Der Waldläufer
Streite. Da hatte er bemerkt, daß einer seiner letzten Krieger Mo-la liebte und bei ihr dieselbe Zuneigung fand. Er war zornig darüber gewesen und hatte den Jüngling aus seinem Zelte und von seinem Feuer gewiesen.
»Die Rose der Comanchen tritt nur in das Zelt eines Häuptlings, der einen großen Namen hat!«
So hatte damals sein Wort geklungen, und der junge Mann hatte es sich gemerkt.
Eines Tages war er aus dem Lager verschwunden gewesen, niemand wußte wohin. Bald aber drang die Kunde von ihm aus allen Richtungen herbei. Er hatte ganz allein eine jener Abenteuerfahrten unternommen, wie sie von den kühnen Recken des Alterthums und den irrenden Rittern des Mittelalters erzählt werden und noch heute bei den kriegerischen Nomadenstämmen des amerikanischen Festlandes vorkommen. An jedem Lagerfeuer, in jeder Hütte und in jedem Zelte wurde bald von ihm gesprochen; er war ausgezogen, um sich einen Namen zu holen oder unterzugehen, und als er wiederkehrte, bedeckt von Wunden und Skalpen, da brauchte er ihn nicht mitzubringen, denn er war ihm bereits vorangegangen. »Falkenauge« hatten ihn die Apachen genannt; er wurde mit Jubel aufgenommen und bald als der brauchbarste Krieger seines Stammes anerkannt, den man zu den schwierigsten Expeditionen verwandte, die man keinem Andern anvertrauen konnte.
Mo-la war stolz auf ihn, und auch der »kluge Fuchs« widmete ihm im Stillen eine väterliche Zuneigung, die von Woche zu Woche, von einer That des Jünglings zur andern, größer wurde, obgleich er es sich nicht merken ließ.
Die erste Hälfte seiner Aufgabe hatte er erfüllt: er trug einen geachteten Namen. Die zweite Hälfte war schwieriger zu lösen: Häuptling zu werden konnte er nur dann Hoffnung haben, wenn ein Krieg zwischen den Comanchen und Apachen ausbrach, oder es ihm sonst gelang, sich durch eine außerordentliche That auszuzeichnen.
Jetzt stand er vor seinem Zelte und blickte hinaus in die Savanne, an deren westlichem Horizonte der sich immer mehr vergrößernde Sonnenball sich zur Tiefe senkte und die Savanne mit wallenden Gluthen überfluthete.
Da kam die Zeltreihe herab ein Stammesgenosse auf ihn zugeschritten.
»Mein Bruder soll zu dem Häuptling kommen!«
Falkenauge nickte und schritt auf das Zelt des Fuchses zu.
Dieser wies bewillkommnend mit der Hand auf die Pantherhaut, welche zu seiner Seite ausgebreitet lag, und bot ihm die Pfeife, deren Kopf aus dem heiligen, rothen Tone des Mississippithales geformt war.
Falkenauge setzte sich und that einige Züge, worauf er das Kalumet dem Häuptlinge zurückreichte.
»Die Kugel eines Knaben hat Adlerauge getroffen,« begann dieser die Unterredung. »Ist die Wunde von Gefahr für ihn?«
»Die Blume der Comanchen hat das Kraut der Heilung aufgelegt; ihre Hände sind lind und ihre Finger wie die Spitzen der Morgenröthe; die Nacht der Krankheit und des Todes muß ihnen weichen.«
Mo-la hörte diese Worte und erröthete. Er wagte, von ihrer Liebesthat zu sprechen; das war ein Zeichen, daß er sich der Erreichung seines Zieles bewußt war.
»Das Licht des Morgens geht über den Himmel und verschwindet am Abende wieder,« antwortete der Fuchs in der bilderreichen Ausdrucksweise der Indianer, die von sich und zu andern meist nur in der dritten Person sprechen. »Mein Sohn vermag nicht, es festzuhalten.«
»Es kehrt zurück,« antwortete der Jüngling kurz und stolz.
»Es kehrt zurück,« wiederholte der Häuptling, auf seinen Zweck einlenkend, »und beleuchtet die Beute der Comanchen, welche den Büffel gejagt und getödtet haben. Die Häute der Thiere liegen vor den Zelten, und kein Krieger wird sie mit in die Heimath nehmen.«
»Die Bleichgesichter bedürfen der Häute zu Sohlen für ihre Moccassins.«
Der Häuptling nickte, zufrieden mit dem Scharfsinne Falkenauge’s, der ihn errathen hatte.
»Gegen Mittag liegt das Land der Bleichgesichter, mit denen der Apache kämpft und der Comanche in Frieden lebt.«
»Es heißt Tubac.«
»Mein Sohn kennt es?«
»Falkenauge hat die steinernen Hütten gesehen, welche sie eine Stadt nennen.«
»Wie viele Bleichgesichter wohnen dort?«
»Falkenauge konnte sie nicht zählen; es waren ihrer mehr denn drei Comanchenstämme.«
»Und wie nennt man diese Stadt?«
»Man nennt sie wie das Land, Tubac.«
»Giebt es dort Pulver und Blei?«
»Pulver, Blei und Flinten, Messer, Tabak, Decken, Perlen und alles, was der rothe Mann für sich und seine Squaw gebraucht.«
»Und die weißen Männer werden die Häute
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