Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Weihnachtspullover

Der Weihnachtspullover

Titel: Der Weihnachtspullover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Beck
Vom Netzwerk:
eigentlich verdiente.
    Ich zog in Erwägung, ihm zu erzählen, was am Morgen geschehen war, dass mein Geschenk ein Pullover anstelle des Fahrrads gewesen war, das ich eigentlich verdient hatte. Wenn jemand meine Enttäuschung verstehen würde, dann war es Großvater. Und wenn es gut lief, dann würde ich mich vielleicht bei meiner Mutter für mein Verhalten entschuldigen. Durch ihr Schweigen auf der Hinfahrt war mir die Strecke sehr viel länger vorgekommen als anderthalbStunden, und der Gedanke daran, das Ganze auf der Rückfahrt noch einmal erleben zu müssen, war mir beinahe unerträglich.
    Ich wollte Großvater gerade die Geschichte erzählen, als mein Blick auf den Christbaum fiel. Es sah mir gar nicht ähnlich, ihm keine Beachtung zu schenken und eine gründliche Untersuchung zu vernachlässigen. Es lagen nur wenige Geschenke darunter.
    Großvater erwischte mich dabei, wie ich hinüberschaute. »Du weißt doch, dass Grandma sie nie dort hinlegt.«
    Ich war in Gedanken versunken und hatte gar nicht richtig mitbekommen, was Großvater gesagt hatte. »Was?«
    »Grandma glaubt, dass wir beide uns heimlich die Geschenke ansehen, deshalb legt sie die Päckchen nicht mehr unter den Baum. Sie versteckt sie.«
    »Warum sollte sie so etwas glauben?« Unwillkürlich breitete sich ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht aus. Ich war nicht so geübt wie Großvater, wenn es ums Lügen ging.
    »Keine Ahnung.« Großvaters Gesicht gab nichts preis. »Aber eins weiß ich: Wenn die Piraten ihre Schätze auf die gleiche Weise versteckt hätten, wie Grandma ihre Geschenke versteckt, dann wären sie alle bankrott gegangen. Ich bekomme übrigens Socken und einen neuen Werkzeuggürtel.«
    Keine Ahnung, warum ich überrascht war, aber ich war es. »Und was ist mit mir? Was bekomme ich?«
    »Oh, keine Ahnung, Eddie. Ich weiß wohl, dass du mit einem neuen Pyjama rechnen kannst, aber den hat sie noch nicht einmal eingepackt. Ich glaube, sie wird ihn einfach in deine Kommode legen.« Großvater schaute zur Seite. »Aber ansonsten konnte ich keine Geschenke für dich finden. Würdest du mir wohl dabei helfen, mehr Kaminholz hereinzuholen?«
    »Klar, kein Problem.« Es war wirklich schwer, meinem Großvater irgendetwas abzuschlagen, und ganz unmöglich, es gleich zweimal hintereinander zu tun.
    Wir stapften durch Reste von schmutzigem Schnee zu einem Stapel aus Kaminholz hinüber. Ich erwischte mich dabei, dass ich Gefallen an den Versuchen fand, meine Fußspuren in denen meines Großvaters zu verstecken. Das war auch nicht schwer, denn seine Füße schienen ungefähr dreimal so groß zu sein wie meine.
    »Grandpa«, flüsterte ich, »was hast du damit gemeint, dass du meine Geschenke nicht finden konntest?«
    Großvater ignorierte meine Frage, während er Holzscheite in meine ausgestreckten Arme häufte und dafür sorgte, dass er einen mehr hinzufügte, als ich bequem tragen konnte. Er selbst klemmte sich einen einzigen Scheit unter den Arm, stopfte die Hände in seine Jackentaschen und folgte mir zurück zum Haus.
    »Da seid ihr ja«, sagte Großmutter, als sie Großvater und mir die Tür öffnete. »Wir dachten schon, ihr hättet euch verlaufen.«
    Großmutter wusste besser als jeder andere, dass sich Großvater niemals verlief. Er war zwar für gewöhnlich nicht dort, wo ihn jeder vermutete, aber Großvater wusste immer, wo er gerade war und – viel wichtiger – aus welchem Grund er dort war.
    Großvater zwinkerte mir zu. »Was soll denn das bitte schön heißen, mein Schatz? Eddie und ich waren nur etwas Holz holen.«
    »Ich dachte wirklich schon, ihr wäret in die Stadt verschwunden, ohne uns Bescheid zu sagen«, erwiderte sie lächelnd.
    Jedes Mal, wenn ich zu Besuch war, suchte Großvater nach einer Ausrede, um mit mir in die Stadt zu fahren. Er konnte die einfachste Besorgung in ein Abenteuer verwandeln, indem er sich in der Grauzone zwischen buchstabengetreuer und sinnhafter Auslegung von Großmutters Regeln bewegte. Vor ein paar Jahren bat Großmutter ihn im Sommer einmal, zur Haushaltswarenhandlung zu fahren, um ihr ein paar neue Staubsaugerbeutel zu besorgen, und ich begleitete ihn dabei. Doch anstatt zu dem Laden zu fahren, der ungefähr zehn Minuten entfernt lag, fuhr Großvater die ganze Strecke bis auf die entgegengesetzte Seite der Stadt zu der anderen Haushaltswarenhandlung.
    Es dauerte nicht lange, bis ich begriff, warum er dies tat: Dieser spezielle Laden hatte zufällig im hinteren Teil eine Theke, an der Softeis

Weitere Kostenlose Bücher