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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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ganzen Gewicht gegen die Tür werfen, sie wäre bestimmt kaputt, denn sie war dünn wie Pappe.
    Der Hund ähnelte jenem Untier, das sie im Moos aus dem Schlaf gerissen hatte. Olga überlegte, was sie jetzt tun sollte. Was für eine Nacht! Anziehen und Schutz bei ihrem Vater suchen? Nein. Es war bestimmt nicht ratsam, draußen herumzulaufen. Sie stellte den Besen neben die Eingangstür und ging wieder nach oben.
    Olga war gerade eingeschlafen, als sie von lautem Gebell erneut geweckt wurde. Dann war lautes Knurren zu hören. Ging der Hund hier auf die Jagd? Olga richtete sich wieder auf. Ein ungutes Gefühl überkam sie. Da draußen stimmte irgendetwas nicht.
    In diesem Moment hörte sie schwere Schritte, jemand war auf die Veranda gesprungen, hämmerte an die Tür, lief wieder weg. Knurren. Jemand lief um das Haus, kam lärmend wieder auf die Veranda. Olga rannte die steile Treppe hinunter. Sie horchte an der Tür. Auf der anderen Seite hämmerte es so laut, dass sie entsetzt zurücksprang.
    »Scheiße   … Olga   … bist du da? Olga! Mach die Tür auf.«
    Etwas schlug schwer vor die Tür. Ein Schrei. Olga drehte mit zitternder Hand den Schlüssel und öffnete vorsichtig die Tür. Der Hund versuchte seine Beute festzuhalten und hatte sich in dessen Hosenbein verbissen. Thorvald schrie und versuchte, mit dem anderen Bein nach dem Hund zu treten. Olga schrie ebenfalls und sah sich hilflos um. Der Besen! Sie schlug damit auf das Tier ein, bis Thorvald sich schließlich losreißen konnte. Er warf sich in die Hütte und Olga schlug mit lautem Knall die Tür zu. Der Hund bellte laut weiter und rannte auf den Dielen hin und her. Olga hörte deutlich seine Krallen auf dem Holz.
    Thorvald blieb schwer atmend auf dem Boden liegen. Olga rutschte langsam mit dem Rücken an der Tür hinunter und starrte auf ihren Freund. Seine Jeans war blutverschmiert.Er rührte sich nicht. Langsam kroch sie zu ihm und strich vorsichtig die Haare aus seinem Gesicht.
    Er schlug ein Auge auf. »Hast du was Leckeres zu essen?«
    Olga schaute ihn fassungslos an. »Was?« Sie war kalkweiß im Gesicht. »Wie kannst du jetzt ans Essen denken?«
    Thorvald stützte sich auf die Ellbogen und zog langsam das verletzte Bein an. Ermattet fiel er wieder zu Boden. Olga starrte ins Leere. Sie rührten sich lange nicht.
    »Ich dachte, du hättest auf mich gewartet«, sagte er irgendwann. »Canapés – getrüffelte Gänseleber mit Tokajer-Rosinen   …«
    Wutschnaubend wollte Olga sich auf ihn stürzen, als Thorvald sie bei den Armen packte und zu sich hinunterzog. Der Kuss war so leidenschaftlich und so voller Leben, Lust und Hitze, dass er sie vollends schachmatt setzte. Olga verlor ihre ganze Kraft, mit der sie eben noch gegen das nächtliche Ungeheuer gekämpft hatte. Sie war verloren. Erst ein lautes Aufstöhnen Thorvalds ließ sie wieder zur Besinnung kommen. Sie erschrak.
    »Dein Bein! Das habe ich ganz vergessen«, rief sie, sprang auf und machte Licht.
    Thorvald stöhnte noch einmal auf, hielt sich den Arm vor die Augen und setzte sich ebenfalls auf.
    Olga besah sich die zerfetzte Jeans. »Wir sollten damit zu meinem Vater.«
    »Ach was.«
    »Kannst du die Hose ausziehen? Ich möchte mir die Wunde ansehen.«
    »Gerne.« Thorvald legte sich wieder auf den Boden und ließ Olga gewähren. Theatralisch verdrehte er die Augen und wollte Olga noch einmal umarmen, doch die blieb standhaft. Obwohl es ihr schwerfiel.
    »Hör auf damit«, sagte sie sanft. »Ich hole etwas zum Desinfizieren.« Sie stand auf und ging in die Küchenecke. »Was machst du überhaupt hier, mitten in der Nacht?«, rief sie, während sie nach dem Erste-Hilfe-Päckchen suchte, das seit mindestens fünfundzwanzig Jahren im Schrank über der Spüle lag. Thorvald stand auf, humpelte zum Kühlschrank und holte sich ein kaltes Bier. Dann setzte er sich auf das Sofa.
    »Ach was, ach was! Du kannst ja nicht einmal richtig laufen.« Olga tupfte die Wunde ab. »Lass dir wenigstens morgen eine Tetanusimpfung verpassen. Im Übrigen dachte ich, du bist in der Stadt.«
    »War ich auch.« Thorvald nahm ihren Kopf in seine Hände. »Ich hatte nur plötzlich so große Sehnsucht nach dir!«
    Er lehnte sich vorsichtig wieder zurück und zog Olga in seine Arme, ohne sein Bier zu vergessen. »Puhhh, ich hatte schon während der Probe so einen schlimmen Durst.« Mühsam richtete er sich auf. »Wir müssen endlich mal zu Robert. Das ist doch bestimmt sein Köter, oder?«
    »Wenn ja, dann ist eine Anzeige

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