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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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sehr erschreckt.
    »Da hat der Alcalde sicher gehörig vom Bischof Mateo Bescheid gekriegt, das soll ja ein ganz scharfer Hund sein.« »Der Bischof? Dass ich nicht lache! Der Herr Bischof Mateo de Langreo y Nava hat heute Morgen in aller Herrgottsfrühe mit seinem gesamten Tross die Kurve gekratzt, einschließlich seiner Leibgarde; ich weiß es von dem Kameraden, der vor mir Wache schob. Der hat das Ganze beobachtet, als es sich vor der Bürgermeisterei abspielte. Muss mächtig was los gewesen sein!« »Aber wie man hört, sollte heute doch der Inquisitionsprozess weitergehen?«, fragte ich.
    »Und ob!«, bestätigte er. »Wenn da nicht gestern dieser Abt gewesen wäre. Der soll dem Bischof ganz schön Feuer unterm Hintern gemacht haben. Man sagt, er hätte sich leidenschaftlich für den Angeklagten, für diesen Vitus, glaube ich, eingesetzt. Aber Bischof Mateo ist einer, der die Konflikte scheut, im Gegensatz zu seinem Adlatus, dem Enrique. Das ist der eigentliche scharfe Hund, der erledigt die Drecksarbeit! Dieser Schiefhals, wie man ihn nennt, ist heute Morgen auf eine Trage gelegt worden, die man zum Transport über zwei Pferderücken gelegt hatte. Was ihm fehlt, weiß ich nicht, der Kamerad sagte nur, sein Gesicht wäre vor Schmerzen weiß gewesene« Lupo unterbrach sich, um an seinem Wein zu nippen. Dann setzte er seinen Bericht fort: »»Ich kann's gar nicht glauben, dass der Inquisitor nicht mehr in Dosvaldes ist«, sagte ich und musste mich dabei gar nicht groß verstellen.
    »Wo ist er denn hin?«
    »Weitergezogen nach Santander«, erklärte der Posten wichtig, »die baskischen Ketzer werden sich freuen, vorausgesetzt, es gibt da überhaupt noch welche.«
    »Nach Santander«, wiederholte ich. »Was Ihr nicht sagt! Das bedeutet ja, dass die Inquisition hier die längste Zeit gewütet hat, weil es keinen Ankläger mehr gibt.« »So ist es«, antwortete er, und dann wurden wir unterbrochen durch Vaters Rufe. Das ist alles.«
    Vitus griff spontan nach Lupos Hand: »Scheint wirklich so, als müssten wir uns keine Sorgen mehr machen, wir danken dir!« Der Magister nickte. »Das tun wir. Du hast wirklich eine Menge rausgeholt aus der Wache. Respekt, Respekt! Insgesamt gesehen hat der Bursche sich nicht schlecht verhalten. Hoffentlich bekommt er keinen Ärger, weil er seinen Posten verlassen hat.«
    »Ach wo«, wehrte Orantes ab, »immerhin hat er die Ratte dingfest gemacht - und damit einen Leichenfledderer, der außerdem ein Dieb ist. Vergiss nicht, die Ratte hat mir Sachen verkauft, die ihr gar nicht gehörten.«
    »Ja, Vitus hat's gut.« Der kleine Mann lehrte mit einem Zug seinen Becher. »Er hat alle seine Habe aus dem Kerker zurück, aber ich, ich vermisse einen ganz bestimmten Gegenstand.« »Du vermisst etwas? Was denn?«, wunderte sich Vitus. »Na was wohl? Meinen Datumstein natürlich. Ich habe mir doch immer gewünscht, auf seiner Rückseite mein Entlassungsdatum, äh ... ich muss wohl besser sagen: mein Fluchtdatum, einzuritzen. Nun ja, der Mensch kann nicht alles haben.«
    »Wie wär's denn mit diesem?«, fragte Antonio. Er griff hinter sich und holte den Datumstein hervor. »Ja was ... ja wo ... ja wie ... Das gibt's doch gar nicht!« »Ich habe ihn gestern in der Todeszelle mitgehen lassen, weil ich wusste, wie viel Euch an ihm liegt, Herr Magister.« Antonio feixte von einem Ohr zum anderen. »Junge, ich danke dir, du weißt gar nicht, was du mir damit für eine Freude machst!« Der kleine Mann schüttelte Antonio ausdauernd die Hand.
    »Wenn das so weitergeht, dürfte der carpus in Mitleidenschaft gezogen werden«, ließ sich Pater Thomas vernehmen. Er lächelte fein.
    Erschrocken ließ der Magister die Hand fahren. »Was? Wieso? Habe ich etwas falsch gemacht?«
    »Eigentlich nicht, Pater Thomas äußerte nur die Befürchtung, dass Antonios Handwurzel auf die Dauer zerquetscht werden könnte«, amüsierte sich Vitus.
    »Macht euch nur lustig! Wisst ihr was? Ich werde jetzt, in dieser Minute, damit beginnen, unser Fluchtdatum einzuritzen!« Sogleich begann der kleine Mann, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. »Kann ich noch etwas Wein haben?« »Aber gern, Herr Magister!« Cullus goss ihm nach. Dann teilte er den restlichen Wein unter den anderen auf. »Bene tibi!«
    Geraume Zeit später, die Nacht war schon hereingebrochen, wurde Vitus von Abt Gaudeck beiseite genommen. Sie schlenderten um die Scheune herum, und Vitus bemerkte zu seiner Überraschung, dass der Klostervorsteher nach Worten

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