Der weibliche Weg Gottes
gesagt — spätestens nachdem wir unserem Ärger Luft gemacht hatten.
Peregrinos
Wie wird es den Pilgern ergangen sein, die hier vor tausend oder fünfhundert Jahren ihren Weg gegangen sind? Keine Markierung auf den Wegen, keine absolut wind- und wasserdichten Jacken und Hosen, kein komprimiertes Kraftfutter im Rucksack. Auch kein Reiseführer im Gepäck, der einem genau sagt, wo es wieder zu essen und zu trinken gibt, wo die nächste Herberge liegt. Wagemutig müssen sie gewesen sein, die ersten Pilger. Getrieben von dem Wunsch, schwere Sünden zu büßen, begaben sie sich in bedrohliche Situationen. Nicht wenige werden dabei ihr Leben gelassen haben, unter ihre Vergangenheit einen Schlussstrich zu ziehen, damit sie auf Erden und im Himmel mit neuen Vorzeichen beginnen konnten.
Aber welche Möglichkeiten gab es für Menschen aus dem Volk, die mehr erleben wollten als das Auf und Ab der Jahreszeiten im eigenen Sprengel zwischen Geburt und Tod? Was konnten sie tun, die Abenteurer der vergangenen Jahrhunderte? Die regelmäßig im Frühling die Sehnsucht verspürten, auf die Reise zu gehen, um von der bunten Welt etwas zu sehen? Über viele Jahrhunderte gaben Krieg und/oder Religion den ewig Sehnenden und Unruhigen die Erlaubnis für große Abenteuer. Sie traten eine Pilgerreise an oder pilgerten an Büßers statt. Reiche Leute, die wichtig und unabkömmlich waren, konnten es sich leisten, büßen zu lassen, um ihren Geschäften weiter nachzugehen, mit denen sie das Geld verdienten für ihren Pilger.
In Momenten mit solchen Gedanken fühle ich mich verbunden, ohne zu wissen, mit wem. Mir ist, als sei ich in einen Fluss eingetaucht, der mich voranträgt, und neben, vor und hinter mir sind Menschen aus vielen Jahrhunderten. Ihre Gefühle gehen auf mich über, und ich lasse andere teilhaben an meinen Empfindungen. Ich bin nicht die Erste, die Seelenballast ab werfen will. Auch wenn ich es nicht Sünde, sondern Abhängigkeit nenne.
Die Zeit wird aufgehoben. Es gibt kein Gestern oder Morgen, nur den Camino. Und da sind alle mit mir vereint, die, wann auch immer, diesen Weg gegangen sind oder gehen werden. In solchen Momenten ist es gleichgültig, aus welchen Motiven jemand geht. Was zählt, sind die Mühen des Weges und der Wunsch, dem eigenen Ich zu begegnen.
Heute kommen die Pilger aus ganz Europa, Nord- und Südamerika, Neuseeland und Australien. Sie gehen zu Fuß, sie nehmen das Fahrrad, das Auto, den Bus, sie fahren im Rollstuhl. Sie starten allein oder in Gruppen. Manche tragen zwanzig Kilo auf dem Rücken, andere fast gar nichts, wieder andere lassen ihr Gepäck per Bus, Taxi oder Muli transportieren. Wenige habe viele Monate Zeit und starten zu Hause in Amsterdam, Genf, Warschau oder wo auch immer. Viele bewegen sich in Etappen von ein oder zwei Wochen, jedes Jahr wieder ein Stück weiter. Für einige ist es ein Lebenstraum mit langer Vorbereitung, für die wenigsten eine schnelle Entscheidung aus dem Bauch heraus. Viele starten einmal, andere kommen mehrmals an.
Manche tragen das Kreuz auf der Zunge, viele im Herzen. Einige sprechen nicht darüber, was und an wen sie glauben, aus anderen spricht ein Buddha. Für die einen ist es Pilgerschaft, für die anderen Wanderung mit Leistungsaspekt. Es gibt die, die es für ihr Seelenheil tun, genau wie jene, die es für ihren Körper tun. Sie überwinden Hunderte von Kilometern, manche tausend und mehr, andere fast nichts, und alle können sie die begehrte oder verschmähte Compostela, die Pilgerurkunde in Santiago, bekommen. Sie übernachten in den Schlafsälen der Refugios in quietschenden Betten im Chor der Schnarcher, genießen die Gemeinschaft, das Ursprüngliche und sind sparsam mit ihrem Geld. Sie wählen Herbergen und rollen abends ihre Schlafsäcke aus oder schlafen in Hotels, um mehr Abstand und Komfort zu genießen. Jeder ist auf dem Weg auf seine eigene Art und Weise.
Der Spiegel
Mit der besten Freundin eine so lebendige Stadt wie Logroño zu erkunden, ist Genuss pur. Reiseführer wissen über diese Stadt kulturell nicht viel zu berichten. Das mag sein. Wer aber gern in das Leben eines fremden Landes eintaucht, für den ist die Stadt prickelnd wie ein Whirlpool. Es gibt schöne Geschäfte, Kosmetik-Tempel, Kaufhäuser und schmale Gassen mit vielen Blumen vor den Fenstern, Restaurants im ersten Stock mit Blick auf das turbulente Wochenendgeschehen.
Es lohnt sich, in größeren Städten Refugios zu meiden und im Hotel zu schlafen, ohne asketische
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