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Der Wanderchirurg

Der Wanderchirurg

Titel: Der Wanderchirurg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serno Wolf
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Verständnis dafür erwarten, dass Ihr von der perfekten Ausübung Eurer Pflichten weit entfernt seid, nichtsdestoweniger hört bei Geld die Freundschaft auf. Wer also, Don Alfonso, hat sich die zu viel bezahlte Dublone in die Tasche gesteckt?«
    »Das Ganze kann nur eine Verkettung unglücklicher Umstände sein, Capitan!« Der Erste drehte nervös am untersten Knopfseiner Uniformjacke. »Soviel ich weiß, hat Battista direkt mit dem Zahlmeister abgerechnet, nachdem er auf meinen Befehl die, äh ... »Schweine« an Bord gebracht hatte.«
    »Soso, Ihr nennt es also eine Verkettung unglücklicher Umstände, wenn ich betrogen werden soll.« Im Stillen amüsierte Najera sich köstlich. »Und wer, bitte schön, ist verantwortlich für den Zahlmeister?«
    »Nun, Capitan, das bin ich, aber ich muss ...«
    »Und wer ist verantwortlich für den Bootsmann?«
    »Nun, ich, Capitan.« Don Alfonso senkte ergeben den Kopf. Er wusste, dass er in der Falle saß.
    »Demnach gibt es nur drei Möglichkeiten«, Najera beobachtete die Finger des Ersten, die unverändert an dem Knopf drehten, »entweder der Zahlmeister hat die Dublone, oder Battista hat die Dublone, oder aber ...«, er machte eine bedeutungsvolle Pause, »Ihr habt sie selbst.«
    »Nein, Capitan!«, heulte der Erste auf. Der Knopf sprang ihm aus den Fingern und kullerte vor Najeras Koje.
    »Capitan, Ihr müsst mir glauben, dass ich von diesen Vorgängen nicht die leiseste Ahnung habe.«
    »Wie von allen Dingen hier an Bord«, ergänzte Najera süffisant. Er blickte zur Flasche Madeira, die wie immer griffbereit neben der Glashalterung stand, legte den Gänsekiel fort und fuhr sich automatisch über den Leib. Das Druckgefühl hatte sich verstärkt. Es würde nicht mehr lange dauern, und er musste seinen ersten Schluck an diesem Tag nehmen. Seine Gedanken kehrten zurück zu dem Fall. In Anbetracht der hohen Beträge, die er in Schiff und Ausrüstung gesteckt hatte, erschien der Verlust von einer Dublone eher geringfügig. Umso mehr, als Don Alfonso sie. ganz sicher nicht hatte - das war bei einem spanischen Hidalgo schlicht undenkbar. Überlegenswerter war schon, dass Battista oder der Zahlmeister dahinter stecken konnten. Andererseits: Eine offizielle Untersuchung würde wie üblich im Sande verlaufen - die Kerle würden sich nur gegenseitig die Schuld zuschieben. Nein, da war es besser, die Dinge auf sich beruhen zu lassen und dem Ersten Feuer unter dem Hintern zu machen. Der konnte das vertragen. Er, Najera, würde am Ende der Reise die Dublone ohnehin wieder vereinnahmen. Auf wessen Kosten, würde sich noch zeigen. »Don Alfonso, ich gehe selbstverständlich davon aus, dass Ihr mit den Geschehnissen nichts zu tun habt.«
    »Ich danke Euch, Capitan!« Der Erste witterte Morgenluft. »Dennoch ist es eine unfassbare Verfehlung, die Ihr Euch zu Schulden habt kommen lassen.« Najera, der an diesem Morgen eine himbeerrote Weste aus schwerem Atlas trug, strich sich abermals über den Leib, denn der Schmerz verstärkte sich. »Ich erwarte in, sagen wir, spätestens drei Tagen die vollständige Aufklärung des Falls.«
    »Jawohl, Capitan.« Don Alfonsos Miene verdüsterte sich wieder. Er hatte keine Ahnung, wie er aus diesem Schlamassel herauskommen sollte.
    »Capitan, Capitan, verzeiht die Störung!« Jose platzte zur Kajütentür herein. »Der Steuermann bittet, Euch seine Aufwartung machen zu dürfen, es war sehr dringend.«
    »Auch das noch«, murmelte Najera. Er machte eine herrische Bewegung mit der Hand. »Ihr dürft Euch empfehlen, Don Alfonso.« Dann griff er zur Flasche, um sich einen Madeira einzuschenken.
    Der Erste nutzte den unbeobachteten Augenblick, bückte sich, hob den Knopf auf und prallte fast mit Fernandez zusammen, der gerade eingetreten war. Ohne den Steuermann zu beachten, eilte er hinaus.
    »Jose, lass uns allein.« Najera nahm einen Schluck und fühlte, wie der Wein ihm wärmend die Kehle hinunterrann.
    »Jawohl, Capitan.«
    Najera nahm einen weiteren Schluck. Die beruhigende Wirkung des Alkohols verstärkte sich.
    »Capitan, auf ein Wort.« In Fernadez' Tonfall lag ungewohnt viel Respekt. Er stand in strammer Haltung da.
    »Was gibt's?« Najera hielt es zunächst nicht für nötig, Fernandez bequem stehen zu lassen. Er spielte lieber mit seinem Kristallglas. Das Licht der Morgensonne brach sich dutzendfach in dem schönen Schliff. Draußen war die dritte Wache an Deck, und soeben hatte der Doppelschlag der Schiffsglocke signalisiert, dass es 9 Uhr

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