Der Waisenstern.
Sich selbst ist er ohne Zweifel zu nichts mehr nutze.«
»Sie sagen, einige von Ihnen glauben, diese Selbstmorde stünden in Verbindung miteinander«, meinte Flinx. »Haben Sie irgendein Bindeglied entdeckt?«
»Nichts Positives«, räumte Jiwe ein, »deshalb sind wir auch so wenige. Aber eines hatten sie alle gemeinsam. Keiner schien den geringsten Grund dafür zu haben, Selbstmord zu begehen. Ich bin der Meinung, das ist höchst wichtig. Aber der Rat ist da anderer Meinung.«
Flinx zeigte wenig Interesse. Jetzt war die Zeit, persönliche Neugierde beiseite zu schieben und ernsthaft zu überlegen, wie man hier herauskam. »Was wollen Sie von mir?«
Jiwe zog sich einen Stuhl heran und ließ sich darauf sinken. »Povalo war ein wohlhabender, intelligenter, ausgeglichener Ingenieur, der mit wichtigen Forschungsaufgaben betraut war. Jetzt ist er ein Wrack. Ich möchte wissen, warum ein solcher Mensch - warum viele Menschen und Thranx wie er, lauter erstklassige Leute - plötzlich keinen anderen Ausweg mehr sehen, als Selbstmord zu begehen. Ja Selbst mord im wahrsten Sinne des Wortes... Suizid kann ich es nicht nennen, weil ich überzeugt bin, daß es sich um etwas anderes handelt.«
»Und was erwarten Sie von mir?« fragte Flinx vorsichtig.
»Sie haben diesen AAnn-Eindringling entdeckt, obwohl sonst niemand seine Anwesenheit vermutete.«
»Das war reiner Zufall«, erklärte Flinx. Er kratzte Pip am Kopf. »Das geschieht nur, wenn Pip sich erregt, weil er Gefahr für mich wittert.« Er wies auf Povalo. »Das hier stellt keine Bedrohung für mich dar.«
»Ich erwarte gar nichts«, beruhigte ihn Jiwe. »Ich bitte Sie ja nur, es zu versuchen. Wenn Sie auch keinen Erfolg haben, versuche ich es mit Hellsehern oder Kaffeesatz oder Teeblättern.«
Flinx seufzte gedehnt. »Wenn Sie darauf bestehen... «
»Ich bitte Sie nur«, erinnerte ihn der Ratsherr mit sanfter Stimme, »ich bestehe auf gar nichts.«
Semantik, dachte Flinx, wandte sich dann aber pflichtschuldigst dem Bett zu und konzentrierte sich auf die reglose Gestalt darauf. Er bemühte sich, an den blicklosen Augen vorbeizukommen und hatte mehr Angst vor dem, was er vielleicht entdecken würde, als vor dem, was ihm verborgen bliebe.
Pip straffte sich unwillkürlich auf seiner Schulter, als er die Anstrengung seines Meisters verspürte. Flinx hoffte, ohne zuviel auf seine Hoffnung zu vertrauen, daß Jiwe die Reaktion des Minidrachs nicht bemerkt haben möge. Was er nicht bedacht hatte, war, daß allein schon seine Unsicherheit, als er sich auf Povalo konzentrierte, genügt hatte, um Pip zu stimulieren. Es existierte hier eine Gefahr, wenn es auch nur eine Gefahr in seinem eigenen Bewußtsein war.
Da war kein schwacher Nebel, der ihm den Blick versperrte. Da war keine leise Musik in seinen Ohren, die ihn ablenkte. Das Bett, sein Gespinst von Drähten und Leitungen, die blitzenden Geräte und die durchsichtige Gelatinemasse - alles lag ganz klar vor seinen Augen. Und doch... in seinem Bewußtsein war etwas, das er ohne jene Augen sah, etwas, das noch vor kurzem nicht hier gewesen war. Es war Teil der Kreatur auf dem Bett.
Ein junger Mann im Vollbesitz seiner Jugend - ein idealisiertes Zerrbild von Mordecai Povalo - machte einer Frau von beinahe übernatürlicher Schönheit den Hof. Sie schwebten in dicken Kumuluswolken, tauchten Seite an Seite ekstatisch in die glasigen grünen Tiefen eines Ozeans. Von Zeit zu Zeit veränderten sich die Gestalten leicht, wechselten die Farbe, aber das Thema war stets dasselbe.
Und dann verschwand die Frau plötzlich - schwamm davon, rannte weg, je nachdem, wo sie sich im betreffenden Augenblick befand. Tief enttäuscht ging der Mann zu einer Werkbank, drückte einen Knopf auf einem winzigen Schaltbrett, der alles wieder gutmachen würde.
Der Ratsherr blickte Flinx tief in die Augen und ließ sich in den Sessel zurücksinken. Er schien in diesem Augenblick zehn Jahre zu altern.
»Ich habe bekommen, was ich erwartet hatte. Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen, Flinx.«
»Ich habe nichts entdeckt. Darf ich jetzt gehen?«
»Hmm? Oh, ja, natürlich. Padreanwärterin«, forderte er Sylzenzuzex auf, »Sie gehen jetzt am besten mit unserem jungen Freund und zeigen ihm den Weg nach draußen.« Dann blickte er wieder Flinx an. »Ich sorge dafür, daß Sie ein Blankoticket bekommen, mit dem Sie auf Terra überallhin fliegen können. Sie können es sich am Ausgang abholen.«
In strahlender Jugend machte Povalo einer Frau von
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