Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin

Titel: Der Weg in die Dunkelheit 2: Die Wächterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erika O'Rourke
Vom Netzwerk:
Mutter hatte mir verboten, dorthin zu gehen. Ich war mir nie sicher, ob sie sich größere Sorgen wegen der Gerüchte, dass es dort wilde Hunde gäbe, oder wegen der wilden Partys machte.
    Der BCC selbst war ein üppig grünes, von Bäumen gesäumtes Rechteck mit großen Freiflächen und einem leicht zu umgehenden Sicherheitssystem. Wie Pascal mir versicherte, war das Gelände perfekt für das Experiment geeignet, das ihm vorschwebte.
    Wenn man Pascal ansah, hätte man nicht erraten, dass er ein Bogen oder gar einer ihrer Anführer war. Schmächtig gebaut und etwas zerzaust wirkte er wie ein Mann, der sich in einem Chemielabor wohler gefühlt hätte als dabei, über eine geheime Gesellschaft zu herrschen. Ich fragte mich, worin genau Evangelines Rolle bestanden hatte und wer ihren Platz einnehmen würde.
    Pascal war komplett im Schusseliger-Professor-Modus, murmelte vor sich hin, während er Notizen in einem dicken, ledergebundenen Buch überflog, und hielt von Zeit zu Zeit inne, um die Augen zusammenzukneifen und sich auf etwas zu konzentrieren, das ich nicht sehen konnte.
    Als wir aneinander gebunden worden waren, hatte Luc mir einen Ring gegeben, um mir dabei zu helfen, die Sturzflut aufzuhalten. Der Ring hatte mir gestattet, die Ley-Linien zu sehen, die die Welt durchzogen. Evangeline hatte mir den Ring später abgenommen. Ich konnte die Linien spüren wie eine warme Strömung in einem kalten See, aber ich konnte sie nicht selbstständig sehen.
    » Eines wollte ich dich schon die ganze Zeit fragen«, sagte Pascal und blickte auf. » Wie fühlst du dich?«
    Ich bezweifelte, dass er auf Einzelheiten aus meinem Liebesleben erpicht war. » Ganz gut, schätze ich.«
    » Keine Langzeitfolgen von neulich? Kopfschmerzen, Schwindelgefühle?«
    Ich nahm meine Mütze ab und verdrehte sie mit beiden Händen. » Woher wissen Sie das?«
    » Nur so eine Theorie«, erwiderte Pascal. » Nasenbluten?«
    » Ein paar Mal. Warum?«
    » Das habe ich geheilt«, sagte Luc und musterte mich so eindringlich von Kopf bis Fuß, als ob er versuchte, durch meine Haut hindurchzusehen. » Ich habe es in Ordnung gebracht.«
    » Wie lautet Ihre Theorie?«, fragte ich Pascal.
    » Na ja, es ist nur eine Idee, verstehst du? Du bist eine ziemliche Anomalie.«
    Ich hatte gewusst, dass etwas nicht stimmte. Und das wusste Pascal eindeutig auch. Sogar Marguerite hatte einen Verdacht gehabt, aber sie hatte ihn Luc gegenüber nicht erwähnt. Warum nicht?
    » Was stimmt nicht mit ihr?«, fragte Luc heftig. » Du weißt, was es ist, du weißt es doch immer. Hör auf, um den heißen Brei herumzureden!«
    » Als die rohe Magie während der Sturzflut durch dich hindurchgeströmt ist, ist sie in irgendeiner Form eine Verbindung mit dir eingegangen. Jetzt verwendet die Magie deinen Körper wie jede andere Linie und versucht, durch dich zu fließen.« Er schüttelte den Kopf, ob vor Staunen oder vor Mitleid, konnte ich nicht erkennen. » Aber du warst nie dazu bestimmt, Magie zu wirken. Dein Körper kann den Energieanstieg nicht verkraften, also rebelliert er. Das Nasenbluten, die Kopfschmerzen … das sind alles Symptome des Drucks, der sich in dir aufbaut. Wenn ein Bogen auf eine Linie in deiner Nähe zurückgreift, reagiert diese Magie in dir und bricht hervor. Sie verstärkt die Wirkung des Zauberspruchs, aber zugleich auch deine Symptome.«
    » Wie bei der Besiegelung des Bundes«, sagte Luc. » Deswegen ist das so heftig verlaufen – ihr habt die Magie verstärkt.«
    » Ja. Ich habe keine Diagnosegeräte, aber ich glaube, dass eines eurer Flachen-Röntgenverfahren nach jeder Begegnung ein gehöriges Maß innerer Verletzungen zeigen würde.«
    Die Erinnerung an Kowalski, gefangen in einer Explosion roher Magie, stürzte wieder auf mich ein, und die Knie drohten unter mir nachzugeben.
    Luc zog mich nahe an sich heran und schob meinen Kopf unter sein Kinn. » Bring das in Ordnung«, befahl er. » Bring sie in Ordnung.«
    » Um das zu tun, sind wir ja hier.« Pascal schob seine Brille hoch. » Ich möchte, dass du heute Nacht mit einer Linie Kontakt aufnimmst. Nur mit einer kleineren – es ist nichts zu Machtvolles. Ich werde sie öffnen, und du kannst sozusagen die Zehen ins Wasser tauchen. Sobald du dich dann wohlfühlst, versuchst du, die Magie durch dich strömen zu lassen wie bei der Sturzflut.«
    Ich freute mich nicht darauf, die Sturzflut noch einmal zu erleben, aber Constances Gesicht, das Veritys so sehr ähnelte, stand weiter vor meinem inneren Auge.

Weitere Kostenlose Bücher