Der wahrhaftige Volkskontrolleur - Roman
das Feuer brannte aber noch nicht.
„Und wo ist Kriwizkij?“, erkundigte sich Pawel bei Abunajka.
„Gleich-gleich da“, antwortete der Alte. Waplach ging zum Holzpfahl und sagte etwas in seiner Sprache, während er hinauf zum Gesicht des Führers blickte.
„Heee!“, ließ sich von irgendwoher vernehmen und Pawel drehte sich um und sah, wie einige Hundegespanne näher kamen. Als sie am Platz angekommen waren, hielten sie an. Auf einem davon lag bäuchlings Kriwizkij.
Pawel trat heran und betrachtete den Vorgesetzten von Chulajba. Der war von Kopf bis Fuß mit dünnen Riemen aus Rentierleder gefesselt. Er stammelte etwas, das aber schwer zu verstehen war.
Waplach unterhielt sich inzwischen mit den Leuten, die soeben gekommen waren. Dann drehte er sich zu Dobrynin um.
„Sie sagen, dass der Russe Zybulnik auf der Schneemaschine entkommen ist, und den Russen Poltoranin haben sie gefesselt und in der Stadt gelassen. Er ist ein guter Mensch, er hat kein einziges Mal ‚Burajsy‘ gesagt.“
„Burajsy?!“, wiederholte Dobrynin und dachte nach – das war doch die Parole, die ihm der Komsomolze für den Markt gegeben hatte. „Und was heißt dieses Wort?“
„Ich bringe dich um“, antwortete Waplach.
Pawel machte einige Schritte rückwärts und sah den Urku-Jemzen zögernd an.
„Was sagst du da?“, fragte er.
„Ich meine damit: ‚Burajsy‘ bedeutet in der einheimischen Sprache ‚Ich bringe dich um‘“, erklärte Waplach. „Das ist dieses Wort, das der Mann Kriwizkij sehr geliebt hat.“
„Und das als Parole!“ Dobrynin schüttelte den Kopf und blickte mit einer gehörigen Portion gerechten Zorns auf den liegenden Kriwizkij.
Der Alte Abunajka, der sich in der Nähe des Idols gemeinsam mit den anderen zu schaffen machte, tauchte plötzlich hinter Dobrynin auf.
„Wir können anfangen“, sagte er. „Gericht ist bereit.“
„Dann fangt also an!“, bestimmte Pawel.
Einige der einheimischen Männer, die alle ausgesucht klein, untersetzt und dem Anschein nach ziemlich stark waren, gingen zum Schlitten, hoben Kriwizkij herunter und trugen ihn zum Pfahl, wo sie ihn auf die vorbereitete quadratische Feuerstelle legten.
Erst jetzt begriff Dobrynin, welche Strafe Abunajka für Kriwizkij vorgesehen hatte, und er trat an den Alten heran.
„Wollen Sie ihn etwa verbrennen?“, fragte er.
„Ja“, nickte der Alte. „Russe Kriwizkij hat sehr viel Böses getan, sieben Menschen umgebracht, ein Volk ist wegen ihm verschwunden … wir müssen ihn verbrennen …“
Natürlich, dachte Dobrynin, solche Verbrecher muss man töten. Aber etwas in Pawel protestierte gegen diese Art von Todesstrafe, und wieder suchte er den Alten am Feuer, ging zu ihm und fragte:
„Habt ihr vielleicht eine andere Strafe, also auch eine Todesstrafe, nur ohne Feuer?“
„Ja, natürlich“, nickte Abunajka. „Im Sommer, jetzt geht es nicht. Erde ist hart, ganz gefroren.“
„Und was macht ihr im Sommer?“, wollte der Volkskontrolleur wissen, mehr aus Neugier als aus Notwendigkeit.
„Wenn jemand Menschen oder heiligen Bären umbringt, dann muss er gemeinsam mit Getötetem lebendig in Grube begraben werden.“
„Ja“, sagte Dobrynin und sah auf die harte, braune Erde unter seinen Füßen. „Das geht nicht. Na gut, fangt an.“
Abunajka rief seinen Leuten etwas zu und diese entfernten sich von der Feuerstelle, auf der der gefesselte Kriwizkij lag.
Dann führte ein sehr junger Bursche einen Krug mit Milch-Wodka an den Mund des Vorsitzenden von Chulajba, flößte ihm ein wenig davon ein und goss dann den Tarasun über Kriwizkijs Haar.
„Wartet!“, rief Pawel plötzlich. Abunajka sah Pawel abwartend an und sagte etwas zu dem Burschen.
Der Bursche trat zur Seite.
„Ich möchte ihn etwas fragen!“, erklärte Dobrynin und er trat selbst zu Kriwizkij, der auf dem Rücken lag.
„Warum hast du den Volkskontrolleur Jegorow umgebracht?“, fragte Dobrynin und beugte sich dabei zu Kriwizkijs Gesicht hinab. „Und wer ist der Zweite?“
Kriwizkij blickte den Volkskontrolleur mit solcher Abscheu an, dass Pawel zurückwich. Ihm wurde klar, dass Kriwizkij ein hinterhältiger Feind war, der nicht nur Dobrynin, sondern das ganze Sowjetland hasste. Es war also zwecklos, mit ihm zu sprechen, aber Pawel versuchte, dem Feind noch eine letzte Frage zu stellen. Er fragte ihn nach dem Schicksal des Volkes der Urku-Jemzen, aber auch auf diese Frage folgte nur ein verächtliches Schnauben, und Kriwizkij wandte sich sogar
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