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Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert

Titel: Der Weg zum Glueck ist ausgeschildert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina von Kleist
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führen, ist Familie jedoch beileibe nicht nur ein Hort des Glücks, sondern auch Brutstätte von Missbrauch, Gewalt und Angst. »Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit«, spottete Karl Kraus über verwandtschaftliche Verstrickungen und eine familiäre Obhut, die uns nicht nur einbindet, sondern auch Kräfte bindet und uns weit stärker ihren Stempel aufdrückt als uns oft bewusst ist.
    Gestützt auf Fakten, die erfragt, evaluiert und zu statistischen Befunden geschnürt werden können, belegt auch die Glücksforschung, dass unsere erworbene optimistische oder pessimistische Lebenseinstellung die Weichen dafür stellt, ob wir überwiegend negative oder positive Erfahrungen machen. Doch vor allem die Psychologie bzw. Psychoanalyse erhellt, in welchem Maße familiäre Verhaltensmuster auf unsere sozialen Beziehungen und Lebensweise durchschlagen. Ob wir auf Menschen zugehen oder anderen nicht über den Weg trauen, ob wir Fremdes skeptisch ablehnen oder uns erwartungsfroh Unbekanntem öffnen, hängt wesentlich davon ab, ob wir in jungen Jahren Grundvertrauen in andere und uns selbst erwerben konnten. Wuchsen wir auf im Klima von Furcht, Missgunst und (subtilen) Feindseligkeiten oder in einer Atmosphäre großherzigen Wohlwollens?
    Meine Interviews zum Thema Glück schließt Stiefkinder des Lebens aus. Menschen, deren persönliche Entwicklung durch schichtspezifische Bildungsferne und/oder zerrüttete Familienverhältnisse so beschnitten wurde, dass sie der Rolle des »Pechvogels« und Versagers verhaftet bleiben, kommen ebenso wenig zu Wort wie Menschen, die Herkunftsprivilegien verspielten und infolge übergroßer Verwöhnung strandeten.
    Sosehr sich die sozialen Rahmenbedingungen meiner GesprächspartnerInnen unterscheiden, so prägend es ist, ob man im Nationalsozialismus erzogen wurde oder von Eltern der 68 er-Generation, alle meine InterviewpartnerInnen kommen aus Verhältnissen, die ihnen die Chancen ließen, unter Möglichkeiten zu wählen. Dass die Mehrzahl freiberuflich tätig ist, mag ein Zufall sein, beleuchtet jedoch die überdurchschnittliche Bereitschaft, ausgetretene Pfade zu verlassen und auf die eigene Kompetenz zu setzen. Gleichwohl spiegeln ihre Berichte wider, wie sehr die eigene Lebenssicht von elterlichen Vorgaben abhängt. Ob unser Blick auf die –unvollkommene– Welt düster oder hoffnungsvoll ist, ob wir Herausforderungen annehmen oder Anstrengungen vermeiden, ob wir das Wohl anderer mitberücksichtigen oder fokussiert sind auf unsere Interessen, wird davon beeinflusst, welche Werte und welche Themen in unserer Herkunftsfamilie Bedeutung haben (hatten), auch und gerade dann, wenn wir uns mit aller Macht abgrenzen wollen.
    Manchmal ist das Talent zum Glück ein Startkapital. Dass glücks- und liebesfähige Eltern ihre positive Lebenseinstellung an ihre Kinder weitergeben, pflanzt die Gabe, das Glas halb voll und nicht halbleer zu sehen, oft über Generationen fort. Beruflich naturgemäß nicht mit überbordendem Glück befasst, beleuchtet der Berliner Psychotherapeut Dr. Wolfgang Krüger die Quelle, aus der die sprichwörtlichen »Sonntagskinder« ihre positive Weltsicht schöpfen: »Die Menschen, bei denen ich annehme, dass sie glücklich sind oder waren, haben ein soziales Netzwerk, sie sind relativ hilfsbereit, sie sind in gewisser Weise gutmütig. Ihre Hinwendung zu anderen paart sich mit etwas Eigenem, sie strahlen Persönlichkeit aus. Ich vermute, die Grundlage für Glück ist das Urvertrauen, das man in der Kindheit mitbekommen hat. Tiefes Glück kommt aus einer liebevollen Beziehung, die wir als Kind erfahren und die uns ein Leben lang trägt. Das tiefste Unglück ist, wenn wir innerlich so verunsichert und gespalten sind, dass wir ein Leben lang um unser Selbstbewusstsein ringen müssen.«
    Gelockt und geleitet von dem überwiegend Freude spendenden elterlichen Vorbild, eifern Kinder Verhaltensweisen nach. Dass sie in der Entwicklung zur Eigenständigkeit ermutigt werden, gibt ihnen die innerliche Freiheit, bewährte »Glücksrezepte« zu übernehmen, ohne dass sie sich über deren Gehalt schon im Klaren sind. Vor allem auf Durststrecken des Alltagseinerleis und in Notzeiten zeigt es sich, ob Menschen von einer emotionalen Vorratskammer zehren können oder ob sie schnell verkümmern, wenn der Nachschub kleiner und größerer Glücksdrogen einmal länger ausbleibt.
    Wie wir an uns selbst leicht feststellen können, treten wir jedoch auch in die Fußstapfen unserer

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