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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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einer Weile, »Isabella scharrt schon mit den Hufen, sie spürt, dass es nach Hause geht.« Er gab dem Maultier einen Klaps und schritt voran. Die Zwillinge folgten.
    Vitus und dem Magister blieb nicht anderes übrig, als hinterher zu gehen.
    Nachdem sie eine Stunde lang stramm marschiert waren, blickte Orantes sich um: »Jetzt ist es nicht mehr weit, Freunde. Da vorn, links und rechts des Wegs, seht ihr schon unsere Olivenbäume. Dahinter kommt gleich der Hof.« Sie blickten voraus und erkannten viele Reihen knorriger alter Bäume, deren grünes Blattwerk silbrig im Wind blinkte. »Das ist ja ein ganzer Wald!«, staunte der Magister. »Wald wäre zu viel gesagt«, entgegnete Orantes,
    »es sind genau einhundertsiebenundzwanzig Stück, und alle sind uralt.«
    »Wie alt?«, wollte Vitus wissen.
    »Das kann niemand genau sagen. Ein paar hundert Jahre bestimmt. Ich weiß, dass schon der Vater meines Urgroßvaters immer von den »alten Ölbäumen« gesprochen hat. Seht mal, wie dick die Stämme sind, für mich gibt es keinen schöneren Baum auf dieser Welt. Wusstet ihr, dass es Dutzende von unterschiedlichen Arten gibt?«
    »Nein, das wusste ich nicht.« Vitus war ehrlich erstaunt. »Welche Art wächst denn hier?«
    »Wir haben die Gordial, es ist eine Sorte, die besonders große Oliven von vorzüglichem Geschmack ergibt.« In Orantes' Stimme schwang Stolz mit. »Allerdings macht die Ernte jedes Jahr eine Heidenarbeit, zum Glück sind wir eine große Familie, da können viele Hände mit anpacken.«
    »Vielleicht können wir euch ja auch helfen?«, meinte der Magister.
    Orantes lachte. »Dann müsstet ihr mindestens bis Ende Oktober bei uns bleiben, aber da wollt ihr sicher schon längst über alle Berge sein.«
    »Allerdings.« Vitus fragte sich, wo er und der Magister dann wohl wären.
    »Die Erntetechniken sind sehr verschieden«, erzählte Orantes weiter. »Man kann in den Baum hinaufsteigen oder vom Boden aus sammeln. Dabei schüttelt man die Äste kräftig von Hand, damit die Früchte auf eine ausgelegte Plane herabfallen. Aber diese Methode kommt für uns nicht in Frage, weil unsere Äste viel zu stark sind.«
    »Aha, und wie macht ihr es?«, fragte der wissensdurstige Magister. »Wir kämmen die Äste aus. Dabei wird ein großer Holzkamm durch die Zweige gezogen. Aber man muss vorsichtig sein, weil sonst die jungen Triebe, die erst im Folgejahr Früchte tragen, beschädigt werden. Es gibt dazu auch eine Variante: Man stülpt sich über jeden Finger ein Ziegenhorn und benutzt dann die Hand zum Auskämmen. Nach dieser Methode hat man sogar eine Sorte benannt, es ist die Cornicabra.«
    »Das alles hört sich nach viel Arbeit an«, sagte Vitus.
    »Ist es auch, ein guter Pflücker schafft höchstens einen Baum pro Tag. Aber wir arbeiten nicht nur, wir feiern auch, und das kräftig: einmal im Jahr, wenn alle Olivenbauern sich in Porta Mariae treffen. Dort steht auch die Ölpresse, und das junge Öl wird mit jungem Wein gefeiert. Viele Olivenhainbesitzer haben nämlich auch noch Weinstöcke. Wir aber nicht, wir haben dafür ein paar Haselnussbäume, die in der Nähe des Hofes stehen. Da vorn ist er übrigens schon.« Er deutete auf ein altes, solides Steinhaus, aus dessen Dach blauer Rauch emporstieg. An seiner Form ließ sich das Wachstum der Familie gut ablesen, denn das Gebäude war wieder und wieder um Nebenräume erweitert worden. »Es erinnert mich an die Waben eines Bienenstocks«, meinte Vitus.
    »Allerdings«, bekräftigte der Magister.
    »Dank meiner großen Familie werdet ihr euch darin auch so fühlen«, entgegnete Orantes grinsend.
    »Willkommen zu Hause!«

Das Stotterkind Gago

    »G-jj-jj-jjem-m-m-m-mbüse-e-e-e-suph-supb-sup-p- p-pe!«

    S eht, Kinder, das ist ein Aaa ...« Orantes' Frau Ana saß am Küchentisch und malte den Buchstaben mit Kreide auf ein Stück alten Schiefer, wobei sie ihn betont lang aussprach, »mit einem A fängt das Alphabet an ... Aaaa ... und mein Name auch: »Ana«.«
    Bianca, Pedro, Maria und Elvira standen interessiert um sie herum.
    »Und meiner?«, drängte sich die achtjährige Maria vor. Sie war das lebhafteste der Mädchen und wollte immer alles ganz genau wissen.
    Ana lachte. »Dein Name fängt mit einem M an, aber das zeige ich euch später.« Sie hob den Zeigefinger und blickte geheimnisvoll in die Runde. »Es gibt aber einen Buchstaben, der uns allen gehört: Es ist das Ooo ...«
    Langsam schrieb sie ein großes O hin.
    »Wieso gehört uns allen das O?«, wollte Bianca

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