Der Waldläufer
dazuzähle, waren es drei«, erwiderte der Erzähler.
»Bei Gott, dann sind es tapfere Männer! Doch fahrt fort!«
Der Gambusino erzählte weiter: »Die Gefährten dessen, der mich auf seinen Armen getragen hatte, waren ein anderer Mann, fast von seinem Alter – das heißt fünfundvierzig bis fünfzig Jahre –, und dann ein junger Mann mit bleichem, aber stolzem Gesicht, mit funkelndem Auge und süßem Lächeln. Bei Gott, ein schöner junger Mann, Señorita, den ein Vater stolz seinen Sohn nennen würde; ein Mann, der eine Frau glücklich und stolz machen würde, wenn sie ihn zu ihren Füßen sähe. In einem kurzen, ruhigen Augenblick, den meine schrecklichen Schmerzen mir vergönnten, konnte ich meine Befreier nach ihren Namen und ihrem Stand fragen. Aber ich konnte nichts von ihnen erfahren, als daß sie Otternjäger wären und zu ihrem Vergnügen die Steppe durchstreiften. Das war nicht recht wahrscheinlich; doch machte ich keine Bemerkung darüber.«
Doña Rosarita konnte einen Seufzer nicht ganz unterdrücken; vielleicht erwartete sie einen Namen.
Gayferos fuhr in der Erzählung der Einzelheiten fort, die der Leser schon kennt. Als er bei der Entführung Fabians von Mediana angelangt war, vermied er es aus einem Gefühl des Anstands für das junge Mädchen, von Main-Rouge und Sang-Mêlé u sprechen. »Ja, Señorita«, rief er aus, »der arme junge Mann wurde von den Indianern gefangengenommen, und sein martervoller Tod sollte den Tod der Ihrigen sühnen.«
An dieser Stelle der Erzählung hatten sich die Wangen Rosaritas mit einer tödlichen Blässe bedeckt.
»Nun, und dieser junge Mann«, unterbrach ihn der Hacendero, den diese traurige Entwicklung beinahe ebensosehr wie seine Tochter aufregte; »was ist aus ihm geworden?«
Rosarita, deren Stimme bei der Erzählung des Gambusinos erloschen war, vergalt mit einem zärtlichen, dankbaren Blick die Sorge, die ihr Vater für diesen jungen Mann zeigte, für den sie sich so lebhaft interessierte.
Gayferos verbarg einen Blick der Freude und enthielt sich immer noch mit demselben Zartgefühl auch der geringsten Anspielung auf den blutigen Kampf im Tal der Red Fork. Er fuhr dann fort: »Drei Tage und drei Nächte vergingen in schrecklicher Angst, die nur von einem schwachen Hoffnungsschimmer gemindert wurde. Endlich am Morgen des vierten Tages konnten wir unversehens über die blutdürstigen Räuber herfallen, und nach einem erbitterten Kampf konnte der riesenhafte Krieger denjenigen frisch und gesund wieder befreien und an sein Herz drücken, den er seinen vielgeliebten Sohn nannte.«
»Gott sei Dank!« rief der Hacendero mit einem tiefen Seufzer aus.
Rosarita sagte nichts; aber die an die Stelle ihrer Blässe getretene belebtere Gesichtsfarbe war Zeugnis genug von ihrer Freude. Ihre Lippen waren wieder ruhig geworden und lächelten beim Schluß der Erzählung des Gambusinos.
Wir müssen einen Augenblick Gayferos' Erzählung unterbrechen, um noch zu erwähnen, daß der Angriff Bois-Rosé und seiner Schar an den Ufern des Roten Flusses so ungestüm gewesen und die Flucht Don Agustins mit seiner Tochter so eilig erfolgt war, daß beide zwar die Einzelheiten des Kampfes, aber durchaus nicht die Namen derer wußten, die sich dort ausgezeichnet hatten. Allerdings hatte Rosarita Fabian im Kampf an der Seite Bois-Rosé gesehen, aber ohne zu wissen, wie der Jäger hieß; ohne zu wissen, daß Fabian der Gefangene der Piraten der Prärien gewesen war. Doch weckten gewisse übereinstimmende Punkte die Hoffnung des jungen Mädchens.
»Fahrt fort!« sagte der Hacendero. »Aber in dieser Erzählung, die einen Mann lebhaft interessiert, der selbst vor sechs Monaten Gefangener der Indianer war, suche ich vergebens die einzelnen Umstände, die den Tod des armen Don Estévan veranlaßten.«
»Ich kenne sie nicht«, fuhr Gayferos fort, »und kann Euch nur die Worte des jüngsten unter den drei Jägern wiederholen, den ich eines Tages darüber befragte. ›Er ist tot‹, sagte er zu mir mit ernstem Ton. ›Ihr selbst seid der letzte Rest einer größeren Expedition. Wenn Ihr nach Hause zurückgekehrt sein werdet – denn‹, fügte er seufzend hinzu, ›Ihr habt vielleicht jemand dort, der schmerzlich die Tage Eurer Abwesenheit zählt –, so wird man tausend Fragen über das Schicksal Eures Chefs und Eurer Führer an Euch richten. Antwortet darauf: Die Führer sind in der Erfüllung ihrer Pflicht getötet worden. Was Euren Chef anbelangt, so hatte ihn die Gerechtigkeit
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