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Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget

Titel: Der Wald Steht Schwarz Und Schweiget Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Tessendorf
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blieb sie stehen. Roman löste sich aus der Dunkelheit und stürmte auf die beiden zu.
    »Papa!«
    »Olga! Was machst du denn hier?«
    »Ich habe dich gesucht   … ich   … ist dir was passiert?«
    »Nein, nein. Aber Luis   … los   … schnell! Wir müssen ihn finden, bevor er noch mehr Dummheiten macht. Er weiß nicht mehr, was er tut.« Roman rannte bereits durch den Wald.
    Olga lief ihm nach. »Will er zur Hütte?«
    »Ja. Er sucht Julianes Unterlagen. Die habt ihr doch, oder?«, rief Roman und lief los.
    »Aber Ines ist bestimmt inzwischen dort!«, rief Olga.
    Roman war bereits außer Sichtweite. »Wir müssen uns beeilen! Schnell!«
    Der Weg vom See bis hinauf zur Jagdhütte schien ihnen unendlich lang. Als hätten sie sämtliche Dämonen des Waldes an den Fersen, liefen die drei Gestalten durch das dichte Gestrüpp. Im Laufen nahm Roman das Gewehr an sich, das Thorvald über der Schulter hängen hatte.
    »Guter Schuss vorhin, Thor. Oder Zufall?«
    Thorvald war völlig außer Atem. »Ich bin betrunken. Such dir was aus!«
    Ein Nachtkäuzchen schien ihnen zu folgen, sein Ruf begleitete sie in gleichbleibendem Abstand.

22
    Die Hütte lag still auf der Anhöhe. Die Fensterläden waren zu. Das Verandalicht brannte. Roman bedeutete Olga und Thorvald, am Waldrand zurückzubleiben. Er ging langsam auf die Hütte zu, schlich die Verandastufen hinauf und horchte an der Tür. Vorsichtig drückte er die Klinke hinunter, doch die Tür war verschlossen. Er glaubte, einen Hauch von Benzin wahrzunehmen. Augenblicklich fielen ihm die großen Kanister Benzin für den Rasenmäher ein, die hinter der Hütte standen. Leise schlich er zu den anderen zurück.
    »Was ist?«, flüsterte Thorvald.
    Roman schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, Luis ist jetzt am Zug. Wir können da nicht rein, ohne unser Leben zu riskieren.«
    »Und Ines?«, fragte Olga leise. »Sie ist doch auch da.«
    »Ich kann versuchen, von hinten aufs Dach zu klettern. Das Dachfenster geht leicht auf«, schlug Thorvald vor, doch Roman drückte ihn gleich wieder zu Boden.
    »Das ist meine Angelegenheit«, sagte Roman. »Ich will nicht, dass euch was passiert. Außerdem fällst du in deinem Zustand vom Dach und brichst dir wieder was.«
    »Dann lass uns zusammen gehen«, schlug Thorvald nach kurzer Überlegung vor. »Du gibst mir Deckung!« Schon war er hinter dem Haus verschwunden. Roman postierte sich ein paar Meter neben Olga hinter dem großen Ilex. Vom Haus her kam kein Geräusch, kein Laut. Olga verlor die Geduld. Sie wollte sich gerade vorsichtigerheben und zu ihrem Vater kriechen, als im Inneren der Hütte eine grelle Stichflamme zu sehen war.
    »Nein! Papa! Er kann doch nicht   …«
    Olga rannte zu ihrem Vater.
    »Verdammt! Luis! Was machst du da?«
    Es vergingen seltsam magische Sekunden, die Olga wie in Zeitlupe erlebte. Eine gewaltige Explosion holte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie war so heftig, dass ein großes Stück Wand der Vorderseite herausgesprengt wurde. Olga glaubte die Druckwelle zu spüren.
    »Thor!«
    Olga wollte losrennen.
    »Bleib stehen, Olga!« Roman packte Olga und warf sie zu Boden.
    Olga versuchte, sich von ihm loszureißen, doch Roman hielt sie fest. Gemeinsam liefen sie in weitem Abstand um das brennende Haus herum.
    »Thorvald! Ines!« Olga blieb stehen und schrie. Sie fiel auf die Knie, schrie, bis ihr die Stimme versagte. Weinte, kippte vornüber, das Gesicht landete im feuchten Gras.
    Ein Husten holte sie aus der bodenlosen Verzweiflung zurück. Undeutlich und flirrend sah sie eine dunkle Gestalt, die eine zweite aus der brennenden Hütte zog. Olga und Roman stürmten ihnen entgegen.
    Sie halfen Luis, den ohnmächtigen Thorvald bis an den sicheren Waldrand zu ziehen. Luis fiel neben Thorvald ins Gras, schlug sich die Hände vor das Gesicht und blieb liegen.
    Olga rannte auf die brennende Hütte zu. Ein Funkenregen ging über ihr nieder.
    »Olga!« Roman lief hinter ihr her. »Du kannst da nicht mehr rein.«
    Olga riss sich los. Wie in Trance lief sie vor dem Haushin und her. Irgendwann ließ sie sich fallen und starrte in das Flammeninferno. Die Wirklichkeit schien sich von ihr zu entfernen. Das Feuer wurde kleiner, rückte in weite Ferne, als wäre es bereits Vergangenheit.
    Wie eine Marionette drehte sie sich zu Luis hinüber, der wie ein Irrer auf die Hütte stierte, die allmählich in sich zusammenfiel.
    Plötzlich hörte Olga eine helle Stimme rufen. Wie die eines Engels. Sie drehte sich langsam

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