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Der Waldläufer

Der Waldläufer

Titel: Der Waldläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die tiefe, niedrige Stube nur zwei kleine Fenster hatte, deren Scheiben außerdem so blind waren, daß der Strahl der Sonne nur mit halbem Lichte hindurchzudringen vermochte.
    An dem noch übrigen Tische hatte ein Viandante (herumziehender Krämer) Platz genommen und beschäftigte sich damit, die Gegenstände, welche er in zwei großen, umfangreichen Paketen bei sich trug, zu ordnen. Dabei bemerkte er allerdings die gierigen Blicke nicht, mit welchen die beiden Papagos den Inhalt derselben musterten.
    Der Haziendero hatte eben das Wort.
    »Ja, neunzehn Pferde sind es, die sie mir gestohlen haben, diese spitzbübischen Apachen, aber, per dios, ich werde sie mir wieder holen. Wir haben ihre Spur, die um die Stadt herumführt, und sind nur einmal eingekehrt um eine kleine Stärkung zu uns zu nehmen. Wollt Ihr mit, Don Franzesko?«
    »Danke, Sennor. Mir ist ein gutes Glas Alfa lieber, als ein Stich zwischen die Rippen oder ein Schnitt um die Haare herum,« erwiderte der Wirth. »Habt Ihr die Spuren gezählt?«
    »Es sind über vierzig.«
    »Dann darf es Einem ja angst und bange werden um die schöne Expedition, welche Don Estevan de Arechiza nach der Apacheria geführt hat!«
    »Wegen diesen Vierzig oder Fünfzig doch noch nicht. Die Rothen leben ja nicht wie wir in großen Kommunen beisammen; sie brauchen viel Platz und lieben es daher, sich zu zerstreuen. Ein Volk hat viele Stämme, und jeder Stamm sondert sich wieder in einzelne Trupps, von denen jeder auf eigene Rechnung handelt. Es ist anzunehmen, daß meine Pferdediebe von der Expedition gar nichts wissen, sonst wären sie ihr gefolgt.«
    »Wohin weisen die Spuren?«
    »Gerade nach dem Norden.«
    »Also nach der Savanne. Dann sind wir im Präsidio also die Schufte los!«
    »Aber sie uns nicht. Sie sind uns zwar überzählig, denn wir sind nur zehn Mann, aber ich meine, ein guter Vaquero nimmt fünf solcher Kerle auf sich, und wenn ich Einen finde, der sich anschließen will, dem zahle ich zwei Quadrupel für eine Indianerhaut.«
    Bei diesen Worten richtete sich einer der beiden Cibolero’s empor.
    »Ist das Euer Ernst, Sennor?«
    »Mein vollständiger. Warum?«
    »Weil wir uns dann einige von Euern Quadrupeln verdienen möchten.«
    »Warum nicht?« meinte der Haziendero, indem er die zwei Männer musterte. »Ihr scheint nicht jung im Fache zu sein. Darf ich nach Euren Namen fragen?«
    »Ich heiße Encinas und mein Gefährte Pascual. Wir befinden uns eigentlich auf dem Wege nach der Hazienda del Venado, wo wir Don Augustin Pena gewöhnlich beim Zeichnen seiner Heerden geholfen haben, wenn Ihr diesen Sennor kennt.«
    »Den kenne ich wohl. Er ist der reichste Heerdenbesitzer von ganz Sonora und hat eine Tochter, die so schön ist, daß sie der Stern von Sonora genannt wird.«
    »Was Ihr da sagt von seinem Reichthume und ihrer Schönheit, ist Beides wahr. Rechnet nun noch dazu, daß Beide gleich gut und wohlthätig sind, so werdet Ihr Euch nicht darüber wundern, daß zwei Cibolero’s jährlich eine wirkliche Reise unternehmen, um Don Augustin und die schöne Rosarita aufzusuchen.«
    »Wo wird er heuer seine Treiben abhalten?«
    »Am Büffelsee. Und wenn ich mich nicht irre, so kommt die junge Dame auch mit. Er hat es ihr vor einem Jahre sicher und gewiß versprechen müssen.«
    Der Jüngere der beiden Papagos horchte auf. Er wandte sich zu dem Aelteren und flüsterte ihm in englischer Sprache zu:
    »Hörst Du, Alter? Die Sennorita kommt!«
    »Hole sie der Teufel!«
    »Nein, nicht er, sondern ich hole sie!«
    »Daß es Dir geht wie damals, als uns dieser Tiburcio Arellanos – zounds, Deine Flinte allein war mehr werth, als das Mädchen mit ihrem Milchgesichte. Wer sein Auge auf ein Weib richtet, der wird blind. Das habe ich gesehen bei Deiner Mutter, der rothen Hexe –«
    »Alter, laß mir die Mutter in Ruhe, sie ist tausendmal mehr werth gewesen als Du! Siehst Du die Sachen, welche dieser Viandante eingepackt hat?«
    »Ich sehe sie wohl, denn ich denke an kein Mädchen und bin also auch nicht blind,« antwortete der andere giftig. »Schau hinaus zu den Maulthieren, wenn Du noch mehr sehen willst!«
    Vor dem Hause waren die Pferde des Haziendero und seiner Vaquero’s angekoppelt, und an den Ladenhaspen hingen zwei wohlbepackte Maulthiere, welche dem Krämer gehörten, der nur einen kleinen Theil seiner Waare mit in die Wirthsstube gebracht hatte.
    Der jüngere Papago hatte sie längst bemerkt.
    »Die Waaren müssen unser werden, Alter!«
    »Das versteht sich! Aber

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