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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Tierquäler kann auf Isabella nach Rondena reiten«, befahl Vitus. »Sie wird, nachdem sie unseren Besucher in der Stadt abgesetzt hat, allein wieder zurückfinden.«
    Und so geschah es.

 

Das Zigeunermädchen Tirzah

    »Ich konnte es kaum erwarten, diesen Blasenkatarrh loszuwerden. Gestern Abend war ich zum ersten Mal ohne Beschwerden, und wie du siehst, habe ich dich gleich verführt.

    E s regnete eine ganze Woche lang, stetig, stark, in unaufhaltsamen Strömen. Die Nässe drang in jede Ritze und Fuge, ließ Nahrungsmittel verschimmeln und Kleidungsstücke klamm werden, schlug sich als Rost auf Eisen nieder und sickerte als Kondenströpfchen von der Decke - die Feuchtigkeit war allgegenwärtig. Es war, als hätte der Himmel seine Schleusen geöffnet, um auf der Erde nicht das kleinste trockene Fleckchen zu hinterlassen. Es regnete von morgens bis abends und wieder bis morgens, und in den wenigen Minuten, da das Wasser nicht herabrann, versuchten die Gaukler, ihre nassen Kleider zu trocknen und ein Feuer zu entzünden.
    Seit Menschengedenken hatte es eine solche Regenflut nicht gegeben.
    Endlich, am achten Tag, stahl sich gegen Mittag ein Sonnenstrahl durch die Wolkenwände, und die Menschen atmeten auf.
    Vitus verließ Tirzahs Wohnwagen und stellte sich mit geschlossenen Augen in die Wärme. Es tat gut, die Sonne wieder auf der Haut zu spüren.
    »Bis du nach Rondela zum stellvertretenden Alcalden durchkommst, dürfte es noch zwei Tage dauern. Was meinst du, Vitus, wird's ihm besser gehen?« Tirzah war an seine Seite getreten.
    »Wenn Dona Eugenia sich an meine Anweisungen gehalten hat, ja. Trotzdem: Der Magister und ich, wir sollten versuchen, morgen hinzukommen.«
    Tirzah machte ein enttäuschtes Gesicht. »Als deine Assistentin müsste eigentlich ich mit.« Während der Regentage war Arturo eines Abends in ihrem Wagen aufgetaucht und hatte Vitus gebeten, künftig die Stelle von Bombastus Sanussus einzunehmen. Vitus, der zuerst keineswegs einverstanden war, hatte schließlich zugeben müssen, dass an der Idee etwas dran war: Als Arzt der Truppe konnte er zusätzlich Geld zur Gemeinschaftskasse beisteuern und darüber hinaus eine Menge Erfahrungen sammeln, weil er mit den unterschiedlichsten Krankheiten in Berührung kam. Doch er hatte darauf bestanden, dass die Behandlungen künftig nicht auf einem Podest, vor aller Augen, durchgeführt wurden, sondern zu ebener Erde, wo er sich nicht so im Mittelpunkt fühlte.
    Arturo, der das gern verhindert hätte, weil er um die Reklamewirkung fürchtete, hatte nun seinerseits einlenken müssen. Als beide sich schließlich einig waren, hatte Tirzah sich überraschend zu Wort gemeldet und darauf bestanden, Vitus' Assistentin zu werden.
    »Du hast Recht«, räumte Vitus ein, »normalerweise solltest du mich begleiten. Aber in diesem Fall muss ich den Unterleib von Don Francisco untersuchen, und es wäre nicht schicklich, wenn du dabei zusehen würdest.«
    »Gut, dann eben nicht.« Tirzah gab sich Mühe, nicht allzu enttäuscht zu klingen. »Ich schaue mal nach dem Falben. Ich glaube, er ist wieder ganz gesund.«
    Sowie der gewalttätige Alizon auf Isabella davongeritten war, hatte Tirzah sich seines Pferdes angenommen. Es war ein prächtiges graugelbes Tier mit schwarzer Mähne, schwarzem Schweif und schwarzem Aalstrich auf dem Rücken. Tirzah hatte es mit kräftigem Futter aufgepäppelt und tagelang an seiner Seite gestanden, es gestreichelt und mit ihm gesprochen. Bien, wie sie es einfach nannte, hatte an Hals und Brust Ekzeme, die sie mit einem geheimen Rezept ihrer Zigeunermedizin behandelte.
    »Was hast du Bien eigentlich gegen die Ekzeme gegeben?«, fragte Vitus.
    Tirzah schaute ihn prüfend an. »Du weißt, dass ich dir das nicht sagen darf. Die Rezepte der Zigeuner sind geheim, es heißt, wenn man sie verrät, verlieren sie ihre Wirkung.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht. Ich gebe dir doch auch meine Rezepte, und sie wirken trotzdem.«
    »Das ist etwas anderes.« Sie kämpfte mit sich. »Also gut, ich sage es dir: Man zerreibt Bucheckern zu Pulver und bestäubt damit die befallenen Stellen. Außerdem muss das Tier zwei Tage fasten, damit die Giftstoffe im Körper abgebaut werden können. Das Einzige, was es in dieser Zeit bekommen darf, ist Wasser mit Honig. Nach den zwei Tagen zerdrückt man frische Lauchzwiebeln und gibt sie dem Futter bei. Das ist schon alles.«
    »Was? Ein Pferd, das Lauchzwiebeln frisst? Wie hast du das fertig gebracht?«
    »Nun ja, es war

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