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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Vitus' Hand deutete auf den grünen Vorhang, hinter dem sich der Kackstuhl befand. »Ist das richtig?«
    Kurzes Zögern. Dann ein Nicken. »Ihr habt aber regelmäßig gegessen?« Nicken.
    »Schwere Kost?« Schulterzucken.
    Vitus' Blick fiel auf die angebrochene Flasche auf dem Tisch. »Trinkt Ihr in letzter Zeit häufig Madeira, um die Schmerzen zu lindern?« Mehrmaliges Nicken.
    »Seid Ihr sicher, dass Euer Körper genügend Bewegung hat?« Zögern.
    »Nun, Capitän, ich denke, ich kann Euch beruhigen. Da Euer Puls kräftig schlägt, Ihr kein Fieber habt und nichts auf eine ernstliche Erkrankung hindeutet, scheint es sich nur um eine Verstopfung zu handeln.« Najera starrte ihn ungläubig an.
    »Ich gebe zu, dass es fast zu einfach klingt. Aber Blähungen können wie mit Messern in den Leib schneiden. Sorgt in Zukunft dafür, dass Ihr Euch mehr bewegt, und trinkt weniger von dem schweren Rotwein. Er hat eine stopfende Wirkung, regt keinesfalls die Darmtätigkeit an. Und noch etwas: Rubbelt Euch einmal täglich mit einem nassen Tuch den Leib ab, das regt die Verdauungssäfte an.« Der letzte Rat war zwar Unsinn, würde aber dafür sorgen, dass der Kommandant nicht mehr so stank. Najera, der innerlich aufatmete, fand wieder zu seiner alten Arroganz zurück. »Und was rät mir unser Hippokrates, damit ich zu Stuhle kommen kann?«
    »Das ist in der Tat die Schwierigkeit, Capitän.« Vitus tat, als hätte er die Anspielung nicht gehört. »In der Regel wirkt ein Sud aus Faulbaumrinde sehr stuhllösend, auch Feigen oder Trockenpflaumen tun Wunder.«
    »Ebenso wie die Einnahme von mehreren Löffeln Rizinus«, warf der Magister ein. Sein Gesicht verriet nicht, wie sehr er Najera die durchschlagende Wirkung gönnte.
    »All das dürften wir aber kaum an Bord haben«, überlegte Vitus weiter. »Oder gibt es eine Schiffsapotheke?« Er schaute Najera fragend an.
    Najera gab den Blick weiter an Fernandez. »Es gibt eine, sie befindet sich in der Kammer von Don Alfonso.«
    Der Steuermann deutete über sich an die Decke, wo sich der Raum des Ersten neben dem seinen befand. »Aber Ihr werdet darin kaum das Benötigte finden.«
    »Wenn das so ist«, entschied Vitus, »soll der Schiffskoch eine besonders salzige Brühe zubereiten. Damit, Capitän, dürfte Euer Problem schnell aus der Welt sein.«
    »Ich werde das veranlassen«, sagte der Magister.
    »Nein, ich kümmere mich darum.« Fernandez verschwand bereits durch die Tür.
    »Gut. In der Zwischenzeit, Capitän, werde ich Euch massieren. Wenn Ihr gestattet ...«
    Behutsam begannen Vitus' Hände den steinharten Leib des Kommandanten durchzukneten. Er arbeitete sich mit sanften, kreisenden Bewegungen vor, die sich, von der Mitte des Körpers ausgehend, langsam jener Zone über der linken Leiste näherten, die für den Sitz des Dickdarms bekannt war. Najera verspürte deutlich eine entspannende Wirkung. Er ertappte sich dabei, dass ihm die Prozedur keineswegs peinlich war, und versuchte, tief und gleichmäßig durchzuatmen. Die Hände auf seinem Leib arbeiteten derweil unermüdlich weiter, ruhig, fest, Sicherheit ausströmend.
    »Die Brühe, Capitan.« Fernandez war zurück und bot dem Kommandanten einen großen, dampfenden Becher an. Najera ergiff das Gefäß und roch daran.
    »Wo ist mein Diener?«, fragte er, sich wundernd, warum der Steuermann den Trank persönlich gebracht hatte.
    »Ich habe ihn mit einer anderen Arbeit betraut, Capitan.« Fernandez blickte Najera fest ins Gesicht. »Ich habe ihn zu Don Alfonso geschickt, damit er die Auspeitschung absetzt.« Najera nickte unmerklich und nahm den ersten Schluck.

    Im trüben Schein der Laterne rückte der Magister sein Nasengestell mehrmals zurecht, um besser sehen zu können. Er saß, lässig an den Fockmast gelehnt, im Mannschaftslogis unter dem Vorkastell. »Was sind das für seltsame blauschwarze Striche und Punkte?«, fragte er neugierig und tippte auf Rods rechten Oberarm.
    Der Schotte lachte. »Das ist eine Tatauierung. Hab sie mir von einer Eingeborenen im Pazifischen Ozean machen lassen.« Er spannte den Bizeps an. Die Zeichen dehnten und formten sich zu einem kantigen Kopf mit schmalen Lippen, einem stilisierten Bart und großen Augen. Sechs Pfeile, drei von links und drei von rechts, zeigten von außen auf Ohren und Wangen.
    Der kleine Gelehrte grinste. »Ich hoffe, sie war nicht so hässlich wie dieser Unhold?«
    »Gewiss nicht. Die Inselmädchen jenseits der Molukken sind von großer Schönheit und ebenso großer,

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