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Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition)

Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition)

Titel: Der Weg des Falken (Literatur-Literatur) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jamil Ahmad
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gehe mit einem Koran auf dem Kopf. So kann mir nichts geschehen.« Sie trennte um die vierzig Kamele von der Herde und trieb, mit Dawa Khan an ihrer Seite, die Tiere voran. Sie waren kaum fünfzig Schritte weitergekommen, als zwei Maschinengewehre von beiden Seiten das Feuer eröffneten und die Kamele niedermähten. Es wurde wahllos geschossen. Es starben Männer, Frauen und Kinder. Mit ihnen starb auch Gul Janas Glaube, der Koran könnte eine Tragödie verhindern. Dawa Khan fiel im Kreuzfeuer.
    Die
pawindahs
unternahmen zwei weitere Versuche, und jedes Mal starben weitere Kamele. Nach dem dritten Versuch traten die
pawindahs
ihren beschwerlichen Rückzug an. Als sie Fort Sandeman erreichten, waren schon Hunderte von verendeten Kamelen und Schafen am Wegrand zurückgeblieben. Als sie die Grenze erreichten, waren die meisten Tiere der drei
kirris
tot.
    Es heißt, dass die Soldaten, zwei Tage nachdem die
pawindahs
abgezogen waren, die Forts räumen mussten. Der Gestank der Tierkadaver war so entsetzlich, dass die Soldaten beinahe den Verstand verloren. Es heißt weiterhin, dass die Kamelknochen und -schädel mittlerweile zwar von Wind und Wetter gebleicht sind, die Schieferklamm aber nach wie vor nach Tod stinkt.

    Als der General und sein Sohn ihre Reise nach Norden antraten, brodelte die Luft von Gerüchten. Sie folgten ihnen überallhin. Ob auf der Straße, ob in Dörfern und Weilern oder in geschäftigen Stadtbasaren: Es gab kein Entrinnen.
    »Die Nasirs sind am Kojak-Pass übel zugerichtet, entwaffnet und zurückgetrieben worden«, flüsterte ein Kameltreiber in Pishin.
    »Die Dottanis hatten beinahe die Ebene erreicht, doch dann wurden sie umzingelt, bevor sie sich zerstreuen konnten«, behauptete ein Wanderbrunnenbauer in der Nähe von Gulistan. »Ihre Anführer sind ins Gefängnis gesteckt worden. Wenn das nicht wahr ist, dürft ihr meine Frau als von mir geschieden betrachten.« Er hob drei Steinchen auf und ließ sie, wie beim Scheidungsritual, eines nach dem anderen zu Boden fallen und ging. Gerüchte schwirrten, doch Vater und Sohn gingen weiter. Untereinander sprachen sie nur über normale, alltägliche Dinge.
    »Möchtest du essen?«
    »Sollen wir rasten?«
    »Der Hamidzai Lora führt Hochwasser.«
    »Hagelschauer werden dieses Jahr die Mohnernte vernichten.«
    »Der Wollpreis ist dieses Jahr gestiegen.«
    Als sie ihre Abendmahlzeit beendet hatten und Naim Khan aufstehen wollte, um das Geschirr zu waschen, rief ihn sein Vater entschieden zurück. Naim Khan setzte sich wieder und wartete darauf, dass sein Vater sprach. »Sag mir«, fragte der General, »als wir uns durch diese Flut von Nachrichten und Gerüchten gekämpft haben, warum hast du nie zu mir gesagt: ›Dieses Gerücht ist falsch‹ und ›Jenes Gerücht stimmt möglicherweise nicht‹?«
    »Weil du der General bist. Es ist deine Sache, Urteile zu fällen. Du brauchst keinen Schutz. Du gewährst allen Schutz.«
    Karim Khan sah seinen Sohn unverwandt an und lächelte dann liebevoll. »Ja, du hast mich nicht enttäuscht, ebenso wenig wird es unser Volk tun. Einem Mann stehen hundertundein Wege offen, wenn er den Willen hat, zu wandern.«
    Der General sann eine Weile nach, bevor er weitersprach. »Erinnerst du dich, wie ich dich, als du ein Junge von lediglich fünf Sommern warst, einmal zu Painda Khan mitnahm, dem alten Mann der Kharots, der seine hundert Sommer überschritten hatte? Und du auf dem Schoß des Alten saßest und ihn fragtest, wie ein Mensch so alt werden könne?« Naim Khan nickte wortlos.
    Die Stimme des Generals wogte weiter. »Weißt du noch, was der alte Mann sagte? Er wandte sich zu dir, kämpfte gegen das Lachen an und sagte in ernsthaftem Ton: ›Das Geheimnis sind die rohen Zwiebeln. Ich esse rohe Zwiebeln, und ich überlebe.‹ Und dann hat er mir über deinen Kopf hinweg in die Augen gesehen, und wir haben uns verstanden. Was er dir an jenem Tag verriet, war das Geheimnis des Lebens schlechthin. Man lebt und überlebt nur, wenn man die Fähigkeit hat, bittere und widerwärtige Dinge zu schlucken und zu verdauen. Wir, du und ich und unser Volk, werden überleben, weil es nur wenige unter uns gibt, die keine rohen Zwiebeln mögen.«

    Nicht viele Tage nach diesem Zwischenfall rief Ghuncha Gul den Jungen und den Mullah in sein Zimmer im Fort. »Ich gehe«, sagte er zu ihnen. »Ich bin von meinen Pflichten hier entbunden worden, und ich kehre in mein Dorf zurück. Dort wird es in meinem Leben keinen Platz für einen

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