Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition)

Titel: Der Weg: Wenn Gott Dir eine zweite Chance gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Paul Young
Vom Netzwerk:
Besucherstuhl saß. Der Sechzehnjährige blätterte in dem Fotoalbum mit Bildern der Familie und guter Freunde, das er oft mitbrachte, um sich die Zeit zu vertreiben, sanft vor und zurück schaukelnd wie zu einem unsichtbaren Wind oder Rhythmus. Er war beschäftigt, und das war gut. Man musste immer ein Auge auf ihn haben. Cabby spürte ihre Aufmerksamkeit und schaute auf, zeigte ihr sein wunderbares Lächeln und winkte liebevoll. Sie formte einen Kuss und schickte ihn durch die Luft zu ihrem erstgeborenen Kind, dem Resultat von etwas, das sie für wahre Liebe gehalten hatte. Ted hatte ihr treu zur Seite gestanden – bis zu dem Moment, als er zum ersten Mal das runde Gesicht, die mandelförmigen Augen und das kleine Kinn des Neugeborenen gesehen hatte. Plötzlich war der romantische Idealismus ihres Freundes aus dem Orbit gefallen und in die Realität tagtäglicher Verpflichtung gestürzt.
    Da sie beide gesund waren, mit dem naiven Optimismus der Jugend und der Welt als gemeinsamem Feind, hatten sie die Vorteile vorgeburtlicher Arzttermine und Check-ups ignoriert, die ihr Bundesstaat im Rahmen öffentlicher Programme kostenlos anbot. Nicht dass sie sich gegen das Kind entschieden hätte, wenn sie es vorher gewusst hätte. Nach dem anfänglichen Schock über die geistige Behinderung ihres Sohnes erwachte in ihr eine glühende Liebe zu ihrem kleinen Jungen. Und den Ausdruck bitterer Enttäuschung auf Teds Gesicht würde sie niemals vergessen. Während sie sich in ihren behinderten kleinen Kerl verliebte, entliebte Ted sich von ihr. Sie weigerte sich, schwach zu werden und davonzulaufen. Ted tat genau das.
    Manche Männer, die mit ihrer eigenen Sterblichkeit oder Scham konfrontiert werden, mit der ungewollten Aufmerksamkeit und dem Eindringen eines Kindes in ihr Leben, das nicht ihren Erwartungen entspricht, rechtfertigen ihre Feigheit mit edlen Worten und schleichen sich dann durch die Hintertür davon. Ted gab sich noch nicht einmal die Mühe, Lebewohl zu sagen. Drei Tage nach Cabbys Geburt kehrte Molly in ihre winzige Dreizimmerwohnung zurück, über der Bar, in der sie kellnerte, und fand keine Spur von Ted. Er hatte alles, was ihm gehörte, mitgenommen und war verschwunden, als hätte es ihn nie gegeben. In all den Jahren, die inzwischen vergangen waren, hatte sie nie wieder etwas von ihm gehört oder gesehen.
    Wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt, zeigt sich, wie es um unser Herz wirklich bestellt ist. Eine kleine Ungewissheit, die Aufdeckung einer winzigen Lüge, ein klein bisschen mehr vom 21. Chromosom, die Kollision des imaginierten Ideals mit der Realität kann bewirken, dass die Räder des Lebens blockieren und sich hinter der sorgsam aufgebauten Fassade der wahre, arrogante Charakter eines Menschen offenbart.
    Zum Glück ist für die meisten Frauen, im Gegensatz zu manchen Männern, Flucht keine Option. Molly reagierte auf ihre Verluste, indem sie sich mit Herz und Seele ganz ihrem Sohn zuwandte. Sie nannte ihn Carsten, nach ihrem Urgroßvater. Dafür gab es keinen besonderen Grund, außer dass der Name ihr immer gefallen hatte und ihr viele liebenswerte Geschichten über diesen Menschen erzählt worden waren. Den Namen Cabby hatte ihr Sohn sich selbst gegeben, weil er ihn leichter auszusprechen fand.
    Ungefähr ein Jahr nachdem sie mit Cabby nach Hause gekommen war, ließ sie sich von einem Barbesucher mit sympathisch wirkendem Gesicht und faszinierenden Händen um den Finger wickeln. Sie hätte es besser wissen müssen, aber die Sehnsucht ihres Herzens nach etwas Zärtlichkeit inmitten der täglichen Belastungen bewirkte, dass sie ihre inneren Alarmglocken ignorierte. Für ihn war sie bloß eine weitere seelenlose Eroberung, ein Weg, sich für eine Nacht durch den Körper eines anderen Menschen selbst zu lieben. Für Molly wurde diese Liebschaft zu einem Katalysator für umfassende Veränderungen. Mit der Unterstützung sozialer Hilfsstellen, einiger Freunde und einer Kirche, hinter deren Steinmauern mitfühlende Herzen zu Hause waren, zog sie um, suchte sich eine andere Arbeit und brachte neun Monate später Lindsay Anne-Marie Perkins, knapp 3,5 Kilo schwere, dunkelhaarige Gesundheit, nach Hause in eine Gemeinschaft, die ihr Kommen freudig erwartete. Nun, vierzehn Jahre später, war es Mollys Tochter, die todkrank in der Klinik lag, während Cabby, ihr Sohn mit Down-Syndrom, sechzehn und mit dem Verstand eines Achtjährigen, vor Gesundheit strotzte.
    »Es tut mir leid«, sagte Molly. Der Arzt

Weitere Kostenlose Bücher