Der Weg in die Dunkelheit 3: Die Schöpferin (German Edition)
konnte? Sie hatte mir zwar gesagt, dass ich sprechen sollte, aber ich war nicht bereit, ihnen alles zu erzählen.
» Nichts«, sagte ich. » Wir haben uns über den Angriff und die Seraphim unterhalten, und sie hat sich sehr aufgeregt. Das ist alles.«
Sie glaubten mir eindeutig nicht, aber ich schenkte ihnen mein ausdruckslosestes, unaufrichtigstes Lächeln, weiter nichts, und sie entfernten sich am Ende, um den Wiederaufbau zu überwachen, und warfen mit sichtlichem Misstrauen Blicke zu uns zurück.
Luc ließ sich mit hängenden Schultern am Rand der Bühne nieder.
» Sie erholt sich schon wieder«, sagte ich und setzte mich zu ihm. » Es war eine Prophezeiung.«
» Das habe ich mir schon gedacht. Es ist eine seltsame Begabung. Unberechenbar.«
» Was meinst du, was diese Vision ausgelöst hat?« Letztes Mal war es eine Magieaufwallung gewesen, die ihre Trance hervorgerufen hatte. Aber das war heute nicht der Fall.
» Du vielleicht? Der Angriff? Dass sie den Tisch berührt hat?« Er schnaubte frustriert und betrachtete den zerstörten Versammlungssaal. » Zur Hölle, ich weiß es nicht. Pascal ist der Wissenschaftler, und du lässt ihn im Dunkeln. Willst du es mit mir genauso halten?«
Ich zog die Knie an die Brust, schlang die Arme darum und zog mich zurück wie eine Schildkröte in ihren Panzer, als ob ich die Katastrophe verhindern könnte, indem ich meine Geheimnisse für mich behielt. Aber ich wusste, dass dem nicht so war, und ließ die Arme wieder sinken und die Beine über den Rand der Bühne baumeln. Aus dem Augenwinkel sah ich den geborstenen Tisch, die gezackten Kanten des Holzes, die leblosen Symbole. Die Sprache der Magie war zerstört.
» Sie hat gesagt, dass ich nicht alle retten kann.«
» Wen?«
» Ich weiß es nicht. Sie hat alles Mögliche gesagt, Luc. Sie hat über Wege geredet, die mir versperrt sind, und über den hohen Preis, den meine Wahl mich kosten würde. Sie sagte, dass ich die Dinge ändern, aber nicht aufhalten kann. Dass ich zuhören soll, dass ich sprechen soll.« Ich zuckte die Achseln und fuhr frustriert mit belegter Stimme fort: » Es ergibt keinen Sinn. Entweder das eine oder das andere, nicht beides.«
» Wem zuhören?«
» Ihr, nehme ich an.« Ich ließ den Kopf auf seinem Arm ruhen und war mir nicht sicher, ob ich Trost suchte oder spendete.
Er lachte auf– widerwillig, aber immerhin lachte er, und das wertete ich als Erfolg. » Maman muss sich ihr Publikum sorgfältiger aussuchen. Du hörst ja doch nie, wenn jemand dir etwas sagt. Aber ich muss betonen, dass du langsam ein bisschen großmäulig wirst.«
Ich versetzte ihm einen leichten Klaps aufs Bein, und er lachte noch einmal und verschränkte seine Hand mit meiner, bevor er wieder ernst wurde. » Vielleicht wollte sie dich davor warnen, dich mit Anton anzulegen.«
» Dann hast du recht«, erwiderte ich. » Auf dem Ohr bin ich tatsächlich taub.«
Dominic erschien im Vorzimmer und kam auf die Bühne geschritten, gefolgt von Orla und Pascal. Luc und ich erhoben uns, immer noch Hand in Hand.
» Sie erinnert sich an kein Wort«, erklärte Dominic, » und behauptet, dass es keine Prophezeiung war, sondern nur Erschöpfung.«
» Ungewöhnlich«, sagte Pascal nachdenklich. » Glaubst du ihr?«
» Deutest du etwa an, dass meine Frau lügt?«
Die Luft im Versammlungssaal war Stück für Stück sauberer geworden, da die frischen Brisen, die Orla und ihre Leute geschaffen hatten, den Gestank der Düsterlinge fortgeblasen hatten. Jetzt füllte sie sich mit Misstrauen und Bedrohlichkeit und war wieder so erstickend wie zuvor, als ich hereingekommen war.
» Ich weise nur darauf hin, dass die Situation völlig anders als jede andere ist, mit der wir es bisher zu tun hatten«, antwortete Pascal nach einer langen Pause.
Ich fühlte seinen Blick auf mir ruhen, forschend, darauf erpicht, die Wahrheit herauszufinden. Ich musste seine Aufmerksamkeit ablenken. » Warum wolltet ihr mich sehen?«
» Wir müssen unsere Strategie besprechen«, sagte Orla. » Du und Anton konkurriert um das Quartorenamt. Wir müssen uns etwas einfallen lassen, um zu gewährleisten, dass du die nächste Matriarchin wirst.«
» Ich als Matriarchin? Das ist eine lächerliche Vorstellung, und das wird auch allen klar werden, sobald ich einen Zauber zu wirken versuche. Warum sollte irgendjemand mich auch nur in Erwägung ziehen?«
» Die Alternative heißt Anton.«
Nicht, wenn ich es verhindern konnte. » Es standen beinahe fünfzig Namen auf
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