscheidung?«
Benjamin gab ihm einen freundschaftlichen Stoß. » Quatsch, ich werd’s länger aushalten als du.«
Als Benjamin kurz darauf auf seinem Zimmer war, öffnete er seinen Schrank. Er ließ die Hand unter das mittlere Regalbrett gleiten und tastete nach seinem Pillenglas, das er dort festgeklebt hatte. Das Glas war verschwunden. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Obwohl er sicher war, dass er es an keinem anderen Ort versteckt hatte, durchsuchte er den ganzen Schrank. Aber vergeblich. Vielleicht hatte Jan es genommen oder einer der anderen Jungs. Einer der Ausbilder konnte es nicht gewesen sein, sonst hätten sie ihn sofort rausgeschmissen. Vor allem nach der Episode mit Bjarne. Vielleicht hatte L. T. die Tabletten gefunden und an sich genommen, um ihm zu helfen. Aber ohne die Tabletten war er geliefert. Er brauchte sie, um den Test zu bestehen.
Jan kam aus dem Waschraum zurück. » Was ist los? Du siehst ganz schön nervös aus.«
Benjamin schüttelte abwehrend den Kopf und legte sich ins Bett. Versuchte zur Ruhe zu kommen, aber
Weitere Kostenlose Bücher